- Kapitel 23: Makellos -

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Nachdem sie das Sandwich innerhalb weniger Minuten verschlungen und das Wasser in einem Zug geleert hatte, war Asavi ein bisschen übel. Juraj lachte, versicherte ihr aber, dass das Abendessen leichter verdaulich sein würde.

Nun führte er sie durch die weiß getünchten Korridore zum Lift, mit dem sie gestern in den Bauch des Berges gefahren waren, und brachte sie durch eine belebte Kantine mitten in den Stützpunkt der Varai.

Asavi hatte sich immer gewundert, wie sämtliche Nationen und militärische Führer gescheitert waren, eine Zivilisation aufrecht zu erhalten und gerade eine Randgruppe an Menschen das Privileg ergattern konnte, Technologie und Waffengewalt zu etwas derart moderndem zu formen. Dennoch marschierte sie neben Juraj durch hell beleuchtete Gänge, begegnete unzähligen, lachenden Menschen, die sauber und gut genährt wirkten und mit strahlenden Zähnen um die Wette grinsten.

Hier ging es allen gut und Asavi spürte einen seltsamen Kloß im Hals, dessen Ursprung ihr unbekannt war. Es ging den Leuten hier gut. Alles war gut. Trotzdem konnte sie das beunruhigende Gefühl nicht abschütteln, das sie beschlich.

Sie nahm die Varai unter die Lupe und stellte fest, dass zwar nicht jeder in marineblaue Uniformen gewandt war, doch jeder Mann mindestens eine Schusswaffe offen am Leib trug. Juraj besaß sogar zwei richtig schicke Pistolen und unter seiner Pilotenuniform, die er bis zum Bauchnabel aufgezippt hatte, erkannte Asavi sogar eine adrett anmutende Schutzweste samt offen stehenden Hemdkragen darunter. Selbst seine Schlüsselbeine waren attraktiv und Asavi kniff die Augen zu Schlitzen. Was war nur los mit ihr?

Juraj führte sie einmal durch die gesamte Ebene, machte sie mit der Mensa und den Trainingsräumen vertraut und erklärte ihr, dass die meisten Varai in kleinen Bunkerräumen entlang der Felswand lebten. Es gab insgesamt dreiundzwanzig Stockwerke, die den Fuß des Berges mit seiner abgeflachten Spitze verbanden. Während sich in den oberen Stockwerken das Waffenarsenal und die Forschungseinrichtungen befanden, waren die Wohnräumlichkeiten in der Mitte des Berges angelegt. In den unteren Stockwerken gab es einen versteckten Ausgang für Bodenfahrzeuge jeglicher Art.

Auf Asavis Frage nach dem warmen Essen hob Juraj nur die Schultern. Sie bauten das meiste in den flachen, sonnigen Tälern in der Umgebung an und hielten ebenso Kuh- und Schafherden an deren Hängen. Für Exotischeres musste man aber immer wieder in die umliegenden Städte fliegen und plündern, was zu plündern war. Juraj erklärte ihr auch, dass sich ein ganzes Team an Lebensmitteltechnologen um alternative Ernährungswege bemühte und andere wichtige Rohstoffe wie Gas oder Munition in Chemielaboren herstellten.

Doch woher die Varai das Equipment für solche Forschungen erhalten hatten, wollte Juraj nicht so wirklich preisgeben.

»Es gibt einen Grund, warum wir hier praktisch alle zu Piloten ausgebildet werden. Für solche Dinge fliegt man weit. Und lange.«

Asavi nickte. »Und was sind das für Genforschungen, die Izabela betreibt?«

Juraj, der sie soeben den breiten Gang auf Ebene dreizehn zurück zur Mensa bringen wollte, blieb zögerlich stehen. Er wandte sich zu ihr um und musterte Asavi rasch von oben bis unten. »Genforschung?«

Asavi verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte, sich nicht von seinem stahlblauen Blick einschüchtern zu lassen. »Ja. Izabela hat mir immerhin einige äh ... bedeutsame Tabellen über meine Gene zugeschickt. Sie wollte ...«, Asavi ließ das Satzende offen, als sich Jurajs Augenbrauen bedenklich annäherten.

»Izabela tut alles Menschenmögliche, um das Leben in dieser Welt zusammenzuhalten. Sie hat viel aufgeopfert, um uns zu schützen. Das hat nichts mit Genforschung zu tun.«

Asavi kniff ihre Augen zusammen und musterte Juraj ein weiteres Mal von oben bis unten. Sie musste wirklich aufhören damit.

»Naja«, fing sie daher leicht verschnupft an und hob ihrerseits die Schultern, ehe sie mit der flachen Hand auf Jurajs Erscheinung deutete. »Irgendwas muss sie euch doch ins Essen mischen, oder wie sonst willst du mir erklären, dass du komplett makellos bist?«

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt