- Kapitel 32: Der Mond, der Tod und die Engel -

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Zar ging in seiner Zelle unruhig auf und ab. Er war nicht alleine hier unten, aber bei weitesten der Lebendigste. Beim Hineinkommen in seinen neuen Kerker hatte er mehrere Verliese gesehen, hinter denen in schummriger Dunkelheit hektischer Atem und kratzendes Röcheln zu vernehmen war. Aber keiner sprach, niemand sagte auch nur ein Wort. Selbst das Husten war in verzweifelten Versuchen nicht aufzufallen unterdrückt worden.

Die vier Wachmänner hatten ihn in eine andere Zelle gebracht, als in jene, in der er aufgewacht war. Eine Tatsache, die sich als riesiges Problem herausstellte. Nicht zuletzt wegen des verdächtigen Kieselsteines, der immer noch unter der Matratze steckte. Zar kannte seine Ausrüstung bis zum letzten, losen Faden seines Hemdes. Einen Kieselstein hatte er nie eingesteckt.

Vielleicht, dachte er unruhig bei sich, während er seine rastlosen Kreise in der kleinen Zelle zog, ist er beim Sturz am Hang in die Tasche gerutscht.

Doch das war unwahrscheinlich wie absurd. Weder Erde noch sonstiger Dreck war in seinen Taschen verblieben. Er hegte einen Verdacht und je länger Zar darüber nachdachte, desto nervöser wurde er. Wenn man diesen Kiesel fand und es sich herausstellte, dass sich sein Verdacht bestätigte, dann war er ein toter Mann. Noch töter, als ohnehin schon. Er konnte nur hoffen, dass es kein Peilsender war, den ihm Csaba oder Jazmin zugesteckt hatten, sondern nur irgendeine andere, technische Spielerei. Er hätte gebetet, wenn er denn an einen Gott glaubte, stattdessen starrte er schweigend in die Dunkelheit und zählte die Tage seit dem Verhör. Zwei. Vega ließ sich zeit.

»Lass das Tigern«, rissen ihn grimmig gesprochene Worte aus den Grübeleien und Zar hielt verdutzt inne. Dann: »Danke.«

Zar trat an die Gitterstäbe und blickte in den lichtarmen Korridor hinaus, soweit es seine Situation zuließ. »Hallo?«

»Ist ja abartig, wie wenig Schlaf du brauchst.«

Zar blinzelte in die Schwärze. »Viel zum Nachdenken.«

»Was hast du Izabela angetan, hm?«, fragte der Mann gegenüber seiner Zelle.

Zar hob die Schultern. »Eigentlich habe ich ihr bloß ein wenig unter die Arme gegriffen.«

Der Unbekannte lachte dreckig. »Das schlimmste Vergehen überhaupt.«

Zar lachte ebenfalls. »Und du?« Er kniff die Augen zusammen und schnupperte in der Luft, aber hier gab es wenig, das ihm Aufschluss darüber gab, womit er es zutun hatte. »Hier unten hat man ja fast schon das Gefühl, als läge man im Grab. Warum spricht niemand?«

Der Mann seufzte und kurz darauf erklang das Geräusch von einem Bart, der hoffnungslos gerieben wurde. »Wer Lärm macht, macht auf sich aufmerksam und wer auf sich aufmerksam macht, wird eher verfüttert. Ich war so blauäugig und habe gedacht, als Wissenschaftlerin wäre sie vernunftbegabt.«

Zar lachte erneut, doch verhaltener. »Sind Wissenschaftler nicht immer verrückt?«

Der Mann stieß ein müdes Schnauben aus. »Nein, Junge. Wissenschaftler sind selten verrückt, wenn überhaupt. Aber was sie nebenher noch sind, lässt uns das glauben.«

Zar hob eine Augenbraue und lehnte seine Stirn zwischen die Gitterstäbe.

Der Mann seufzte. »Glaubst du wirklich, dass Wissensdurst und Neugierde Moral besitzen? Wissen ist inhärent neutral. Das, was die Menschheit daraus macht, ist etwas anderes.«

Zars Mundwinkel zuckte. »Und ich nehme an, Izabela hat in dieser Hinsicht keine moralischen Bedenken.«

»Nein«, pflichtete ihm der Mann bei. »Die hat sie allesamt mit Luna-Major in den Wind geschossen.«

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWhere stories live. Discover now