Fünfzehn

6.4K 369 9
                                    

Durch einen heftigen Ruck gefolgt vom lauten Fluchen, wurde ich wach. Verschlafen blinzelte ich, ich hatte mich nach einigen Stunden neben Jared, nach hinten in den Wagen gelegt.

Nun sah ich hinaus an Jared vorbei und bewunderte die Landschaft. Ohne, dass ich es mitbekommen hatte, waren wir schon langsam bergauf gestiegen. Rechts von uns brach der Weg hinab zu einem Abgrund. Mit viel Geschick steuerte Jared sein Pferd mehr auf der linken Seite, nahe der Steinwand. 

"Wie lang hab ich geschlafen?" Fragte ich, während ich wieder nach vorne zu ihm auf die Bank kletterte.

"Einige Stunden, die Sonne ist wieder dabei unterzugehen. Ich hoffe, dass wir bald auf eine gerade Ebene kommen."

Ich wollte ihn nur kurz anschauen, doch mein Blick blieb länger an ihm. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und sein Blick wirkte schlaff.
"Gib mir die Zügel und leg dich hin."
Fordernd streckte ich meine Hand aus.

Verwundert huschten seine Augen zu mir. "Das ist nichts für eine Prinzessin."

"Bogenschießen ist auch nichts für eine Prinzessin und wenn ich mich recht erinnere, habe ich es gar nicht so schlecht gemacht." Ich erwähnte nicht, dass ich auch ohne große Scheu seine Wunde versorgt hatte.

"Hier, beweis' dich."
Es war nicht ganz so wie auf dem Rücken eines Pferdes, doch Jareds Tier war klug, ich musste nur darauf achten, dass wir nicht mit dem Wagen gegen die Wand fuhren.

"Wie heißt er eigentlich?"

"Farr." Er blieb noch etwas neben mir bis er sich sicher war, dass ich uns nicht ins Verderben stürzen würde und kletterte dann nach hinten. Nur Sekunden später hörte ich ihn leise Schnarchen.

Auf seinen Wunsch hin, hielt ich weiter Ausschau nach einem guten und wichtiger noch sicherem Rastplatz. Farr war wirklich ein gutes Tier, er wusste genau wie er zu gehen hatte. Weshalb mich plötzlich Sehnsucht nach meinem eigenen Pferd überkam.

Wer ritt sie nun? Niemand würde sich trauen mein Pferd zu berühren. Der Mann, der mich am Fluss überfallen hatte, hatte schon was Wahres gesagt. Mir war das Wort nur einmal zu Ohren gekommen und damals konnte ich noch nichts damit anfangen, weshalb ich es auch schnell wieder vergessen hatte.

Hexe.

Nun war mir klar, dass mich dieses Wort wohl am besten beschrieb. Was könnte ich denn sonst sein? Schnell vertrieb ich diese erdrückenden Gedanken mit einem Kopfschütteln. Keine Zeit zum Trübsal blasen, viel wichtiger war es bis zu dieser Person zu kommen, die mehr über mich sagen konnte.

Endlich wurde der Weg langsam breiter. Nun konnte es einfach nicht mehr lange dauern bis wir auf ein gutes Nachtlager stießen. Noch schlimmer als keinen Schlafplatz zu haben, war es vor einem Feind mehr auf der Flucht zu sein. Obwohl ich mir nicht sicher war in wie weit die beiden Parteien wirklich Feinde waren.

Da die Jäger auf Vaters Seite standen musste es dort einfach nur ein Missverständnis gegeben haben oder es gab einen Verräter unter ihnen der falsche Kommandos gab.

Die anderen waren die Fahrenden. Hier hatte Jared sie einfach nur ausgetrickst, aber wenn er beteuern würde,er hätte nicht gewusst, dass sein Pferd ausbüxen würde, sähe die Sache womöglich ganz anders aus.

Ich war so tief in Gedanken, dass ich kaum wahrgenommen hatte wie Farr stehen geblieben war. Wir waren auf einer kleinen Wiese zwischen vielen Bäumen angekommen.

Ich stieg ab und lobte das Tier. Dann kletterte ich in den Wagen, um einen tief schlafenden Jared zu finden, der es nicht mal für nötig gehalten hatte sich zu zudecken. Im Karren fand ich ein dickes Stück Stoff und warf es ihm über.

Mein Körper bestand nur aus schmerzenden Muskeln. Ich streckte mich neben Jared aus und starrte nach oben, an Einschlafen war für mich nicht zu denken, jemand musste schließlich die Augen offen halten.

Meine Gedanken kreisten um alles und jeden so lange, dass ich die Augen zukniff.

Das nächste was ich realisierte war Wärme. Irgendetwas ruhte schwer auf mir und es war warm. Verstimmt murrte ich und öffnete die Augen. Für einen Augenblick vergaß ich Luft zu holen.

Jared hatte sich zu mir gedreht und seinen Arm um mich geschlungen. Noch immer schlief er ohne eine Regung. Ganz kurz betrachtete ich sein Gesicht ehe die Unruhe Oberhand über meinen Körper gewann.

Vorsichtig und in der Hoffnung, ihn nicht zu wecken, bemühte ich mich aus seinem Arm zu schlingen. Ich war schon halb frei, als er plötzlich murrte, mich zu fassen bekam und wieder an sich drückte.

Mein Herz hatte während der gesamten Zeit ausgesetzt, zumindest kam es mir so vor. Ich hatte die Augen zu gekniffen, damit er nicht mitbekam, dass ich wach war, sollte er selber seine Augen öffnen.

Ich spürte seinen Griff fester werden. Sein Gesicht hatte er in meinen Hals gedrückt sodass ich die kleine Veränderungen seines Atems spürte.

Sein Arm zuckte und dann verschwand sein Gesicht, kurz darauf nahm er auch seinen Arm von mir und rückte weg.

Erst als seine Schritte einmal um den Wagen rum waren traute ich mich die Augen zu öffnen. Mein Herz schlug so heftig gegen meine Brust, dass ich befürchtete es würde von dieser Überlastung plötzlich stehen bleiben.

Unfähig auch nur einen Muskel zu rühren starrte ich nach oben. Warm war nicht das passende Wort für meinen Zustand. Wieso reagierte ich nur so?

Natürlich war Jared anders als andere. Er ist einer der wenigen die sich trauen mir direkt ins Gesicht zu sehen. Auch wenn seine Augen nie die meinen zu suchen schienen, doch es blieb Fakt, dass er mir dennoch ins Gesicht sah.

Licht drang ins Wageninnere, ich wollte unsere Weiterfahrt nicht noch länger aufhalten. Achtsam stieg ich aus, darauf bedacht Jared nicht sofort ins Auge zu fallen.

Zu meiner Überraschung stand er in der Nähe, kaum dass meine Füße die Wiese berührten fixierten mich seine dunklen Augen. Ich konnte seinen Blick kaum deuten, dennoch gewann mein Herz beim Schlagen sofort an Kraft.

"Guten Morgen." Begann ich mit schwacher Stimme. Schnell räusperte ich mich, um meine plötzliche Unsicherheit zu verbergen. "Ich hoffe du hast gut geschlafen."

Ich merkte wie seine Ohren leicht rot wurden und sein Blick schweifte von meinem Gesicht weg. Doch schnell hatte er sich wieder gefangen. Ehe ich die Gelegenheit dazu hatte seine Reaktion in meinen Gedanken zu hinterfragen fixierte er mich wieder.

In seinen Augen lag schon fast etwas Grobes. "Wie lange wolltest du es vor mir verheimlichen?" Grollte er.

Fragend zog ich meine Augenbrauen in die Höhe. Was meinte er? Was verbarg ich seiner Meinung nach vor ihm? Als er merkte, dass von mir keine Antwort kommen würde wurde sein Blick noch finsterer.

"Wann hattest du vor es mir zu sagen? Macht es dir so einen Spaß andere zum Narren zu halten?"

Frühlingsfrost Where stories live. Discover now