-Vertrau mir-

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Als ich den Motorradhelm absetzte, kamen darunter meine durchgeschwitzten Haare zum Vorschein. Warum musste es unter diesem Ding bloß so heiß sein?

"Das sieht eher aus wie ein Studentenwohnheim.", stellte Jace neben mir fest.

"Ist es auch.", bestätigte ich. Den ganzen Weg hatte ich ihm Anweisungen gegeben, wie er fahren sollte. Keine Ahnung warum, aber ich wollte nicht, dass er wusste, wo ich wohnte, also hatte ich mich kurzerhand entschieden meinem Bruder einen Besuch abzustatten.

"Hier wohnt mein Bruder."
"Du hast einen Bruder?", fragte er mir hochgezogenen Augenbrauen.
"Ja, sagte ich doch grade."

"Danke also fürs Mitnehmen!" Ich überreichte ihm den Helm. Für einen Moment schauten wir uns einfach nur stumm in die Augen, bis ich mich wieder fasste und umdrehte.
Was war das denn gewesen?

Ich konnte mir jetzt nicht darüber Sorgen machen. Als ich ins Wohnheim kam, wusste ich gar nicht, was ich tun sollte. Ich kannte die Zimmernummer meines Bruders nicht und so etwas wie eine Auskunft gab es nicht.

Schließlich fragte ich mich einfach durch, bis einem der Studenten der Name meines Bruders bekannt vorkam. "Shawn Livers? Wohnt im dritten Stock, Zimmer 31."

Ich verabschiedete mich von dem netten Kerl und fuhr mit dem Aufzug nach oben. Irgendwie war ich schon ein wenig nervös. Was wenn er ausrastete und mich rauswarf?

Denk an etwas anderes Brooke!, sagte mein Engel. Der Teufel hatte sich irgendwie verpisst.

Zögernd blickte ich mich um, bis ich an die richtige Tür klopfte. Der Typ, der aufmachte, sah so zugekifft aus, dass ich anzweifelte, wie er mich überhaupt sehen konnte. Trotzdem ließ er mich eintreten und ich fand mich plötzlich in der Mitte einer Gruppe von Studenten, die allesamt entweder rauchten oder kifften. Einige hatten auch Bierflaschen in der Hand. Hatte mein Bruder hier ein Heim für Abhängige errichtet oder was?

Shawn kam gerade aus dem Badezimmer und sah mich irritiert an. "Ihr seht sie doch auch oder?", fragte er seine Freunde und sie nickten allesamt ganz langsam.

"Was soll das hier?", zischte ich ihn an. Aber es war sowieso ausgeschlossen, dass einer dieser Kiffer überhaupt checkte, was ich sagte.

"Ich chille mit Freunden.", antwortete Shawn und grinste. Erst da bemerkte ich, dass auch er komplett benebelt war.

"Ich hab dich gesehen.", sagte ich. "Alec hat dir was verkauft! Machst du das öfter? Dich mit Dealern treffen oder ist Alec sogar dein Dealer?"

"Nein. Er war da zum ersten Mal. Eigentlich kaufe ich immer bei anderen.", antwortete er und schwankte, sodass ich Angst hatte er würde umfallen. Mein Bruder lachte nur.

"Was ist bloß aus dir geworden? Seit du die Uni geschmissen hast, bist du ständig bekifft oder besoffen. Warum tust du das, statt dein Leben wieder in Ordnung zu bringen?" Zum zweiten Mal an diesem Tag war ich den Tränen nahe.

"Ich finds echt süß, dass du dir Sorgen machst Schwesterchen, aber das ist meine Sache, mein Leben, also halt dich besser raus!"

"Wenn du denkst, ich lass dich jetzt einfach hängen, täuschst du dich gewaltig!", protestierte ich, um meinen Standpunkt zu vertreten.

"Manchmal wäre es besser, wenn du dich aus den Sachen raushalten würdest Brooklynn." Ich zuckte zusammen. Shawn hatte mich in meinem ganzen Leben nur einmal bei meinem vollständigen Namen genannt, und zwar als ich acht war und er zehn. Damals hatte ich ihm immer die Süßigkeiten aus dem Schlafzimmer geklaut, die er sich dort gebunkert hatte. Das waren noch Zeiten.

"Ich versuche doch nur dir zu helfen, du bist mein Bruder, ich liebe dich. Du würdest dasselbe für mich tun!" Inzwischen beobachten uns die ganzen Kiffer und verfolgten interessiert unsere Konversation.

Dark RaceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt