- Kapitel 5: Die Wahrheit bildet keine Derivate -

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Asavi erwachte vom Geruch bratenden Fleisches und kochenden Kukuruzes. Man hatte ihr den Leinensack vom Kopf gezogen, dafür aber ihre Hände gefesselt. Um sie herum herrschte dennoch Dunkelheit. Sie lag auf der Seite und spürte den harten Boden trotz abgetretenen Teppichs hart gegen ihre Hüfte und Schulter. Wenigstens hatte man ihr die Hände vor dem Körper gefesselt und nicht am Rücken. Sie rappelte sich mühsam auf und legte die Arme in den Schoß.

Der Geruch des Essens drang durch eine Tür, unter deren Spalt schummriges Licht hervordrang und die vagen Umrisse der näheren Umgebung abzeichnete. Gelächter erklang von einem Ort jenseits dieses Raumes und Asavi ließ sich gegen die Wand sinken. Ein heftiges Stechen ziepte ihr durch den Kopf, als sie den Drang, sich zu übergeben, unterdrückte.

»Ich an deiner Stelle wäre ein wenig vorsichtig.«

Die raue, tiefe Stimme erklang in behutsamem Tonfall aus der Ecke gegenüber der Tür und Asavi blinzelte mit heftig pochendem Herz in die Dunkelheit. Es gab in dem Raum keine Fenster, demnach hatte man sie ins Innere eines Gebäudes oder Bunkers geschleppt. Außerdem war es trocken und warm, doch das war aus gegebener Jahreszeit nicht weiter verwunderlich.

Sie wollte etwas erwidern, brachte aber nur ein unverständliches »Nuhh« heraus und ließ ihren Kopf zurück gegen die Steinmauer sinken.

Der Mann schnaubte belustigt. »Damals warst du ein wenig eloquenter.«

Asavi schluckte gegen die Galle an und schloss die Augen, da sich ihr Blickfeld ohnehin so turbulent im Kreis drehte, dass sich ihr Magen gleich wieder zusammen krampfte.

»Hmm?«, brachte sie unbestimmt hervor. Unter das ferne Geräusch der Stimmen mischte sich das nahe Kratzen von Stoff auf Stein und dann der Klang von Stiefelsohlen auf Teppich.

»Ich war ja schon immer der Meinung, die Varai nehmen sich selbst für viel zu voll. Dass sich eine von ihnen einfach so schamlos in unserer Mitte zeigt, grenzt dann aber doch an einen Akt unangebrachten Spotts.«

Asavi schüttelte schwach den Kopf. »Keine Varai

»Bitte?«, fragte der Mann und Asavi erkannte durch die Schlitze ihrer zugekniffenen Augen, wie sich eine Silhouette vor das Licht im Türbogen hockte. »Wiederholst du das?«, fragte er freundlich und immer noch vollkommen ruhig, aber Asavi wimmerte nur durch zusammen gepresste Lippen.

»Achso. Sorry«, sagte er rasch und stand auf. Kurz darauf drückte er ihr einen Kübel aus Plastik in die Arme und Asavi übergab sich würgend. Ihr drehte sich der Magen komplett um, sie spuckte aus und rang röchelnd nach Atem.

»Ach du meine Güte«, murmelte der Mann und klopfte ihr rau auf den Rücken.

Asavi hustete kläglich und protestierte nicht, als er ihr ein Stück Stoff ins Gesicht drückte. Sie wischte sich den Mund damit sauber und spuckte mit einem Krächzen den Rest der Galle in den Kübel. »Bäh.«

»Was soll ich erst sagen«, entgegnete der Mann leicht angewidert. »Geht's?«

Asavi nickte schwach. Der Kübel wurde ihr aus den Armen genommen und durch eine Flasche Wasser ersetzt, die sie mit gierigen Schlucken leer trank.

»He, langsam«, beschwor sie der Mann und nahm ihr die Flasche wieder aus den Händen.

Asavi schnaubte ein Lachen, fühlte sich aber schon viel besser. Sogar ihr Magen knurrte laut und schmerzhaft.

»Erleuchte mich«, sagte der Fremde und kurz darauf ertönte das Rascheln von Einwickelpapier. »Denn wenn Joska erst Mal hier ist, wirds unschön. Das verspreche ich.«

»Du weißt eindeutig wie man jemanden, der am Boden liegt, richtig gut aufbaut«, stöhnte Asavi und griff automatisch nach dem Müsliriegel, den ihr der Mann in die Hände drückte.

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt