Zwei

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Was war das für ein Laut? Im Halbschlaf versuchte ich es zu identifizieren. Als würde etwas über den Boden tippen.

Ohne Gewissheit, was es denn letztendlich war, begann ich blinzelnd die Augen zu öffnen. Ich erkannte den bespannen Stoff über meinem Bett.

Dann merkte ich wie ein Schatten über mich fiel. Ich wollte aufspringen, doch der Schatten war schneller. Schnell hatte er mir eine behandschuhte Hand auf Mund und Nase gedrückt.

Ich geriet in Panik. Was war hier los? Nun war ich wach und begann mich gegen meinen Angreifer zu wehren.

Ohne Erfolg hatte ich versucht seine Hand wegzuschieben. Ich spürte die Kälte in meine Fingerspitzen wandern.

Mit ging langsam die Luft aus. Er kam näher und bemühte sich mit der anderen Hand meine Arm zu fassen.

Wild schlug ich um mich, wobei ich ihm die Maske wegzog und meine Finger sein Gesicht berührten.

Augenblicklich verfärbte sich die Stelle seiner Haut bläulich. Vor Schmerz sprang er weg. Ich hörte ihn fluchen.

Ich war mir sicher er würde fliehen, doch er kam von neuem auf mich zu. Vor Schreck hielt ich meine Hände vor mich.

Diesesmal landeten meine beiden Handflächen auf seinem Gesicht. Sofort gefror er. Seine Augen drehten sich so weit nach oben, dass fast nur noch das Weiß übrig blieb.

Sein Körper erschlafte und fiel leblos auf mein Bett. Schnell stieg ich aus diesem, um viel Abstand zwischen mir und dem Körper zu bringen.

Da hörte ich schon die Stimme meiner Amme, die ein Zimmer in der Nähe hatte.
"Was ist das für ein Lärm? Hattet Ihr einen Alptraum?"

Als sie eintrat, erstarrte sie. Ihre Augen wanderten von mir zum Körper. Dann schrie sie.

"Wachen! Hilfe! Wachen!" Für ihr Alter hatte sie eine sehr kräftige und laute Stimme. Sie lief zu mir. Ich versteckte meine Hände in den Ärmeln meines Nachkleides.

"Liebling geht es Ihnen gut? Oh Gott steh uns bei, lasst mich sehen. Alles scheint in Ordnung." Sie drehte mich einmal und besah mich von oben bis unten.

Drei Wachen liefen herein, dicht gefolgt von meinem Vater.
"Wieso wurde geschrien?" Wollte er wissen, ehe er den Fremden sah.

Einer der Wachen hatte mit Bedacht den Puls gefühlt und schüttelte nun den Kopf.

Ich begann zu zittern und schlang die Arme um mich. Vater befahl den Fremden zu entfernen und setzte sich auf mein Bett. Er klopfte neben sich, als Einladung mich neben ihn zusetzen.

Ich folgte seinem Wunsch. Kaum dass ich saß schlang er einen Arm um meine Schultern. Ich zuckte weg.

"Bitte nicht." Ich wollte ihm nichts antun. Er dagegen lächelte liebevoll.

"Mach dir keine Gedanken. Bitte sag mir was passiert ist und du Amme hol doch meine Frau."

Diese eilte sofort los. Ich blieb mit Vater allein zurück und ich begann zu erzählen. Über den Laut, darüber wie mir die Luft weggedrückt wurde und wie ich ihm die Maske wegzog.

Am Ende strich er über meinen Arm.
"Du hast nichts falsch gemacht. Gar nichts. Hätte er es geschafft dich umzubringen, gäbe es für ihn keine angemessene Strafe."

"Aber ich habe die Kontrolle verloren." Alle möglichen Gedanken wirbelten in meinem Kopf. Ich wusste, dass dieser Mann kein guter war, doch ich hatte es trotzdem nicht gewollt.

"Geht es dir gut? Was genau ist passiert?" Mutter kam herein gestürmt. Sie fiel vor mir auf die Knie und untersuchte mein Gesicht.

"Es geht ihr gut, Jata. Ein Mörder hatte es in ihr Zimmer geschafft."

Sie sah ihn scharf an und erkannte die Antwort auf ihre Frage. Der Mörder war nicht mehr.

"Wie hatte das passieren können, Miljen?"

Zornig sah er sich kurz um.
"Das werde ich noch herausfinden! Aber ich versichere euch, es wird nie wieder vorkommen!"

Er orderte Wachen vor meinen Raum. Mutter blieb noch einige Stunden bei mir, bis die Amme wieder ganz sie selbst war.

Sie war durch das ganze Rennen außer Atem gekommen, so dass sie sich hatte hinlegen müssen.

Nun schickte sie meine Mutter wieder in die eigenen Gemächer. Ich hatte kaum ein Auge zu tun können. Selbst als Mutter und danach die Amme bei mir waren.

Weshalb ich bei Sonnenaufgang schon auf den Beinen war. Meine Amme half mir bei meiner Morgenroutine.

Beim Frühstück bemühten sich meine Eltern um eine ausgelassene Stimmung. Die Zwillinge musterten mich neugierig, wagten es jedoch nicht vor den Eltern nachzufragen.

Erst als ich auf dem Weg zurück war holten sie mich ein.

"Was war gestern gewesen? Wir wurden durch Geschrei wach und plötzlich waren Wachen vor unserem Zimmer und ließen uns nicht raus." Esko begutachtete mich eingehend.

"Vater hat gestern an einen General geschrieben. Weißt du weshalb?"
Ich wusste es ehrlich nicht.

"Prinzessin Vienna, Ihr Vater ruft Sie in sein Studierzimmer." Erklang die Stimme eines Dieners hinter uns.

"Oh oh, was hast du wohl angestellt? Ich weiß, du hast eine heimliche Liebelei und gestern wurdet ihr erwischt."

Ich musste über Eskos Worte lachen.
"Denkst wirklich ich habe in meinen Zimmern jemanden kennengelernt?"

"Wozu bräuchte Vater dann auch einen General?" Gab Ivars seinem Bruder zu bedenken.

Als die Jungs dabei waren mir zu folgen, schien der Diener etwas unsicher. "Ihre Majestät verlangte nur nach Prinzessin Vienna."

Natürlich versuchten die Beiden trotzdem ihr Glück. Vor dem Studierzimmer unseres Vaters versperrten zwei Wachen, den Jungs den Weg hinein.

"Nur Prinzessin Vienna ist erwünscht." Brummte einer von ihnen.

Entschuldigend lächelte ich beiden zu. "Ich erzähl euch später, was Vater wollte." Flüsterte ich ihnen zu, damit die Wachen mich nicht hörten. Ich war mir nicht sicher was sie davon halten würden, da sie schienen etwas zu wissen.

Ich atmete tief ein und betrat kurz darauf den Raum. Zwei paar Augen sahen sofort zu mir. Mein Herz setzte kurz aus als ich den fremden, jungen Mann, mit den dunklen Haaren, sah.

"Hier ist sie ja. Vienna, dies ist einer meiner besten Generäle, sein Name ist Jared, er wird ab heute, mit seinen Leuten, dein Beschützer."

Dieser Jared schien das Detail noch nicht gekannt zu haben. Überrascht weiteten sich seine Augen und ungläubig sah er zu seinem König. Er sah aus als wollte er protestieren, doch schien er sich eines besseren zu belehren und hielt den Mund.

Ich dagegen hatte weniger Hemmungen. "Vater, mir reicht einer von den Schlosswachen. Ich brauche sicher keinen General, der eigentlich das Land schützen soll."

Ich legte viel Wärme in meine Stimme und versuchte damit ihn umzustimmen. Leider schien er von seinem Einfall überzeugt. Eilig winkte er ab.

"Nichts da. Jared wird dich rund um die Uhr bewachen. Es ist zu deinem eigenen Wohl. Er weiß von dem Überfall."

Er bemerkte wie ich verwundert schaute denn sofort fügte er hinzu.
"Und dass wir den Täter unschädlich machen konnten."

Erleichtert atmete ich aus. Was hatte ich denn auch erwarten können? Dass Vater ihm sagte was ich konnte? Niemals! Selbst wenn er mein Beschützer sein sollte.

Als ich noch einmal zu Jared sah, bohrten sich seine unglaublich dunklen Augen in meine. Es war als würde er nach dem Grund suchen weshalb mich jemand hatte umbringen wollen.

Oder aber war er einfach nur unzufrieden, vom Schlachtfeld hergerufen zu werden um nun meine Amme zu spielen.

Was es auch war, mir wurde klar, dass ich es nicht leicht mit ihm haben würde.

Frühlingsfrost Where stories live. Discover now