{ 4. Kapitel }

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„Herein!"

Ich atmete tief durch und suchte den Blick von meinen beiden besten Freunden. Lilya schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln und Aryan legte mir kurz die Hand auf die Schulter. In seinen Augen funkelte es entschlossen.

Gestärkt durch die Reaktion der beiden nickte ich. Dann betraten wir den Raum, in dem sich meine Zukunft entscheiden würde.

Mein Blick glitt sofort zu der Empore, auf der zwei hohe Mitglieder des Ausschusses versammelt waren. Ihre Namen kannte ich nicht, aber sicher hatten sie sie uns irgendwann einmal mitgeteilt. Ich war bloß keine, die sich solche vermeintlich unwichtigen Informationen merken würde. Tja, hätte ich mal besser aufgepasst.

Unruhig trat ich von einem Fuß auf den nächsten, während ich die Anwesenheit Lilyas und Aryans direkt hinter mir spürte. Mein Blick konzentrierte sich auf einen Punkt an der Wand hinter den beiden ranghohen Frauen, ich konnte keiner so recht ins Gesicht blicken.

Schließlich räusperte ich mich, ich war noch nie ein Fan von Stille gewesen.

„Sehr geehrter Ausschuss, ich bin hier um Sie darum zu bitten, meinen Verweis rückgängig zu machen." Grimmig blickte ich nun die Rechte der beiden Frauen an, die mir nach einer kurzen Pause antwortete.

„Miss Summers. Irgendwie wundert mich nicht, dass sie die Verweisung von der Akademie nicht ohne Protest hinnehmen wollen." Kurz huschte so etwas wie der Anflug eines hämischen Lächelns über ihr Gesicht. „Aber ich bezweifle, dass Sie mit einer Bitte weit kommen werden. Sie wissen, weshalb sie von der Akademie verwiesen wurden. Sie haben in der Vergangenheit genügend Warnungen erhalten und sie augenscheinlich alle ignoriert. In dieser Einrichtung ist kein Platz mehr für derartigen unvernünftigen Ungehorsam."

Ich setzte zu einer Antwort an, stockte dann aber. Auf einmal schienen alle Argumente, die wir uns vorher zurechtgelegt hatten, wie weggefegt. Nervosität stieg in mir auf. Wenn ich dies vermasselte, dann war mein Leben vorbei! Ich meine, mein Leben! Ich öffnete und schloss den Mund, warf einen Blick zu der einen Neyin, dann zu der neben ihr. Die rechte Neye legte den Kopf schief und musterte mich, um ihre Lippen spielte nun ein eindeutig zu erkennendes, triumphierendes Lächeln.

Auf einmal spürte ich, wie sich etwas an meiner linken Schulter bewegte. Lilya trat einen Schritt vor, sodass sie neben mir stand und wandte das Wort an die beiden Mitglieder des Ausschusses.

„Sehr geehrte Professorin Aedaira." Ich verkniff mir einen überraschten Seitenblick. Offenbar hatte sie sich die Namen ein wenig besser gemerkt als meine Wenigkeit. „Serena ist nicht unbedingt ein Vorbild für jede junge Schülerin." Fassungslos wandte ich mich zu Lilya um. Mich in die Pfanne zu hauen war kein Teil unseres Planes gewesen, aber andererseits waren alle anderen Argumente, die wir uns überlegt hatten, nach der Ansage, die wir bekommen hatten, irgendwie ungeeignet. „Sicher, sie hat schon jede Menge falsch gemacht und auch gegen viele Regeln verstoßen. Aber sie ist eine unglaubliche mutige junge Neyin und könnte mit ihrer Entschlossenheit und ihrem manchmal riskanten Ideenreichtum sicherlich eine Bereicherung für die Wächter werden."

Lilyas Wangen hatten sich rot gefärbt, ein deutliches Zeichen für ihre Aufgeregtheit und Nervosität. Warme Gefühle für meine beste Freundin überschwemmten mich. Ich bewunderte sie für ihren Mut, vor diesen zwei respektverströmenden Frauen Partei für mich zu ergreifen.

Hoffnungsvoll sah ich Professorin Aedaira und die Frau neben ihr an. Lilyas Worte hatten sie bestimmt zum Nachdenken angeregt, möglicherweise blieben mir so noch ein paar Tage mehr Zeit. Vielleicht sogar – ein Lachen unterbrach meine Gedanken. Die Linke der beiden schien sich offenbar köstlich zu amüsieren. „Die Wächter zeichnet definitiv kein Ungehorsam oder törichter Wagemut aus. Und dies sind zwei Eigenschaften die bei Miss Summers leider überwiegen. An dieser Akademie ist kein Platz für diese beiden Attribute. Sie ist eine Schande für unser Volk."

Nymphenkuss Where stories live. Discover now