Kapitel 57 - Wahrheit (Part III)

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Nun meldete sich auch mal mein Vater zu Wort.

"In dem Mafia-Geschäft ist es so, dass Frauen schweigen sollen über das was passiert. Sie sollen loyal sein, niemanden in etwas einweihen, und einfach nur treu an der Seite der Männer stehen."

"Und?"

"Deine Mutter hat mir damals alles erzählt und auch ihre Mutter, deine Oma, wusste davon."

"Aber Oma ist tot?"

Ich hatte eine bittere Vorahnung. Meine Oma war damals urplötzlich verstorben. Ich war vielleicht 4 oder so. Und jetzt ergab das ebenfalls einen Sinn.

"Sie wurde von William getötet."

Jetzt war der Punkt gekommen, an dem ich meine Tränen nicht mehr aufhalten konnte. Warum hatte mein Leben so eine Vorgeschichte? Warum war das alles verkorkst?

Und ich lebte 18 Jahre ohne irgendetwas davon zu wissen bei meinen Eltern, und fragte mich, warum sie sich nicht für mich interessieren. Ich meine, das taten sie wirklich nicht, aber in gewisser Weise konnte ich verstehen, dass das alles andere als leicht war.

"Und dann?", fragte ich schluchzend.

"Er hasste deine Mutter, mich und dich. Aber es war ihm nicht genug, dass er deine Oma getötet hatte. Er wollte dich. Wie du vielleicht schon weißt, eigentlich solltest du als Prostituierte arbeiten. Das hatte er geplant, seit du 2 Jahre alt warst. Wenn du 18 wärst, wollte er dich entführen. Wir konnten da nichts machen."

"Es tut uns so Leid, Evelyn.", sagte meine Mutter schluchzend mit einer herzzerreißenden Stimme. Sie tat mir so unendlich doll Leid. Sie hatte mit all den Problemen zu kämpfen, seit ich lebte. Eigentlich lag all die Schuld bei mir, weil ich auf der Welt war, oder weil ich entstanden war. Im Endeffekt war alles meine Schuld.

"Du wusstest aber schon, bevor du hierher gekommen bist, dass William dein leiblicher Vater ist, oder?", fragte mein anderer Vater. Es war komisch den einen als 'den anderen Vater' zu bezeichnen.

Ich nickte, während mir weiter die Tränen die Wangen hinunter liefen.

"Das war eigentlich die ganze Geschichte. Evelyn, es tut uns so unendlich Leid. Wir haben uns all die nicht wirklich um dich gekümmert. Wir konnten dir aber auch nicht mit 10 oder so das alles erzählen, du hättest ja nichts verstanden. Und dann, als du an dem einem Abend nach der Arbeit im Hotel nicht nach Hause gekommen warst, war es uns sofort klar. Wir hätten dich besser beschützen müssen. Es tut uns so Leid.", jammerte meine Mutter.

Ich brauchte einige Sekunden, bevor ich antworten konnte. "Es ist nicht eure Schuld. Es braucht euch nicht Leid zu tun.", versuchte ich zu sagen, wurde aber immer wieder von Schluchzern unterbrochen.

"Wie geht es dir wirklich?", fragte mein Vater.

"Mir geht es soweit gut, wirklich.", sagte ich und versuchte dabei zu lächeln, was eher scheiterte. Meine Eltern gingen davon aus, dass ich als Prostituierte arbeitete. Und da wurde mir klar, dass mir all das durch Justin erspart blieb. Wenn man es grob ausdrückte, hatte er mir mein Leben gerettet. Er hatte mir Liebe geschenkt, die ich freudig erwidern konnte. Er hatte mir geholfen und mich beschützt. Das hatte er alles nur für mich getan. Ich war ihm so unendlich dankbar.

"Ich musste mich nicht prostituieren. Ich musste mit niemandem schlafen."

Meine Eltern schauten mit erschrocken an, aber nicht, weil sie es schlimm fanden, sondern einfach, weil sie es nicht gedacht hatten, da William ja immer das bekam, was er wollte.

"Wie? Hat er sich es anders überlegt?"

Ich schüttelte den Kopf und überlegte, was ich jetzt als nächstes sagte und wie ich es erklären sollte.

"William hat ja noch zwei Söhne..Daniel und Jaden. Und die wiederum haben einen Kumpel, Justin, der mit in das Mafia-Geschäft eingetreten ist, oder wie auch immer man das sagt. Auf jeden Fall hab ich ihn auch das erste Mal auf Lily's Party damals gesehen. Ich glaube, er wollte mich damals schon entführen, hat es dann aber nicht getan. Und dann hat er, als ich als Prostituierte anfangen sollte, eine Schießerei organisiert, die das verhindert hat. Das habe ich aber erst später herausgefunden.", sagte ich, und während ich die letzten beiden Sätze aussprach fing ich wieder an zu weinen.

Es war viel zu viel für mich. Ich kam mit allem gerade nicht klar. Trotzdem musste ich versuchen strak zu bleiben, für Justin und unser Baby.

Meine Eltern sagten erstmal nichts. Ich glaube, sie hatten wirklich nicht damit gerechnet. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was gerade in ihren Köpfen vorging, aber das konnte ich ja schlecht. Außerdem wussten sie den Teil noch nicht, in dem Justin und ich fliehen, weil William es herausgefunden hat, aber das würde ich ihnen später sagen, nicht heute.

"Er liebt dich."

Ich guckte meine Mutter an, von der die drei Worte kamen. Sie hatte Recht, und es bestätigte, dass unsere Beziehung echt war. Dass ich mich nicht getäuscht hatte, und dass ehrlich gesagt alles gut war.

Ich lächelte sie leicht an. Es war ein ehrliches Lächeln.

"Wir sind zusammen."

Meine Eltern fingen beide an zu lächeln und irgendwie war ich glücklich. Das klingt total bescheuert, weil ich gerade erfahren habe, wie verkorkst meine Familie eigentlich ist, aber ich blendete das aus. Es würde mich nur zerstören. Außerdem konnte man das ja hinter einem lassen.

"Dann komm doch das nächste Mal, wenn du möchtest, mit ihm."

"Mache ich.", versicherte ich ihnen lächelnd. Ich entschied mich dazu, das mit meiner Schwangerschaft zu erzählen, wenn ich mit Justin hier war. Sie sollten ihn erstmal kennenlernen, bevor sie erfahren würden, dass wir schonen Kind erwarteten.

"Ich glaube, ich mache mich dann mal langsam auf den Weg nach Hause."

"Mach das. Aber du sollst wissen, dass du jederzeit zu uns kommen kannst. Und wo wohnst du jetzt überhaupt?"

"Ich weiß. Ich komme irgendwann, irgendwie in den nächsten Wochen mal mit Justin hier vorbei, ok? Und wir wohnen zusammen, etwas weiter entfernt von New York, aber noch in der Nähe. Ich brauche etwa eine halbe Stunde, bis ich hier bin. So weit ist es also nicht."

Meine Mutter schaute mich mit einem Blick an, den ich noch nie bei ihr gesehen hatte. Ich hatte das Gefühl, sie konnte direkt durch mich durch gucken. Als wenn sie irgendetwas wüsste.

Es war irgendwie unheimlich, weswegen ich mich schließlich umdrehte und auf den Weg zur Tür machte. Meine Eltern folgten mir uns verabschiedeten sich noch von mir, bevor ich zu Justin's Wagen ging.

Ich setzte mich hinein, startete den Motor und fuhr los.

Plötzlich merkte ich, wie mir wieder die Tränen kamen, ich rechts ranfuhr und den Motor wieder ausmachte.


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Ich weiß, dass ich eigentlich keine Kommentare von mir unter die Kapitel schreibe, aber jetzt muss es sein, da ich euch etwas zu sagen habe:

"Out of Control" neigt sich langsam, aber sicher dem Ende zu. Ich hoffe euch gefällt die Geschichte, denn mir persönlich macht es viel Spaß sie zu schreiben.

Habt ihr irgendwelche Vorstellungen, wie das Buch ausgehen könnte? Das würde mich mal interessieren, haha :D.

Out of ControlWhere stories live. Discover now