Acht

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Langsam wurde mein Verstand wacher. Irgendetwas stimmte nicht, angestrengt lauschte ich den Geräuschen des Morgens. Ich hörte die Vogel, die mir viel lauter erschienen als sonst. Wind wehte über meine Haut, er brachte den Geruch von Gras zu mir.

Dann merkte ich die Laute von Wasser. Was war los, woher kam das? Ich hatte aufgegeben aus dem Gedächtnis erahnen zu wollen woher die Geräusche kamen. Vorsichtig öffnete ich die Augen, blinzelnd wachte ich komplett auf.

Noch immer verstand ich nicht weshalb, die Sonne mir so stark ins Gesicht scheinen konnte. Selbst die Gerüche stimmten nicht zu meinem Zimmer. Achtsam ließ ich meine Augen wandern.

Ich sah Wiese, ich sah Wald, ich sah den weiten, blauen Himmel. Erst schloss ich die Augen noch einmal, um sie nur eine Sekunde später wieder auf zu reißen.

Ich lag noch immer auf dem Platz auf dem ich eingeschlafen war. Ich sah an mir herab. Noch immer trug ich das verdreckte Kleid, mit den verschmierten Handschuhen. Auf meinem Schoß lag eine Decke, nein, nach näherem Betrachten erkannte ich, dass es der dunkle Umhang von Jared war.

Jetzt war ich wirklich wach. Ich hielt Ausschau nach Jared, er konnte nicht weg sein mit seiner Verletzung. War doch etwas vorgefallen? Mein Herz raste, bis ich ihn in der Nähe seines Pferdes fand. Sofort machte sich Erleichterung in mir breit.

Er bemerkte, dass ich wach war und kam zu mir. Er wirkte etwas betreten.
"Es wäre gut, wenn Ihr meine Wunde neu verbindet, doch ich will euch zu nichts drängen."

Sofort saß ich grade. "Natürlich! Kommt ich löse den Knoten. Hatte es noch geschmerzt?"
Er verneinte, während ich die Stoffstreifen entfernte. Ganz langsam spickte ich zur Wunde, darauf gefasst es wieder kräftig bluten zu sehen.

Doch es war lange nicht so stark wie beim ersten Tag. Ich wartete bis er sich selbst die Jacke und das Hemd abstreifte, denn von mir wollte er sich nicht helfen lassen.
Überrascht bestaunten ich seinen Rücken. Nicht wegen den kräftigen Muskel, sondern wegen den unzähligen Narben.

Schnell widmete ich mich wieder meiner Aufgabe. Mit dem alten Stück Stoffklumpen, welches an einer Seite wegen dem Blut hart geworden war, wusch ich die Wunde noch mal richtig sauber. Dann riss ich ein neues Stück ab.

"Ihr könnt das vorige benutzten."
"Nein, es ist absolut unbrauchbar, keine Sorge ich habe noch genug Unterröcke." Widersprach ich ihm. Diesmal war das Verbinden einfacher, Jared half mit so gut er konnte. Er hatte noch immer nicht seine volle Bewegungsfreiheit wiedererlangt, doch es wurde besser.

"Wo geht es als nächstes hin?" Ich sah ihm zu wie er sich anzog und wieder aufstand. Sein Blick wanderte über den Himmel.
"Wir sollten bis zum Abend einen Unterschlupf finden. Es wird regnen."

Erstaunt sah ich nach oben. Der Himmel hatte ein klares Blau und nicht ein Wölkchen war in Sicht. Ich verstand nicht ganz woher er sich so sicher sein konnte.

"Also ich finde, dass wir das beste Reisewetter haben." Entgegnete ich, von ihm bekam ich nur ein Schnauben. Jared hatte sein Pferd schon bereit gemacht, er sammelte noch den Umhang auf, ehe er sich noch einmal umsah.

"Kommt, wir sollten reiten solange das Wetter hält und zieht die Kapuze über."

"Aber es verspricht warm zu werden, ich will wirklich nicht noch etwas auf dem Kopf tragen." Mozte ich. Grob sah er mich an.
"Euer Haar ist auffällig genug, also zieht eure Kapuze über." Verärgert tat ich worum er verlangte.

Auf dem Pferd saß ich wieder vorne. Die Sonne wanderte und mein Haar klebte. Meine Laune sank mit jedem weiteren Schritt des Pferdes. Mir war warm und ich wollte meinen Umhang abstreifen, doch nein, mein Haar war zu auffällig. War ja nicht so, als währen wir alleine im Wald.

Zudem war ich nicht gewohnt so lange auf einem Pferd zusitzen. Als die Sonne dabei war wieder hinab zu wandern, begann ich mich immer wieder zu bewegen. Grob brachte Jared sein Pferd zum stehen.

"Was ist mit euch los? Wir haben es eilig."

Wütend befreite ich mich und glitt den Sattel hinunter. Erschöpfte machte ich einige Schritte, durch den vielen Stoff meines Kleides war das Reiten noch unangenehmer.

"Ich kann einfach nicht mehr! Wir reiten ohne eine Pause, ich hab genug! Lasst uns bitte ein Stück zu Fuß laufen."

Kalt besahen mich seine Augen, mit einem tiefen Seufzen stieg auch er ab.
"Doch wir werden nicht das Tempo drosseln."

Erleichtert nickte ich. Leider war das Tempo, von welchem er gesprochen hatte, nicht einfach mit dem Kleid zu halten. Mir wurde noch wärmer als auf dem Pferderücken. Immer wieder blieb ich zurück, sodass Jared warten musste.

Beim fünften Stop hatte ich genug. Ich zog den Rock des Kleides hoch und begann den Knoten meiner Unterröcke zu lösen.
"Was macht Ihr da?" Fassungslos sah Jared sofort weg.

"Ich kann so nicht gut laufen, außerdem habe ich genug davon zu schwitzen." Entgegnete ich und der erste Rock fiel zu Boden. Kurz darauf folgten die Nächsten.

Ich faltete die Stoffe gut zusammen um sie in die leeren Taschen des Sattels zu verstauen.
"Wieso müssen wir sie mitnehmen?"

"Ganz einfach, erstens hinterlassen wir keine Spuren, zweitens man weiß ja nie wann wir wieder etwas Verbinden müssen."

"Und drittens?" Hakte er nach, als ich dabei war weiter zu laufen.
"Wieso muss es immer ein Drittens geben? Es reicht doch schon, dass ich zwei gute Gründe habe."

Nun kamen wir erheblich schneller voran, dennoch war Jareds Laune mit jedem Augenblick weiter gesunken. Er beharrte darauf dass seine Wunde nicht schmerzte, also war er einfach mürrisch, weil wir noch immer kein Dorf gefunden hatten.

Dann erkannte ich ein leichtes Licht zwischen den Bäumen. Aufgeregt lief ich darauf zu. Alarmiert hielt Jared mich am Ellbogen zurück.

"Das ist ein Lagerfeuer, ich sollte zuerst gehen, haltet euch bereit mit dem Pferd davon zu reiten."

"Nein!" Überrascht über meine laute Stimme und den Protest hefteten sich seine dunkle Augen an meine.

Mit erhobenem Kinn trat ich auf das Feuer und die Gruppe von Menschen zu. Nun erkannte ich, dass es Männer und Frauen verschiedenen Alters waren und selbst Kinder liefen in dem hinteren Teil des Feuers herum.

Nun sah ich auch die Wagen, die zwischen den Bäumen standen. Das hier war wohl eine Gruppe Schausteller. Alle Augen hefteten sich auf mich, kaum als ich in Sichtweite trat.

"Ähm, hallo, ich heiße Vienna und das ist mein Begleiter Jared. Er ist verwundet und wir wollten Fragen, ob wir etwas bei euch ausruhen könnten?"

Erst war es still, ich fürchtete schon sie würden uns verjagen, doch dann erhob sich eine alte Frau von einem der Wagen und trat zu uns. Ihr Haar war pechschwarz und nur von einigen grauen Strähnen umgeben.

Sie paffte an einer Pfeife, was ich noch nie eine Frau hatte machen sehen. Fest sah sie mir in die Augen.

Ihre Augen blieben an meinen Händen hängen. Ich folgte ihrem Blick. Verflucht, ich hatte meine beschmierten Handschuhe vergessen! Nun war es zu spät um sie zu verbergen.

"So so, ihr wollt also an unserem Feuer sitzen."

Frühlingsfrost Where stories live. Discover now