- Kapitel 11: Wo man singt, da lass dich nieder -

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Den gesamten darauffolgenden Tag hockte sie mit Blick zum hellen Lichtstreif und fürchtete sich. Vor Schritten, vor Stimmen, vor allem. Selbst die Äste der Eichen, die gegen die Fenster am Gang schlugen, ließen sie vor Angst vollkommen regungslos verharren. Joskas psychologische Folter hatte von vorne begonnen und Asavi hatte keine Ahnung, wie sie sich dagegen wehren sollte.

Vielleicht sollte sie einfach ihr Glück versuchen und fliehen. In den Rücken geschossen zu werden stellte sie sich angenehmer vor, als mit einem stumpfen Buttermesser die Kehle durchgeschnitten zu bekommen. Oder ihre Zähne einen nach dem anderen zu verlieren und zu verbluten.

Irgendwann erklangen schlurfende Schritte am Gang und Asavi rappelte sich auf. Die Türe wurde nach einem Klopfen geöffnet. Sie hielt die Luft an, als sie eine abgetragene Kappe erblickte und ausgerechnet Ed erkannte, der mit einer Schale in den Händen eintrat.

»Ed?«

»Ja«, sagte er und ließ die Türe offen, damit etwas Licht in die Zelle fiel. »Ich dachte mir, da ja jetzt jeder machen kann, was er will«, er hob die Hand mit der Schale, »bringe ich dir einfach was zu essen. Szloa war nicht aufzufinden, ist irgendwie mit Joska in nen Streit geraten.«

»Lebt sie noch?«

Ed fing an zu lachen und reichte ihr die Schale. »Du weißt doch, keine Gewalt in der Stadt.«

»Keine Gewalt gegen Menschen, ich bin ja nur ein Alien«, presste Asavi hervor, trat aber einen Schritt näher.

»Ay. Tut mir leid, ich habs von Csaba gehört. Ich hab Anastasia gefragt wegen der Koboz.«

»Danke, Ed. Aber ich denke nicht, dass ich irgendwo hingehen sollte«, krächzte sie und ihre zittrigen Finger schlossen sich um die Schale mit irgendeinem gekochten Gemüse. Aber ihr Magen war so aufgewühlt, dass sie gar nicht ans Essen denken konnte.

»Hey, jetzt nur nicht den Kopf hängen lassen.«

Asavi ließ sich mit dem Rücken wieder gegen die Wand fallen. »Wie denn? Joska hat mich praktisch als vogelfrei erklärt. Wenn die Sonne untergeht, dann schwärmt es hier doch nur so von Leuten wie Rero.«

Ed brummte und kratzte sich unter der Kappe. »Ich stech ihn einfach, wenn er's versucht. Schließlich darf man dich nicht töten. Ich denke, was Joska eigentlich meinte, war, dass sie dich naja, vögeln können, ohne Erlaubnis.«

Asavi schnaubte erstickt durch die Nase. »Ich fühl mich gleich viel besser, danke.«

»Du bist vielleicht kein Mensch, aber ich mag dich trotzdem«, erklärte Ed und grinste ihr zu.

»Das ist absurderweise sogar aufbauend«, meinte Asavi, die sich durch seine Gesellschaft tatsächlich ein bisschen besser fühlte.

»Na schau. Die letzte Woche haben die meisten von uns begriffen, dass du nicht gefährlich bist. Spinner wie Rero gibts immer. Aber Anastasia nutzt jede Gelegenheit, zu spielen. Also freu dich. Wenn du willst, können wir heute runter auf den Kirchplatz und machen Musik. Ich hab sogar ein paar alte Lieder ausgegraben. Weißt ja, ich hab hier schon immer gewohnt. Ich hab mein Haus behalten, liegt nicht unweit der Kirche.«

Asavis Herzschlag beruhigte sich, als sie Ed zuhörte. »Gerne. Das klingt schön. Aber was ist mit Joska und Csaba?«

Ed grinste breit. »Hm? Oh, die werden sich bis spät in die Nacht besprechen.«

»Meinst du, Joska bestraft Csaba, dass er die Regel gebrochen hat?«

Ed lupfte seine Kappe und kratzte sich am Hinterkopf. »Nein. Er darf genauso Gewalt ausüben, wie seine Häscher. Csaba, Bence, Zervo und Szloa. Das sind seine Hauptleute.«

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWhere stories live. Discover now