{ 12. Kapitel }

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Nachdem wir Ayala eine Weile lang gefeiert hatten - immerhin hatte sie es den Jungs mal so richtig gezeigt - war unsere Schwimmstunde auch schon zu Ende. Sie läutete auch das Ende meines ganzen Schultages ein. Die Schwimmstunde zählte immer als zwei Schulstunden, deshalb war es für mich ein angenehmer, kurzer Tag gewesen.

Während ich mich neben den anderen Neyinnen in die Umkleide begab, spürte ich die Anspannung in mir empor kriechen wie ein fieses Insekt. Ich hoffte wirklich, dass das Gespräch zwischen Aryan und mir gut verlaufen würde und mir zumindest ein wenig Aufschluss darüber geben konnte, was denn nun genau zwischen uns war. Normalerweise erwählte sich ein Neye seine Sýntrofa nur, wenn er sie wirklich liebte. Und dies geschah oftmals eben noch nicht allzu früh, denn es war nicht selten, dass er zuvor noch andere Neyinnen schwängerte. Die Kinder, deren Eltern nicht den Bund der Gefährten eingegangen waren, wurden mit drei Jahren in die Hände der Akademien gegeben und jeglicher Kontakt zwischen der Familie war ab diesem Zeitpunkt an untersagt, um Ablenkung auf beiden Seiten zu vermeiden.

Wenn der Neye sich jedoch für eine Gefährtin entschied, war sie die Einzige, mit der er ab diesem Zeitpunkt sein Leben verbringen würde, auch der Nachwuchs wurde gemeinsam aufgezogen und in keine Schule gegeben. Die Sýntrofa wurde ab dann - wenn sie es sich wünschte - meistens von ihren Pflichten entbunden und kümmerte sich um das Wohl ihres Gefährten und ihrer Kinder. Die Neyinnen, die kein Neye erwählt hatte, wurden dann zumeist in die Welt hinausgeschickt, um dabei zu helfen, unser Volk zu bewahren. Sie nannte man dann die Wächterinnen. Meiner Mutter war es übrigens so ergangen. Mein Vater hatte sie nicht als Sýntrofa erwählt - stattdessen war sie in den Kampf gegen die Menschen hinausgeschickt worden.

Irgendwie hasste ich ihn dafür. Ich wusste nicht einmal, wer er war und ich wusste auch, dass meine Mutter überhaupt Glück gehabt hatte, ein Kind zur Welt bringen zu dürfen, aber wenn ich mich an ihre sanften Hände erinnerte und an ihre schönen, grünen Augen...dann mochte ich mir nicht vorstellen, wie sie an einem fremden Ort um ihr Leben rang.

Dryaden wie sie wurden beispielsweise in den Urwald geschickt, wo sie ihre Pflanzenmagie einsetzten, um die Menschen von der weiteren Zerstörung der Baumriesen abzuhalten, Oreaden erklommen oft die Gipfel der höchsten Berge, um beispielsweise einen Ausbau von Skipisten zu verhindern, die die Natur unter ihnen nachhaltig schädigte, und wir Nereiden schwammen in den Meeren und Seen, um natürlich die Fische und Tiere des Wassers zu schützen und zum Beispiel Ölkatastrophen zu verhindern. Natürlich gab es noch viel mehr Aufgaben, doch in die Städte hinein konnten wir uns nur selten bewegen, da dort schlicht und einfach die Natur fehlte. Wenn ein Wald zu großflächig abgeholzt wurde, ein Berg unter seiner von Menschen verursachten Last regelrecht kollabierte und das Meer zu stark verschmutzt wurde, starben die Wächterinnen in ihrer unmittelbaren Nähe. Sie verloren langsam, aber sicher ihre Magiekräfte und schafften es oft nicht mehr rechtzeitig, sich von ihren Gebieten zu entfernen, um sich selbst zu retten.

Mein Wunsch war es trotzdem, eine der Wächterinnen der tausend Seen zu werden. Ich wollte unser Volk nicht sterben lassen und der Ort, an den ich mir wünschte zu gelangen, wurde nur den besten Wächterinnen unter uns vorbehalten. Das hieß denen, die am besten mit ihrer Magie umgehen konnten und sich auch sonst durch herausragende Leistungen hervortaten.

Nun hatte ich im Grunde genommen zwei Probleme: Erstens meine schulischen Leistungen - im Prinzip abgesehen von meiner Magie und zweitens, dass ich als Sýntrofa erwählt wurde.

Denn wie gesagt, eigentlich kümmerten sich die Gefährtinnen der Neyen nicht mehr darum, die Welt zu schützen, sondern um ihren Sýntrofo. Aber dieses Leben konnte ich mir absolut nicht vorstellen, ich brauchte einfach die Gefahr und das Gefühl, etwas wirklich Wichtiges zu tun. Nun, vielleicht sollte ich das nicht unbedingt im heutigen Gespräch mit Aryan ansprechen, aber früher oder später würde ich mit ihm über meine Wünsche reden müssen.

Nymphenkuss Where stories live. Discover now