Kapitel 49 - Memories

1K 37 0
                                    

Justin's POV:

Jetzt, wo ich wieder an diesem Ort war, der mir einst so viel bedeutet hatte, stürzten alle Erinnerungen und jegliche Trauer auf mich.

Es mag total lächerlich und schwul klingen, so etwas als Typ zu denken oder gar zu sagen, aber so war es gerade nun mal.

Ich schaute auf das Meer, so wie ich es früher immer gemacht hatte. Jedes halbe Jahr hatte ich mich darauf gefreut, wieder hier zu sein. Ich hätte mir ja niemals denken können, was hier mal passieren würde.

Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie ich sie hier endlich entdeckt hatte. Ich war angekommen und sah sie erst nicht. Doch dann plötzlich lag sie da, leblos, vom Meer getrieben. Ich war 16. Mir war klar, dass ich versuchen musste, sie da raus zu holen und zu retten. Ich hatte es ja auch versucht. Aber es war zu spät.

Und da tat sich bei mir die Frage auf, was denn überhaupt passiert ist. Ich war vielleicht höchstens 5 Minuten später als sie hier angekommen. Sie musste also schon direkt nachdem sie angekommen war irgendwie gefallen oder ertrunken sein. Es konnte einfach nicht anders sein.

Genau so wenig wie ich, konnte sich die Polizei einen Reim daraus machen. Es war ebenfalls fraglich für sie, wie das passiert war, da es ja auch keine Zeugen oder so gab, außer mich. Es hätte gut sein können, dass sich jemand dort versteckte und nur drauf gewartet hatte, das jemand dahin kam. Vielleicht hatte diese Person dann ja sogar auf April oder mich gewartet.

Dieser Gedanke, nie wissen zu können, was wirklich passiert war, brachte mich um den Verstand. Darum konnte man nie mit der Sache abschließen, weil man sich immer wieder, besonders, wenn man sich am selben Ort nochmal befand, fragte, wie all das passieren konnte. Jedes Mal kamen einem neue Ideen was passiert, und wie es abgelaufen sein könnte.

Genauso war es jetzt gerade. Aber ich musste die Ruhe bewahren. Nichts und niemand konnte April zurück bringen. Sie war weg. Und obwohl es mittlerweile 5 Jahre her war, dachte ich immer noch fast jeden Tag an sie.

Und in genau solchen Momenten kam meine schwache und sehr weiche Seite zum Vorschein. Ich wollte sie nicht zeigen. Schon mit meinen 16 Jahren hatte ich sämtliche Mauern gebaut, die alle Emotionen verschlossen hatten.

Auch vor Evelyn versuchte ich diese Seite zu verstecken. Aber ich, und auch sie wusste, dass ich das nicht lange könnte. Ich spürte es, aber ich musste versuchen diese Seite von mir zu verstecken. Es war mir peinlich. Unendlich peinlich.

Der böse Justin, der bei der Mafia war, Menschen tötete und gerne gefährliche Spielchen spielte, hatte eine weiche Seite.

Das passte definitiv nicht zu mir und das sollte auch keiner wissen. Also verschloss ich mich lieber voll und ganz.

Ich hatte ihr alles über April erzählt. Und ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass es so gut tun konnte darüber zu sprechen. Aber damals habe ich mir über nichts mehr Gedanken gemacht. Alles war mir egal.

Und so hatte ich Daniel und Jaden kennengelernt. Ich musste meine scheiß Aggressionen irgendwie auslassen, weil ich sonst noch jemanden ermordet hätte. Also bin ich einem Boxclub beigetreten. Es war der größte, aber gleichzeitig auch gefährlichste Boxclub ganz New Yorks. Ehrlich gesagt war ich erst ein wenig verängstigt, aber relativ schnell wurde mir auch das alles egal.

Dann hätte ich regelmäßig Kämpfe und Daniel, Jaden und ich freundeten uns an. Die beiden waren nur da, weil ihr Vater sie dazu gezwungen hatte, William.

Heute weiß ich nicht, ob das eine gute Entscheidung war, mit Ihnen in Kontakt zu treten, oder nicht. Einerseits sind sie echt gute Kumpels von mir, und wir verstehen uns auch gut. Ebenfalls sind sie meine einzigen Freunde, weil ich mich von all den anderen abgewendet hatte.

Aber andererseits war ich wegen Ihnen in der Mafia. Schon einige Monate, nachdem ich das erste Mal William getroffen hatte, hatte er mir erzählt, wofür Daniel und Jaden Boxen, und dass ich das auch tun könnte.

Ich hatte ehrlich gesagt nicht lange überlegt und einfach zugesagt. Und jetzt kam ich nicht mehr raus. Aber ich hatte auch keine Ahnung, ob ich das überhaupt wollte.

Verdammte Scheiße. Ich war so abgefuckt. Ich hatte keine Ahnung von irgendwas und kam einfach nicht klar.

Und jetzt hatte ich mich unsterblich in dieses Mädchen neben mir verliebt. Nicht, dass ich das nicht gut fand, und sie nicht wollte, aber ich war einfach zu abgefuckt und egoistisch für sie.

Ich wollte nicht, dass sie ebenfalls in diese Mafia-Scheiße gezogen wurde, dass sie mitansehen musste, wie Menschen getötet werden.

Sie hatte mit definitiv genug Sachen zu kämpfen. Erst wurde sie entführt, und sie hatte bis heute keine Ahnung warum das überhaupt passiert war. So genau wusste ich es ja auch nicht. Und dann wurde sie von diesem Wichser vergewaltigt. Er hat es definitiv verdient, zu sterben. Und dann war da ich, derjenige, der sie immer weiter in Scheiße reiten würde.

Und auch, wenn ich mich immer fragte, ob es dir richtige Entscheidung war, der Mafia beizutreten, wäre ich nicht hierher gekommen, hätte ich nie Evelyn kennengelernt. Und das mag jetzt egoistisch klingen, aber ich könnte nicht ohne sie leben, obwohl sie es sollte.

Ach verfickte Scheiße, ich laber oder denke so ein Bullshit.

Ich musste einfach mit der Situation klarkommen, und die beste Lösung für alles finden.

Morgen würden wir Ryder töten. Dann bräuchte ich nämlich auch keine Angst mehr zu haben, dass ich verraten werden konnte, da ich die Schießerei ganz zu Anfang ja organisiert hatte.

Und jetzt gleich mussten wir in diese dämliche Villa zurück. Ich wollte William und all die anderen Pappnasen nicht mehr sehen.

Wenigstens hätte alles irgendwann ein Ende.

Out of ControlWhere stories live. Discover now