Kapitel 7 - Erster Tag

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Am nächsten Morgen werde ich von leisen Geräuschen geweckt. Ich machte meine Augen ein kleines bisschen auf, und beobachtete die Situation, die sich hier im Raum abspielte.

Justin war gerade dabei, sich seine Hose, und ein T-Shirt anzuziehen. Wie spät war es eigentlich? Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren.

Ich machte meine Augen ganz auf, und suchte den Raum ab, in der Hoffnung, dass irgendwo an der Wand eine Uhr hänge würde.

Pusteblume.

Justin hatte jetzt auch bemerkt, dass ich wach war. "Guten Morgen"

"Morgen", gähnte ich nur zurück.

"Ähm.. Wie spät ist es eigentlich?", traute ich mich zu fragen. Dabei wollte ich vor ihm doch nicht so schüchtern wirken.

"Es ist jetzt halb 10. Du kannst aber gerne noch weiter schlafen.", sagte er, und lächelte mich dabei warm an.

Okay..ich glaube ich stehe jetzt auch auf. Ich habe genug geschlafen", schmunzelte ich.

Justin nickte nur, immer noch lächelnd.

Warum war er so nett? Ich verstand das nicht. Und diese Frage stellte ich mir jetzt nicht das erste Mal. William war so fies, hatte mich getreten und Justin stand die ganze Zeit daneben, und war plötzlich, wenn sie alleine waren, total nett. Und das, obwohl er das nicht durfte. William hatte es ihn ja verboten.

Ich verstand die Welt einfach nicht mehr. Es ging nicht. War ich hier Mittel zum Zweck, um irgendwas zu schaffen, erfüllen?

Ich wollte mir ehrlich gesagt, keine Gedanken darüber machen, aber ich konnte nicht anders. Echt nicht. Ich wollte doch einfach nur wissen, warum dass alles so war, wie es momentan war.

Zurück im hier und jetzt, ging ich ins Bad um mein Gesicht zu waschen, und um mir mit einer "Gästezahnbürste", wie Justin es genannt hatte, die Zähne zu putzen.

Mir fiel ein, eigentlich brauchte ich Klamotten, und vieles andere. Justin hatte gesagt, dass ich hier vorerst wohnen werde. Dann müsste ich mich hier auch wenigstens ein bisschen einleben.

Ich glaube, ich realisiert gar nicht, dass ich hier heute mein ersten Tag im neuen Leben hatte. Ich hätte gedacht, man hatte dann Angst und man würde nicht wissen, wie es weiterging. Ich meine, ich hatte zu 90% oder so, die Gewissheit, dass ich nie wieder nach Hause kommen würde. Aus welchem Grund auch immer. Justin hatte es so im Auto zu mir gesagt. Ich glaubte das auch erstmal, auch wenn ich wie gesagt, keinen einzigen Grund für meine Entführung wusste.

Ich wusste vieles nicht. Aber mittlerweile war ich zuversichtlich, dass ich es irgendwann erfahren würde.

Ich hatte mich nun fertig gemacht, und ging nach unten. Justin war in der Küche und machte gerade Frühstück. Er war niedlich. Einfach zuckersüß, auch wenn ich ihn wahrscheinlich noch so nennen dürfte.

"Ich wollte dich mal was fragen...Ähm.. Könntest du mir vielleicht Geld geben, damit ich mir in der Stadt neue Sachen und so kaufen kann?"

Er konnte nicht erwarten, dass ich einfach so in Jogginghose und T-Shirt herum vegetierte.

"Klar kannst du dir neue Sachen kaufen", sagt er.

"Aber?"

"Du glaubst nicht ernsthaft, dass du alleine in New York herumrennen darfst, und dann vielleicht die Flucht oder so ergreifst?!"

Stimmt. Eigentlich war es mehr als dumm, zu denken dass ich einfach mal so alleine shoppen gehen kann. Ich hatte echt nicht daran gedacht, dass ich ja nach Hause, also zu meinen Eltern, rennen könnte.

Ich glaube, jeder normale Mensch höre diesen Gedanken gehabt. Ich aber nicht. Da wären wir wieder bei diesem Thema, aber es lies mich einfach nicht locker.

Ich dachte nicht mehr an zu Hause, was viele Gründe haben könnte. Vielleicht, weil meine Eltern sich ja relativ wenig für mich interessierten und ich mich ungeliebt fühlte. Oder es lag daran, dass ich mich bei Justin sicher fühlte, auch wenn ich es vielleicht gar nicht war. Solange mir hier im "neuen Leben" nichts schlimmeres als ich bis jetzt erlebt hatte passierte, mochte ich das hier eigentlich relativ gerne.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich jetzt darüber nachgedacht hatte, aber Justin musterte mich mit einem skeptischen Blick.

"Ähm.. Stimmt... Ähm.. Hast du dann vielleicht heute irgendwann Zeit, und würdest mitkommen oder so?"

Ich musste mir dieses "Ähm" dringend abgewöhnen. Ich musste mich ganz schlimm anhören.

"Klar. Ich muss zwar gleich nochmal weg, aber heute Nachmittag können wir das gerne machen."

Ich nickte lächelnd und wollte mich wieder umdrehen. Als er noch etwas sagte. "Du kannst hierbleiben. Es gibt Frühstück."

Ich nickte nochmal, und setzte mich an Den großen Tisch. Justin setzte sich genau gegenüber von mir und verteilte etwas Rührei auf meinem und seinem Teller. "Danke"

"Kein Problem. Ich bin dann so gegen 15:00 Uhr wieder da, und dann können wir losgehen."

"Okay"

Ich fragte mich, ob es jetzt immer so sein würde, dass eine Begleitperson mitkommen musste. Wen ich wenigstens diesen einen verschissenen Grund kenne würde, weshalb es so ist...aber nein. Und jetzt fing ich auch an zu fluchen.

Justin muss mein nachdenkliches Gesicht gesehen haben." Es tut mir Leid Evelyn. Eigentlich gehöre ich auch zu diesen eiskalten Typen, aber du hast keine Ahnung, weshalb du hier bist. Deshalb kann ich dir nichts antun. Eigentlich sollte ich das aber. Du solltest auf keinen Fall irgendjemandem erzählen, dass ich dir nichts antue. So bescheuert es auch klingt. Nur ich kann dich beim besten Willen nicht allein lassen. Ich würde Riesen Ärger bekommen."

Erstaunt von seiner Ehrlichkeit nickte ich. Ich glaube ich hatte bis jetzt immer nur genickt, aber ich konnte nichts anderes sagen.

"Aber irgendwann wird die Zeit kommen, in der man die das alles erklären kann."

Ich nickte wieder wie betäubt. Warum konnte man mir nicht einfach die Wahrheit sagen. Es müsste wirklich ein großes Geheimnis sein.

"Okay. Ich muss los. Wir sehen uns gleich."

Damit lies es mich alleine in einer reisegroßen Villa. Ich wollte die Zeit nutzen und mich mal hier umschauen.

Out of ControlWhere stories live. Discover now