- Kapitel 25: Luna-Major -

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Der erste Gedanke, der Asavi durch den Kopf schoss, war jener, dass Joska Recht hatte. Der zweite war, dass Izabela wirklich vollkommen irre war. Und der dritte, dass keine Sicherheit der Welt ausreichte, um sie vor dem gigantischen Monstrum aus leuchtendem Stein zu schützen, welches vor ihnen in der endlosen Weite einer unterirdischen Höhle ruhte.

»Luna-Major ist das Bindeglied zwischen der Ersten und der Neuen Wahrheit und der einzige, der den Varai helfen kann«, erklärte Izabela vollkommen unbeeindruckt in Anbetracht des verstörenden Giganten, den sie unter dem Berg versteckte.

»Aber ... wie?«, hauchte Asavi fassungslos und das erste Mal blickte Izabela zu ihr zurück. Sie legte ihr eine Hand auf die Schulter und zog sie zu sich heran. Als sie Asavi dabei in eine halbe Umarmung zwang, dachte sie nicht einmal daran, sich von ihrer Mutter wegzudrücken.

»Wir empfingen ein Signal, als Luna-Major fiel. Wir sind nicht die einzige Gruppe Varai, die überlebt haben. Es würde dich überraschen, wie viele Kommunikationskanäle noch über die Satelliten offen sind. Natürlich«, lächelte Izabela gutmütig, »müssen wir die Engel von unserem Versteck fortlocken. Starke, elektromagnetische Wellen und die Untergebenen Luna-Majors hindern sie daran, zu uns vorzudringen. Wir sind das Zentrum des Widerstandes. Der Erste Stern, Asavi. Unsere Aufgabe ist es, die Welt zu heilen. Luna-Major leitete unsere Forschungen auf den Weg der Erkenntnis. Er hat uns gezeigt, was wir tun müssen, um zurück ins Licht zu finden. Ist es dir nie aufgefallen, dass der Nachthimmel in diffuse Dunkelheit gehüllt ist? Keine Sterne und kein Mond, die das Himmelszelt erhellen?«

Asavi schluckte und musste sich regelrecht daran hindern, ihre Beine in die Hand zu nehmen. Izabela, die ihre Anspannung spürte, drückte ihre Schulter in einer beruhigenden Geste.

»Er ist ... der Mond?« Asavis Stimme war dünn und leise.

Izabela schmunzelte. »Nein, Schatz. Luna-Major ist nur der Körper, das Herz. Luna-Minor die Seele. Sie wartet verlassen und orientierungslos auf ihren Körper. Sie beide sind Konzepte, die sich unserem einfachen, menschlichen Verstand entziehen. Der Mond, wie unsere Astronomie ihn kennt, ist nicht mit Luna-Major zu vergleichen. Noch sind die Engel, wie sie hier auf Erden wandeln, mit den kosmischen Sonnen zu verwechseln, die unsere Sterne waren.«

Asavi drehte sich der Kopf. Letzte Woche hatte sie sich noch darüber gewundert, dass diverses Wurzelgemüse gleichzeitig gedieh, und heute wollte man ihr weismachen, dass der Mond ein gottverdammter Engel war, der entzweigebrochene Herr über dieselben Bestien, welche die Menschheit jagten wie ein Fuchs im Hühnerstall.

»Die Engel sind nichts weiter, als verirrte Schafe«, erklärte Izabela sanft und senkte das Kinn, als sich der gigantische Kopf Luna-Majors langsam in ihre Richtung drehte. »Das Erste, was wir akzeptieren mussten, war die Tatsache, dass es Dinge gibt, die wir nicht verstehen können, ganz gleich, wie sehr wir es uns wünschen. Die Engel, wie wir sie kennen, haben angefangen zu existieren, als ihr Hirte sich dazu entschloss, sie zu verstoßen. Er radierte die feine Membran zwischen zwei Welten aus und versenkte somit zwei Konzepte ineinander, deren Kollision Folgen mit sich zog, die wir nicht erklären können.«

Die Augen Luna-Majors ruhten nun unumstößlich auf ihr und versengten ihren Geist. Asavi schüttelte den Kopf. »Ich hab keine Ahnung, was du versuchst, mir zu sagen«, krächzte sie und sämtliche Muskeln verkrampften sich in ihrem Körper.

Ich erinnere mich an dich.

Asavi zuckte zusammen, als sich eine Stimme in ihren Geist drängte, wie kaltes Eis. Izabela drückte ihre Schulter erneut.

»Zeige deinen Respekt, verneige dich.«

Asavi ließ sich das nicht zwei Mal sagen und senkte ihren Kopf.

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWhere stories live. Discover now