Siebenundzwanzig

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Jareds Pferd Farr hatte gehorsam auf seinen Herren in der Nähe gewartet, sodass ich wieder auf ihm reiten konnte. Niemand aus der Gruppe gestattete es mir den Marsch zu Fuß abzulegen.

Die Stimmung war ausgelassen. Bevor die Sonne untergehen konnte, sammelten wir Holz und ein Feuer wurde entzündet, ich bat Edwin mir zu zeigen wie er es tat, dabei sog ich jedes Wort ein. Ich wollte mehr wissen, mehr lernen, mehr Selbstständigkeit.

Dies sagte ich auch Jared, als wir alleine beim Feuer zurück blieben, Edwin wollte mit Zora uns etwas Gutes tun und waren auf der Jagd.

"Ich kenne keine Prinzessin die selbstständiger ist als du." Entgegnete mir Jared.

"Kennst du denn viele Prinzessinnen?" Hakte ich nach, er verzog sein Gesicht.

"Je mehr Geld die Mädchen haben, desto verzogener sind sie, dafür muss ich nicht viele kennen. Du bist so nicht, dass hat mich sehr überrascht." Fügte er hinzu.

Ich drehte etwas unentschlossen den feinen Ring an meinem Finger, bevor ich ihn schnell abstreifte und Jared reichte. Dieser hob fragend die Brauen.

"Ich will dass du ihn hast. Behalte ihn."

"Das kann ich nicht, das ist dein königlicher Ring, er repräsentiert dich als Prinzessin." Er war schon dabei meine Hand mit dem Schmuckstück weg zu schieben, doch ich war schneller. Ich griff nach seiner Hand und legte den Ring hinein.

"Nun gehört er dir, ich will keine Widerworte hören. Du weißt genauso gut wie ich, dass ich nicht aufhören werde bis du nachgibst."

Er schenkte mir einen kurzen missfallenden Blick, doch als er seine Kette unter dem Hemd hervor holte und über seinen Kopf abstreifte, konnte ich deutlich ein Lächeln erkennen.

Er öffnete den Knoten der Schnur an der ein hölzerner Anhänger hing, mir war der Anhänger nie wirklich aufgefallen nun jedoch war ich neugierig. Nachdem er den Ring drauf gefädelt hatte und einen neuen Knoten band, streckte ich meine Hand danach aus, um es besser zu betrachten.

"Was ist das?" Ich erkannte das Wappen meiner Familie, ein stehender Bär zu seinen Füßen eine offene Blume. Eine so feine Arbeit aus Holz hatte ich noch nie gesehen.

"Das hat mir meine Schwester gemacht, als ich ein Soldat wurde. Wenn es nicht von ihr wäre hätte ich es bei den Fahrenden verkauft."

Erstaunt sah ich ihn an. "Du hast eine Schwester?"

"Was schaust du denn so? Sehe ich nicht so aus als könnte ich eine haben? Sie ist älter, nachdem ich ein Soldat wurde, bekam sie mein Geld welches ich verdiente. Ich brauchte nicht viel, schließlich bekam ich Essen, Kleidung und ein Bett umsonst."

"Wieso wurdest du General? Du hättest als einfacher Soldat weniger Verpflichtungen."

"Als General bekomme ich mehr Geld, zudem sehen die Leute zu mir auf, für einen Jungen aus den niedrigsten Verhältnissen tut das gut. Außerdem bin ich gut darin, ich mein Kriegszüge, Schlachtpläne und so was."

"Hattest du keine Angst jeder Zeit dein Leben zu verlieren?"

"Dann hätte meine Schwester eine ansehnliche Abfindung erhalten."

Ich wollte meinen Ohren nicht trauen, ihm lag nichts an seinem Leben. Mein Entsetzten musste mir wohl ins Gesicht geschrieben stehen, denn plötzlich lachte er auf. Seine Hand legte sich über meine.

"Meine Einstellung hat sich geändert, ich hänge an meinem Leben und bin sicher nicht bereit es für einen König zu opfern. Aber-"

Ein Schatten legte sich über sein Gesicht.

"Was aber?"

Er rang mit sich und seinen Worten ehe er sprach.

"Du bist und bleibst eine Prinzessin und ich? Ich bin nichts mehr als der einfache Sohn eines verschuldeten Bauerns, der nicht mehr lebt. Ich kann dir nichts bieten, ich habe kein Geld und ich habe meinen König verraten, in dem ich mit seiner Tochter durch die Lande streifte statt sie sofort nach dem Überfall zurück zu bringen."

Ich strich ihm einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht. Endlich begriff ich seine anhaltende Zurückhaltung, wie oft er mir ausgewichen war.

"Das ist Unsinn. Mir ist egal als wessen Sohn du geboren wurdest und es ist mir nicht wichtig ob du wohlhabend bist. Ich habe dir einen Pfeil aus der Schulter gezogen, mein Kleid mit Blut ruiniert und es in Fetzten gerissen und nun laufe ich in einem dreckigen zerrissenen Nachthemd, habe keine Schuhe und beklage mich nicht. Ich würde nie jemand anderen dir vorziehen, denn niemand kennt mich so wie du und niemand würde mich je so akzeptieren wie du. Zudem wirken meine Augen aus irgendeinem Grund nicht bei dir."

Am Ende musste er lächeln. Er drehte sein Gesicht zu meiner Hand, die noch immer auf seiner Wange ruhte und küsste diese. Über meine Haut jagte eine Gänsehaut, als seine dunklen Augen sich noch in meine bohrten war ich bereit für ihn die ganze Welt herzugeben.

Langsam zog er mich an meinem Arm zu sich.

"Deine Augen wirken sehr wohl, nur vielleicht nicht so wie bei den anderen. Ich sehe in ihnen grüne Wiesen, ein weites Land. Das ist es was ich dir bieten kann, ich kann dir Freiheit schenken."

Sein Atem streifte meine Haut. Leicht schwebten seine Lippen über meinen so als wolle er mich ärgern, dann legten sie sich besitzergreifend auf meine. Alles in mir explodierte, pures Glück schien durch meine Adern zu fließen.

"Ist es dir eigentlich gestattet die Prinzessin zu küssen?" Drängte sich eine Stimme in meine Gedanken.

"Genau deshalb wollte ich nicht mit ihm reisen." Brummte Jared.

"Bist du denn wirklich ein Soldat?" Edwin war mit Zora zurück gekehrt jeder hielt einen Hasen in der Hand.

"Ich sehe kein Hindernis, als der beste General des Königs." Antwortete ich lächelnd in Jareds Richtung.

"Nicht dein Ernst, ehrlich General? Wir haben komplett verspielt." Theatralisch verdrehte er die Augen und verzog sein Gesicht.

Ich musste lachen und bemerkte erst später, dass er mich ansah.

"Weißt du Prinzessin, irgendwas hat sich in deinem Blick verändert."

Ich verstummt, nicht ganz sicher was er meinte.

"Versteh mich nicht falsch, es ist nur seit ich das erste Mal in deine Augen sah, war es wie ein Strudel, jetzt geht es. Ich finde sie schön, aber mich überkommt nicht das Bedürfnis-"

"Hier sind Kinder anwesend und ich bezweifle das Vienna wissen will, wann du welche Bedürfnisse verspürst." Unterbrach ihn Jared.

Ich begann zu grübeln. Hatte meine Wirkung oder mein Fluch nachgelassen? Könnte ich bald mich mit Männern normal unterhalten und ihnen in die Augen sehen ohne etwas zu befürchten? Aber woher kam dieser Wandel?

"Hast du gut hingekriegt jetzt denkt sie wieder über alles nach." Brummte Jared während er bei dem Braten der Tiere half.

"Etwa über meine Bedürfnisse da kann ich dir alles beantworten, dann musst du nicht grübeln. Sonst bekommt deine hübsche Stirn Falten." Edwin zwinkerte mir zu und musste einen Seitenhieb von Jared einstecken.

Es war lange her seit ich das letzte Mal so gelacht hatte. Mir war egal was noch kommen würde, mit ihnen hatte ich das Gefühl alles zu schaffen.









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