-Kapitel 8: Die Unschuld stirbt als Erstes -

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Asavi wollte es sich nicht eingestehen, denn alleine den Gedanken zu hegen war unbeschreiblich absurd, aber in ihrer waschechten Zelle samt Schloss hatte sie so gut geschlafen wie die letzten zwei Jahre nicht mehr. Zwar half der Schönheitsschlaf nicht gegen den Hunger und den Durst, aber sie wollte verdammt sein, wenn sich nicht wenigstens ihre Augenringe etwas lichteten.

Sie rappelte sich auf und fragte sich, wie lange Joska noch wegblieb. Wie lange Zar schon alleine durch die Ebene streifte, vermutlich wieder auf der Suche nach einem Engel. Ob er sie vermisste.

Asavi seufzte und fing an, die Schnur ihres Leinenhemdes aus dem Kragen zu ziehen. Sie knotete beide Enden zusammen und setzte sich im Schneidersitz aufs Feldbett. Sie erinnerte sich noch gut an die Pausen im Hof ihrer Volksschule, als sie mit ihren Klassenkameradinnen das Hexenspiel gespielt hatte. Sie kannte nicht viele Einzelfiguren, doch die wenigen, an die sie sich erinnerte, reichten, um sich vom schmerzenden Magen abzulenken.

Sie war so in ihr blindes Fadenspiel versunken, dass sie gar nicht merkte, wie jemand den Schlüssel im Schloss drehte. Doch als sich die Türe öffnete, erstarrte sie in der Bewegung und hob den Kopf.

»Was machst du da?«, grüßte Csaba und blickte skeptisch auf ihre Hände. Das frühe Morgenlicht des Korridors fiel über seine Schulter und erhellte den kleinen Raum gerade gut genug, dass Asavi seine Gesichtszüge erkannte. Sie kniff die Augen zusammen und warf den Kopf zur Seite, damit ihr die Haare nicht die Sicht nahmen.

Sie hob die Hände. »Hexenspiel. Zu zweit ist es lustiger, willst du mitmachen?«

Csaba starrte sie einige Augenblicke reglos an, dann öffnete er die Türe zur Gänze und trat ein.

»Ich habe eine Aufgabe für dich«, wischte er ihre Frage einfach beiseite und deutete ihr, sich zu erheben.

»Darf ich mich heute vor der ganzen Mannschaft duschen?«, wollte sie wissen, konnte aber nicht leugnen, dass ihr beinahe alles lieber war, als sich weiter selbst zu beschäftigen.

»Nur, wenn du darauf bestehst«, antwortete Csaba und runzelte die Stirn. »Ich kann gerne fragen, obs ihnen Recht ist.«

»Was hast du nur gegen Sarkasmus?«, fragte sie mürrisch und versuchte, ihre Finger aus der mittlerweile verhedderten Schnur zu ziehen. »Oder Spaß im Generellen.«

»Ich bin gerne unkompliziert und direkt.«

Asavi schnaubte durch die Nase und zog am Band, das sich dadurch nur fester um ihre Finger wickelte. »Ist mir aufgefallen. Was darf ich denn für ein Kunststück vorführen?«

Csaba bedachte sie mit einem ausdruckslosen Blick, der in sich Bände sprach. »Waffen polieren.«

Asavi hielt inne und sah ihn direkt an. Sie biss sich auf die Lippen, in dem Versuch nicht zu sagen, was ihr auf der Zunge lag. Csaba entging das nicht und er rollte mit den Augen. »Ich bin gerne direkt. Wenn ich diese Aussage anders gemeint hätte, hätte ich es auch anders formuliert.«

»Dem Himmel sei Dank«, pries Asavi und ließ ihre Hände mit einem ärgerlichen Seufzen sinken. »Also poliere ich eine bestimmte Waffe, oder sämtliche, die poliert werden wollen?«

Csabas Mundwinkel verzogen sich in einem seltenen Anflug von Belustigung. »Alle, die ich dir gebe.«

»Fantastisch«, sagte sie und zerrte noch einmal an der Schnur zwischen ihren Fingern. »Kannst du mich entwirren? Ich glaube, ich habe mich besser gefesselt, als du es je könntest.«

~

Er brachte sie nach draußen und Asavi kniff ihre Augen gegen das grelle Licht vor den Fenstern zusammen. Csaba führte sie die Treppen hinunter erneut in den Kirchhof, der dieses Mal jedoch nicht verlassen war wie bei ihrer nächtlichen Dusche. Unter den Arkaden stapelten sich unzählige Holz- und Plastikkisten mit aufgesprühter Nummerierung. Die Soldaten gingen hier hitzebedingt leicht bekleidet oder mit komplett nacktem Oberkörper ein und aus und schleppten Kisten voller Putztücher und Waffen herum.

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWhere stories live. Discover now