Dreizehn

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Augenblicklich liefen alle wild durcheinander. Ich sah noch wie Shea etwas zu Jared sagte und dieser bestätigend nickte. Er eilte zu seinem Pferd und dann zu mir.

"Was ist los? Wieso fürchten sie sich vor Jägern?"
"Kommt erst mal auf das Pferd."

Er half mir hoch. "Du sollst mich duzen."
"Ja ja." Sein Gesicht sah so ernst aus, dass ich verstummte. Alle verstreuten sich in verschiedene Richtungen. Nachdem sich Jared hinter mich aufs Pferd geschwungen hatte, spornte er es tief in den Wald.

"Du reitest von den anderen weg."
"Je weiter wir von ihnen weg sind desto besser." Brummte er hinter mir in mein Ohr.

Es schien mir eine schiere Ewigkeit zu dauern, bis er endlich sein Pferd anhielt und wir abstiegen.
"Sagst du mir jetzt was das für Jäger waren?"

"Das waren die Männer des Königs, die nach den Rebellen suchen und dabei die Dörfer ausrotten." Erklang plötzlich eine vertraute Stimme aus dem Wald.

Wütend drehte Jared sich von der Stimme weg, ich dagegen sah wie Shea mit einigen Leuten zu uns trat. Sofort wanderte mein Blick zu Jared. Wenn das Vaters Leute waren, hätten wir uns ihnen nur zeigen müssen.

Er erriet meinen Gedankengang, schüttelte seinen Kopf und zog mich am Ellbogen weiter weg, um mir zuflüstern zu können.
"Wie viele Leute wissen wie Ihr ausseht?"

Mürrisch sah ich ihn an. Sofort begriff er. "Wie du aussiehst?"
Er hatte Recht, nicht mal das engste Personal wusste genau wie ich aussah, denn sie mieden mich anzusehen.

Es war enttäuschend, wir hätten zurückkehren können, doch wegen der großen Geheimniskrämerei meines Vaters, würde mich nicht mal seine Wache als die Prinzessin erkennen. Ich ließ die Schultern hängen, natürlich wollte ich nicht so schnell zurück, doch langsam überkam mich das schlechte Gewissen.

Sie wussten nicht was mit mir war und ich wollte unbedingt über diese Jäger mit Vater sprechen oder zumindest mit den Zwillingen. Ich war zwar die Erstgeborene, doch durfte ich bei nichts mitsprechen.

"Eine Schande dass sie uns finden konnten." Fügte Jared noch leiser hinzu und damit meinte er nicht die Jäger, lauter richtete er sich an Shea. "Wie lange habt ihr vor zu warten? Es ist gefährlich noch länger an einem Ort zu bleiben."

"Ganz ruhig, wir gehen sofort weiter, die anderen wissen wo wir hin wollen und werden über kurz oder lang zu uns stoßen. Wir sollten heute bei Einbruch der Nacht die Stadt erreichen." Sie besah ihre Gruppe und formierte sie, ehe der Marsch fortgesetzt wurde.

Wir würden bald die Stadt erreichen, wie lange es wohl dauern würde bis Vaters Männer kamen um mich zu holen?
"Was denkst du, ist mit deinen Männern passiert?" Fragte ich Jared neben mir leise.

"Sie sind gute Kämpfer, sie sind wahrscheinlich wieder zum König gestoßen." Seine Worte sprachen zwar vom Optimismus, doch in der Stimme schwang dennoch Sorge mit. Sie schienen ihm wirklich wichtig zu sein.

Nachdenklich schwieg ich. Das alles war indirekt meine Schuld, weil ich war wie ich war. Zu unserer Überraschung machten wir eine Pause in der Nähe eines Baches. Ich nutzte die Gelegenheit mich etwas abseits von allen ans Wasser zu knien.

Jared ließ mir den Freiraum und ich konnte endlich tief einatmen. Nachdenklich streifte ich mit den Fingerspitzen über die glatte Wasseroberfläche. Es stimmte ich war wie ich war, ich konnte töten auch wenn ich es nicht wollte.

Zudem geschah es immer aus versehen, solange ich zurück denken konnte hatte ich noch nie versucht mit purer Absicht meine Kraft zu benutzen. Würde es sich genauso anfühlen?

Nur halb hatte ich bemerkt wie meine Hand über dem Wasser verharrte und ich mich schon auf meine Fingerspitzen konzentrierte. Zeit verstrich doch nichts geschah. Frustration machte sich in mir breit.

Sonst hatte es immer geklappt, wenn ich in Panik geriet. Nein, das letzte Mal funktionierte es auch als ich wütend war. Damals als Jared hinter mein schreckliches Geheimnis gekommen war, da war ich wütend auf Vater gewesen.

Ein weiteres Mal legte ich meine Hand über das Wasser. Ich musste die Wut in mir finden, ich suchte und suchte in meinem Inneren, bis ich bei dem Gedanken an Vater hängen blieb. Er hatte mich weg sperren wollen, er rottete Dörfer aus!

Ich ergriff die Wut und bemühte mich sie so gut es ging fest zu halten. Ein vertrautes Kribbeln wanderte durch meinen Arm bis in meine Hand, wo es dann durch einen kalten Hauch meine Haut verließ. Auf dem Wasser bildete sich eine leichte weiße Schicht.

Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Es hatte funktioniert! Doch mit meiner Freude verblasste sofort das Gefühl und Sekunden später war das Wasser wieder aufgetaut.

Hände legten sich von hinten um meinen Hals. "Du bist eine Hexe."
Überrascht schrie ich auf, ich wollte mich umdrehen, doch der Druck auf meinem Hals ließ es nicht zu. Wieder erklang die grobe Stimme. "Du bist zu schön, um ein normaler Mensch zu sein."

Seine Wange legte sich an meine und da ließ ich einfach los. Es war kein konkreter Befehl, es war eher dass ich die Energie versucht hatte zurück zuhalten, doch als sich unsere Haut berührte, war es mir nicht mehr wichtig. Augenblicklich fiel er schreiend nach hinten.

Von dem Schrei angelockt liefen andere herbei. Männer brachten den am Boden liegenden weg, schrien dabei was von Decken und Feuer. Ich dagegen stand da wie angewurzelt und sah in die besorgten dunklen Augen von Jared.

Ohne ein Wort kam er auf mich zu, automatisch wich ich zurück, doch da hatte er mich schon am Ellbogen gefasst und drückte mich gegen sich. "Keine Sorge, der Mann wird schon nicht sterben. Auch wenn er es verdient hätte."

Bei seinen Worten brach die Mauer in mir. Tränen flossen still über meine Wange. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich genau das befürchtet hatte. Das Letzte was ich brauchen konnte, war der Tod eines weiteren Menschen.

"Es tut mir sehr leid." Erklang Sheas  Stimme hinter mir. "Ich hatte gedacht, ich wäre deutlich genug zu meinen Leuten gewesen."

"Aber warum hat er es getan?" Nuschelte ich gegen Jareds Brust.
"Du ziehst sie an wie Motten das Licht und wie ich es geahnt hatte, verlieren auch sie ihr Leben sobald sie dich berühren."

Nun drehte ich mich zu ihr um. "Aber ich will das nicht! Ich will niemanden umbringen!"
Nachdenklich betrachtete sie mich, wobei sie kräftig an ihrer Pfeife zog. "Es gibt jemanden der dir vielleicht Antworten geben kann. Doch der Weg zu ihm ist weit weg, weg von allen Städten und Dörfern."

Ich brannte darauf mehr zu erfahren, doch dann würden wir nicht so schnell ins Schloss zurück kommen und das war der Wunsch von Jared.

"Wie kommen wir zu dieser Person?" Überrascht sah ich zu Jared auf. Wieso wollte er das wissen? Was brachte ihm diese Information?

Frühlingsfrost Where stories live. Discover now