Kapitel 40 - Back home

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In dieser Nacht hatte ich kein bisschen geschlafen. Die ganze Zeit hatte ich nur darüber nachgedacht, wie es mit Justin und mir weitergehen sollte. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm schon verziehen hatte, oder nicht. Ich war mir ebenfalls nicht sicher, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Das hatte man ja im Krankenhaus bemerkt.

Nur, dass er mir im Krankenhaus nicht hinterherrennen konnte, wenn ich wegrannte. Wenn er morgen wieder zu Hause wäre, konnte er das schon. Und dann müsste ich reden.

Genau darüber machte ich mir solche Gedanken. Ich musste mein Gehirn irgendwie dazu bringen, jetzt mal eine Entscheidung zu treffen. Mein Herz hatte das ja schon längst. Es hatte ihm schon längst verziehen. Aber mein Gehirn nicht.

Ich hatte mich zehntausend mal hin und her gewälzt. Als wenn mir das irgendeine Antwort auf meine ganzen Fragen verschaffen würde.

Jetzt war es 8 Uhr und ich entschied mich dazu aufzustehen. Ich hielt es nicht mehr länger in meinem Bett aus. Oder eher gesagt dem Bett des Gästezimmers.

Ich ging ins Bad und machte ich fertig. Vor zwei Tagen hatte ich mit William ein paar meiner Klamotten aus Justin's Villa geholt. Ich konnte wohl unmöglich die ganze Zeit in den selben Sachen rumlaufen.

Als ich fertig war, ging ich nach unten auf der Suche nach etwas Essbarem. Eigentlich hatte ich gar keinen Hunger, aber wenn mir langweilig war, war meine beste Beschäftigung halt essen.

Ich ging in die große, moderne Küche. Dort sah ich Olivia, die konzentriert auf ihr Handy schaute. Verdammt, was hatten die alle mit diesem Teil? Ich wollte auch wieder ein Handy. Ich hatte William noch gar nicht danach gefragt, obwohl ich das neulich tun wollte. Das hatte ich vollkommen vergessen.

Jetzt kam auch William in die Küche und wünschte uns einen guten Morgen. Dabei bemerkte Olivia auch mich, was sie bisher nicht getan hatte, weil sie auf ihr Handy fokussiert war.

"Tut mir Leid.", meinte sie entschuldigend "Ich hab dich nicht bemerkt. Ich war mal wieder nur auf mein Handy konzentriert. Ich sollte es mal wegtun."

"Nicht schlimm.", lächelte ich und ließ ihrem schlechten Gewissen keine Chance. 

"Ähm...Ich hab mal eine Frage..", sprach ich an William gerichtet, der mich jetzt fragend anschaute.

"Mein Handy..Und meine gesamte Tasche..Wo sind die Sachen eigentlich?"

"Ich hab sie in den Kofferraum von meinem Auto gelegt. Wenn du willst, kannst du sie haben. Aber vorher muss alles aus deinem Handy gelöscht sein. Also Kontakte und so.."

Ich nickte. Ich hatte sowieso niemanden, der sich für mich interessierte. Meine Eltern juckte es nicht, und Freunde hatte ich auch nicht wirklich. Außer Lily, aber sie war wahrscheinlich immer noch mit Jake zusammen, wegen dem sie sich so verändert hatte. Ich verstehe bis heute nicht, was da war. Aber wie auch? Ich war wie von der Außenwelt abgeschnitten.

Außerdem ging es mir ja hier nicht wirklich schlecht. Mittlerweile machte mir das Ganze sogar ein wenig Spaß. Nicht falsch verstehen. Menschen zu töten ist schlimm, sehr schlimm sogar, und ich würde es nie tun. Aber es machte Spaß, Pläne zu überlegen und ein wenig Action in seinem Leben zu haben. Das, was ich nie hatte.

"Ich kann die Tasche ja grad mal holen.", meinte William und verließ auch schon den Raum.

Olivia und ich unterhielten uns über Justin, den wir jetzt gleich aus dem Krankenhaus abholen würden, als William wieder herein kam. In seiner rechten Hand hatte er meine Tasche, die noch genau so aussah, wie an dem Tag, an dem er mir sie weggenommen hatte. 

Er gab sie mir und ich schaute hinein. Auch alles, was ich darin hatte, befand sich noch dort. Er hatte nichts weggenommen. Ich holte mein Handy heraus, welches ich versuchte anzumachen, wobei ich jedoch kläglich scheiterte. Natürlich war der Akku leer. 

Naja, ich würde gleich gucken, ob sich hier irgendwo ein Kabel befand. Zuerst würden wir ins Krankenhaus fahren. So dringend brauchte ich mein Handy dann doch nicht.

"Können wir los?", fragte William mich und ich nickte. Ich war total nervös. Keine Ahnung wieso, aber es machte mich unruhig, zu wissen, dass Justin jederzeit wieder angeschossen werden konnte, und dass er jederzeit mit mir reden konnte, wenn er es wollte.

Ich verabschiedete mich von Olivia, die immer noch in der Küche stand. Sie hatte glaub ich ein richtig schönes Leben. Soweit ich weiß, musste sie nicht arbeiten, lebte in einer Villa und William verdiente relativ viel Geld. 

Dabei machte Geld nicht gerade glücklich. Wenn man nichts anderes hatte, war man allein, Und Glück konnte man sich auch nicht kaufen. Man brauchte Freunde, Familie, Unterstützung, Glück, Zusammenhalt und und und.. Das waren viele Faktoren. Ich konnte nicht einfach sagen, dass sie, also Olivia ein tolles Leben hatte. Vielleicht hatte sie das gar nicht. 

Auf jeden Fall saßen William und ich wieder in dem Range Rover auf dem Weg zum Krankenhaus. Meine Nervosität stieg mit jedem Meter, den wir fuhren. Nein, mit jedem Millimeter. 

Einige Minuten später sah ich wieder das Gebäude des Krankenhauses, in dem Justin sich noch befand. Gleich würde er hier mit im Auto sitzen. Würde er etwas sagen? Würde er überhaupt mit mir sprechen? Diese, und noch viel mehr Fragen schwirrten in meinem Kopf herum. Ich war froh, dass ich überhaupt noch gerade sitzen konnte, und dass William das nicht auffiel.

William parkte das Auto und wir gingen hinein. Der Geruch von Desinfektionsmittel kroch in meine Nase. Wie ich den Geruch verabscheute. 

Wir gingen zu dem Raum in dem Justin sein musste, um ihm zu sagen, dass wir jetzt da waren. Er saß auf seinem Bett und schaute auf sein Handy. War ja klar. 

Als er uns bemerkte schaue er auf, wobei ich ein kleines, kaum erkennbares Lächeln entdeckte. 

"Ich hab schon mit dem Arzt gesprochen. Ich kann schon nach Hause.", meinte Justin und nahm seine Tasche.

Schon gingen wir wieder aus dem Raum heraus, zum Auto. Das ging ja schnell. Ich fühlte mich unsicher. Ich hatte Angst, dass Justin irgendwie mit mir reden wollte oder so. Ich konnte das aber nicht. Dazu war ich noch nicht bereit.

Wir stiegen in das Auto, nur dass ich diesmal hinten saß. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Justin hinten sitzen wollte. Und bevor wir miteinander reden musste, setzte ich mich lieber freiwillig sofort nach hinten. 

Die Fahrt war erdrückend. Noch nie hatte ich mich so komisch gefühlt. Die ganze Zeit war ich angespannt und ich zitterte sogar. 

Zum Glück wurde ich erlöst, als ich Justin's Villa vor uns erkannte. Der Range Rover kam zum stehen und Justin machte die Tür auf. 

"Danke, dass ihr mich abgeholt habt. Und..Evelyn...Kannst du vielleicht hierbleiben?"


Out of ControlWhere stories live. Discover now