-Kannst du bleiben?-

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"Wo ist eigentlich deine Schwester?", fragte ich Jace nach einer Weile.

"Auf einem Geburtstag.", sagte er knapp und auf irgendeine Weise schien ihn das Thema zu belasten, denn er ließ sich erschöpft auf die Couch fallen.

"Was ist los?", wollte ich sofort wissen und fühlte mich etwas aufdringlich, als ich neben ihm Platz nahm.

Jace rieb sich die Stirn. "Sie wird nicht bei mir bleiben. Ich bin erst 18. Also hat mir Caine geholfen unsere Mutter ausfindig zu machen." Bei den Worten spannte sich sein Kiefer an.

"Moment. Die Mum, die euch vor 4 Jahren verlassen hat? Die Mum, wegen der euer Vater trinkt und es euch schlecht geht? Ist das überhaupt eine echte Option?", platzte ich entsetzt heraus.

"Ja, ich weiß. Aber eine Wahl haben wir nicht wirklich. Sie wird sich gut um Mona kümmern können. Bei mir wird es ihr schlecht ergehen. Ich habe nicht genug Geld und wenn in ihrer Erziehung etwas falsch läuft, dann..."

Er brach ab und sah bedrückt auf den Boden.

"Meiner Mum geht es wohl sehr gut. Sie hat einen reichen Mann geheiratet und lebt in Jensen Beach, nur 2 Stunden von hier entfernt. Also könnte ich Mona auch oft besuchen."

"Was ist mit ihrem Leben hier? Hast du sie gefragt, ob sie einverstanden ist?"

"Nein. Und du bist da auch still. Morgen wird meine Mum vorbeikommen, während Mona noch weg ist und wir besprechen alles." Bei den Worten presste er die Lippen aufeinander.

"Alles in Ordnung?", fragte ich leise und legte meine Hand auf seine verschränkten.

"Ehrlich gesagt, nicht wirklich. Ich werde Mona verlieren und weiß nicht, ob's ihr da gut gehen wird. Außerdem seh ich morgen meine Mutter. Das erste Mal seit 4 Jahren. Es macht mich irgendwie nervös und trotzdem glücklich, obwohl ich doch sauer auf sie bin."

"Das ist doch normal. Sie ist deine Mum. Wer würde sich nicht freuen?"

"Aber ich weiß nicht, ob sie mich auch vermisst hat. Was wenn es ihr scheiß egal ist?" Jace schaute mich mit seinen großen braunen Augen traurig an und mein Herz tat bei dem Anblick richtig weh.

"Das weißt du doch gar nicht.", fiel mir auf die Schnelle nur ein. "Ich meine, du bist ihr doch nicht egal." Hoffentlich!

Jace drehte sich weg und atmete noch mehrmals tief durch. Die Stille um uns schien mir irgendwie unangenehm. Eigentlich sollte ich gehen, aber ich konnte ihn auch nicht alleine lassen.

"Kannst du bleiben?", fragte er. "Nicht nur über Nacht, sondern auch für das Gespräch? Ich weiß nicht, ob ich das allein-"

"Klar.", fiel ich ihm ins Wort, bevor er zu unsicher wurde. "Ich würde gern bleiben. Aber ich muss noch kurz meiner Mutter schreiben."

Hastig sprang ich auf und schnappte mir mein Handy vom Couchtisch, wo es mich schon die ganze Zeit vorwurfsvoll angeschaut hatte.
Ich hatte bereits ein paar verpasste Anrufe.

"Hallo? Brooke? Wo zum Teufel bist du? Meintest du nicht, du willst nur einkaufen gehen? Du hast immer noch Hausarrest!", schrie meine Mutter.

Verdammt, Hausarrest, das hatte ich ja total versäumt.

Ich spürte Jace Anwesenheit hinter mir und drehte mich um. Er stand schuldbewusst vor mir. Ziemlich nah vor mir.

Dark RaceWhere stories live. Discover now