Kapitel 30 - Der Wahrheit einen Schritt näher

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Ich wachte unter etwas weichem auf. Ich lag definitiv in einem Bett. Langsam konnte ich mich auch daran erinnern, was passiert war.

William war mein Vater. Ich war seine Tochter.

Schreckhaft setzte ich mich auf. Oh Gott. Warum kam alles so plötzlich? Ich kam damit nicht klar. Ich war ja sogar in den Ohnmacht gefallen. Warum merkte niemand, wie es mir ging?

Es klopfte an der Tür, und eine besorgt aussehende Olivia betrat den Raum. "Gott sei Dank, du bist wieder wach."

Man merkte, dass sie sehr erleichtert war. Was war sie jetzt überhaupt für mich? Meine Stiefmutter?

Eigentlich fand ich sie ja ganz nett, aber der Gedanke, dass sie meine Stiefmutter war, war schon etwas komisch. Allein, dass der Mann, den ich eigentlich für meinen Vater hielt, gar nicht mein Vater war. Das war ziemlich hart. Warum hatte man mir das nie gesagt? Alle meinten immer, ich sähe meinem Vater ähnlich. Was sollte das? Ich verstand nichts mehr.

Aber stattdessen war mein leiblicher Vater ein Typ, der in der Mafia arbeitete, seine Tochter entführte und Menschen gerne mal tötete. Von den anderen Sachen mal abgesehen, aber er hatte sein eigenes Fleisch und Blut getreten, geschlagen und eingesperrt. Wie konnte man bloß so kalt sein? An der Stelle konnte ich verstehen, warum vor allem meine Mutter mir das verschwiegen hatte. Kein Mädchen wünschte sich einen solchen Vater.

"Äh. Wie lange habe ich geschlafen?", fragte ich irritiert, nachdem ich die Gedanken, an die ich zuvor gedacht hatte, im Hinterkopf gelassen hatte.

"1 Stunde, die mir aber vor kam, wie ein ganzes Jahrhundert. Ich dachte schon, du wachst gar nicht mehr auf. Oh Gott."

"Alles gut. Ich bin ja wach.", meinte ich lächelnd. Ich fand es total süß, dass sie sich so um mich kümmerte, während William das wohl total egal war. Ich hatte ihn noch nicht wieder gesehen. Zwar wusste ich jetzt, dass er auch eine nette Seite hatte, aber trotzdem war er mir noch nicht ganz geheuer.

Aber vielleicht wollte er mir nach dem nächsten Schock auch erstmal Ruhe lassen. Er wusste ja von der Sache mit Justin. Von Ryder wusste er zwar nicht, aber ich hatte auch nicht vor, ihm das zu erzählen.

Ryder würde hoffentlich schon bald seine Strafe dafür bekommen. Jetzt hatte er den Tod definitiv verdient.

"Möchtest du etwas essen oder trinken?", fragte Olivia, und zog mich damit aus meinen Gedanken.

"Nein, Danke. Im Moment noch nicht. Vielleicht gleich.", sagte ich leicht lächelnd. Ich fühlte mich ziemlich erschöpft, aber ich wollte nichts essen. Ich wollte irgendwie nur meine Ruhe, aber ich wollte Olivia nicht aus dem Zimmer schmeißen, da es ihr Haus war, oder das von ihr und William. Ich hatte kein Recht dazu, hier irgendetwas zu sagen.

Olivia nickte. "Ich glaube, du möchtest alleine sein, oder?", fragte sie anschließend nett.

Ich nickte schüchtern, da ich nicht wollte, dass sie dachte, dass ich sie nicht mögen würde. Ich mochte sie nämlich eigentlich ziemlich doll. Aber im Moment wollte ich einfach nur in Ruhe über alles nachdenken.

Warum hatte sich mein Leben zu so einem Desaster entwickelt? Was hatte ich falsch gemacht? Oder was hatten meine Eltern falsch gemacht? Ich meine klar, meine Mutter hatte meinen 'Vater', der eigentlich nicht mein Vater ist, mit William betrogen, wobei ich entstanden war. Aber warum musste ich deswegen entführt, gedemütigt und vergewaltigt werden? Das, was Ryder mir angetan hatte, war vielleicht nicht von William oder so geplant worden, aber trotzdem war es passiert, und ich fühlte mich dreckig. Das wird auch noch eine Zeit so bleiben, weswegen ich wohl einen Weg finden sollte, damit klarzukommen.

Olivia verließ das Zimmer und nun war ich alleine. Alleine mit meinen ganzen Gedanken, die in meinem Kopf herumschwirrten. Ich hatte jetzt vielleicht schon einzelne Puzzleteile von dem ganzen Chaos zusammen, aber zusammensetzten konnte ich nicht wirklich etwas. Alles war immer noch ein Rätsel. Überhaupt blieb es mir fraglich, ob ich den ganzen Rest irgendwann erfahren werde.

Irgendwann, als ich es nicht mehr aushielt, ging ich die Treppen hinunter in die Küche. Niemand war zu sehen, weshalb ich einfach den Kühlschrank öffnete, um zu sehen, ob etwas essbares darin zu finden war. Großen Hunger hatte ich immer noch nicht, weswegen ich mir nur einen Joghurt aus dem Kühlschrank holte.

Ich setzte mich an den echt riesigen Tisch, und fing an zu essen. Plötzlich nahm ich Schritte wahr, und bemerkte, dass William den Raum betreten hatte.

"Hallo, Wie geht's dir?", fragte er leicht besorgt.

"Gut.", meinte ich nur. Was sollte ich sonst sagen? Er wusste wahrscheinlich genau, dass das gelogen war, aber er konnte ja auch nichts anderes erwarten.

Ich fragte mich, ob er irgendwelche Vatergefühle für mich hatte. Erst hatte er mich getreten und geschlagen, und jetzt war er besorgt, weil ich in Ohnmacht gefallen war. Das ergab wieder alles keinen Sinn, und es juckte mich in den Fingern, endlich heraus zu bekommen, was es mit dem Ganzen hier auf sich hatte.

"Ich weiß, das kam gestern alles sehr plötzlich. Tut mir Leid. Und es tut mir auch Leid, wie ich dich am Anfang behandelt habe. Und ich weiß auch, dass das nicht zu entschuldigen ist, aber ich möchte dich was fragen. Würdest du einen Neuanfang starten wollen?"

Ich realisierte nicht ganz, was er da gesagt hatte. Er hatte sich ernsthaft entschuldigt, und wollte einen Neuanfang starten. Sollte ich dem zustimmen, oder nicht?

Aber bevor ich mir diese Frage selbst beantworten konnte, ging ich auf meinen Vater zu und umarmte ihn, was sowohl er als auch ich als 'ja' deutete.

Wir redeten noch ein wenig über dies und das, bis er sich verabschiedete und nach oben ging, was ich ihm einige Minuten später gleichtat. Wer hätte es gedacht, dass an diesem Tag doch noch etwas schönes passiert? Aber ich war mir nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war. ich meine, ich kannte ihn ja gar nicht. Aber ich wollte ihn kennenlernen, und das würde ich auch.

In dieser Nacht fand ich endlich mal etwas Schlaf. Ich dachte einfach über nichts nach, und träumte auch von nichts und niemanden. Endlich fand mein Körper mal etwas Ruhe, die ich wirklich verdiente.

Out of ControlWhere stories live. Discover now