{ 48. Kapitel }

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Meine Füße wurden von den weichen Wellenkämmen umspielt, die an der Sandzunge des Strandes leckten, nur um sich dann wieder zu ihren Artgenossen zurück zu gesellen. Der Mond warf einen geisterhaften Zwilling auf die verhältnismäßig ruhige Meeresoberfläche. An meine Ohren drang das leise Rauschen der Koniferen, welche die mächtige Akademie in meinem Rücken zu beinahe jeder Seite umrandeten. Stetige, kleine Windstöße hoben den Saum meines seidigen, hellen Kleides, sodass er meine Knie sanft umspielte. Ich atmete tief durch, inhalierte die frische, kühle Meeresluft, die mich Salz schmecken ließ. Mein Körper kribbelte von den Zehenspitzen bis zum Scheitelansatz meiner Haare. Ein unergründliches Gefühl lag in der Luft; ob es Erwartung, Ungewissheit oder Erregung war, konnte ich nicht bestimmen.

Auf einmal strichen kühle Hände von hinten über die stoffbedeckte Haut meiner Taille. Sie ließen die Seide über meine Haut tanzen, hoben sie empor und ließen sie wieder fallen, bis jeder Zentimeter der liebkosten Stellen überempfindlich und beinahe schmerzhaft prickelte. Ich griff mit meinen Fingern nach den Händen dieser unglaublich vertrauten Person, deren Duft ihre Identität verraten hatte, bevor ich mich hatte umdrehen können. Ich führte die wohl bekannten Hände zurück zu meiner Taille und legte sie fest auf die Stelle, wollte, dass sie in meine Haut griffen und mich von diesem unerträglichen Kribbeln durch eine geübte und raue Bewegung erlösten. Doch die Hände taten nicht, was ich mir von ihnen wünschte.

Mit einem Ruck drehte ich mich inmitten des Griffs um und blickte beschwörend in die quecksilberfarbenden Augen meinen Sýntrofos. „Bitte...", wisperte ich und wiederholte das, was ich mir von ihm wünschte. Doch Aryan schenkte mir nur einen vorwitzigen Blick aus den Augen, deren Anblick ich so lange vermisst hatte, und zupfte wieder nur spielerisch an meinem Kleid. Zu jeder anderen Zeit des Jahres wäre ich vermutlich in der Lage gewesen, seine zarten Berührungen zu genießen, die mich auf das einstimmen wollten, was noch kommen mochte, aber der Mond stand prall und voll am Himmel und ich wollte nur eines: Dass er mein Verlangen stillte. Beinahe gewalttätig anmutend zog ich seinen Kopf zu mir und presste meine Lippen auf die seinen. Hungrig versuchte ich, seinen Mund zu öffnen, doch er entfernte sich wenige Millimeter von mir und begann, spielerisch mit den Zähnen an meiner Unterlippe zu zupfen. Ein frustriertes Knurren entwich mir, als ich plötzlich spürte, wie seine Hände endlich von ihrem quälenden Tanz abließen und sich stattdessen an meinen Po legten. Sie gruben sich fest in die weiche Haut, bildeten Falten auf dem seidigen Stoff und kniffen leicht hinein, sodass ich den Kopf in den Nacken legte und sich mir ein Stöhnen entlockte.

Meine Augenlider flatterten genießerisch, als sich schließlich Lippen auf mein Schulterblatt legten und daran knabberten, bevor sie eine heiße Spur zu meinem rechten Ohr zogen. Als sich meine Lider wieder einmal öffneten, drängte sich mir ein Eindruck auf, den ich in meiner von Lust erfüllten Welt nicht so ganz unterbringen konnte. Aryan, der sich frontal vor mir befand, hatte seine Hände vor der Brust verschränkt und fixierte mich aus zusammengekniffenen Augen. In seinem Blick mischte sich Enttäuschung mit Verletztheit und Wut. Verwirrt wich ich einen Schritt zurück und stieß dabei gegen den anderen Körper, der mich immer noch berührte. Mit einem Ruck drehte ich mich um und traf auf goldene Augen mit roten Sprenkeln, die von ausdrucksstarken und dichten Augenbrauen ummantelt wurden. Ein kleiner Schleier hatte sich darüber gelegt, spitze Zähne blitzten aus den Mundwinkeln hervor. Goldige Locken umrahmten das kantige Gesicht und die Narbe an der rechten Schläfe.

Ich stieß ein erschrockenes Keuchen aus und wich zurück, wobei ich gegen Aryan stieß. Als ich meinen Kopf zur Seite neigte, traf mich derselbe Ausdruck in seinen Augen, den ich auch schon zuvor wahrgenommen hatte. Ein Stoß traf mich in den Rücken und führte dazu, dass ich von ihm weg taumelte. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Aryan sich ebenfalls von mir abgewandt hatte und mit gesenktem Kopf feine Spuren im feuchten Sand hinterließ. Als ich ihm folgte, entfernte sich seine Distanz zu mir, obwohl er nach wie vor nur langsam ging. Meine Sicht verzerrte sich immer mehr, bis er schließlich nur noch als undeutlicher Schemen in der Ferne zu erkennen war. Mit einem kleinen Schluchzer drehte ich mich wieder um, nur um Cyrion auf mich zu fliegen zu sehen. In der Nacht glich er einem Schatten und alles, was ich noch von ihm sah, war ein grünes Schimmern in seinem goldenen Blick und schlangengleiche Zähne, die dazu ansetzten, sich in meinen Hals zu bohren.

Nymphenkuss Where stories live. Discover now