Achtzehn

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Mit offenem Mund starrte ich Jared an. Er hatte es mit einer solchen Glaubwürdigkeit gesagt, dass selbst ich für einen Augenblick davon überzeugt war.

"Wir kennen uns schon viele Jahre und jetzt sind wir endlich verlobt."

Er benutzte einfach schamlos meine Worte, die ich damals an die nette Frau richtete, die mir die Haare gemacht hatte.

Stille hatte sich ausgebreitet. Dann bemerkte ich den Blick von Zora. Mit beinahe riesigen Augen besah sie mich von oben bis unten. Ich konnte ihren Blick nicht wirklich deuten.

Kaum hatten wir Augenkontakt fixierte sie sofort das Feuer. Langsam überkam mich noch mehr die Neugier, was hatte es mit den Beiden auf sich?

Plötzlich lachte Edwin laut los.
"Wieso hast du so lange gewartet mein Guter? Sie ist eine Schönheit, was hat dich zurück gehalten?" Seine Augen hefteten sich an meine. Er sah mich direkt und ohne Scheu an, ganz leicht veränderte sich der Ausdruck in ihnen, weshalb ich genauso schnell wie Zora weg sah.

"Ich hatte noch einen Dienst zu erfüllen."

Wo kam nur seine Redseligkeit her? Wenn er jetzt noch erwähnte, dass er General für den König war, würden sie nur noch mehr Fragen stellen. Fragend betrachtete ich Jared. Worauf wollte er nur hinaus? Weshalb gab er ihm so viele Informationen?

"Ich dachte an der Grenze wäre es noch nicht vorbei." Ratlos betrachtete er Jared sehr aufmerksam, für meinen Geschmack etwas zu aufmerksam.

"Das sind nur Gerüchte. Gekämpft wird da schon lange nicht mehr."

Ich horchte auf. Log er oder stimmte es? Vater schwor darauf, dass an der Grenze noch viel Unruhe herrschte, aber langsam waren alle Worte meines Vaters ein großes Rätsel für mich.

"Dann sollten wir euch wohl gratulieren. Wo geht denn eure Reise hin?" Aus den Augenwinkeln bemerkte ich wie Edwin mich wieder ansah. Langsam gefiel mir die Art seines Blickes nicht mehr. Es entwickelte sich wie damals. Damals als ich zum ersten mal jemanden getötet hatte.

"Ach wir wollten einfach über die Berge und weiter. Vielleicht bis zum Meer." Mit einem warmen Blick sah mich Jared an, doch nicht deshalb schlug mein Herz schneller. Viel mehr blieb das Wort Meer bei mir hängen.

Noch nie hatte ich es gesehen. Einmal hatte ein Künstler mir, der kränklichen Prinzessin, ein Bild von dem Meer geschenkt. Stunden hatte ich es betrachtet und die Amme ausgefragt.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es so viel Wasser auf einmal geben sollte.

Edwin riss mich aus meinen Gedanken. "Na da habt ihr noch eine Strecke vor euch."

Es wurde nicht mehr viel geredet schnell kamen wir überein, dass es spät war und wir schlafen sollten. Ich war für die Idee mit Zora im Wagen zu schlafen. Natürlich stellte sich Jared quer.

"Ich habe dich dann nicht im Blick."

"Sie wird mir schon nichts tun, vertrau mir." Im Gegensatz zu ihm gab ich mir Mühe sehr leise zu sprechen.

"Wenn wir Glück haben sind sie morgen früh weg."

"Scht, sie können dich hören!" Zischte ich noch leiser zurück. Doch er schenkte mir nur einen dunklen Blick.

"Das war auch meine Absicht. Wir haben ihnen zu Essen gegeben und sie unterhalten. Das Mindeste was sie tun könnten wäre vor Sonnenaufgang zu verschwinden."

Ich trat ihm so plötzlich gegen sein Schienbein, dass es selbst mich überraschte, noch nie hatte ich Gewalt eingesetzt, außer meinen Frost.

Mit großen Augen sah er mich an. Er hatte sogar zu einem Fluch angesetzt es sich dann doch verkniffen.

"Wir machen es wie ich es gesagt habe." Damit winkte ich Zora hinter mir her, die nur ganz kurz zu Edwin zurück sah ehe sie mir folgte.

Im Wagen machten wir es uns so gut es ging gemütlich. Zora lag mit dem Rücken zu mir.

Irgendwie hatte diese Nähe etwas vertrautes, fast als würde ich mit meiner Schwester liegen. Es war kein Geheimnis dass ich mit keiner meiner beiden Schwestern besonders herzliche Gefühle teilte.

"Es muss schön sein zu erfahren, dass es noch mehr Menschen gibt die einen lieben." Setzte ich leise an. Fast unmerklich zuckten ihre Schultern, doch sie blieb still. Also sprach ich einfach weiter.

"Weißt du, für mich ist es das erste mal, dass ich mein Zuhause verlasse. Ein bisschen wie bei euch. Es ist toll so viel zu sehen."

Eigentlich brachte es nicht viel mit ihr zu reden, doch ich wollte diese Dinge einfach mal aussprechen. Ich wollte nicht vor Jared zugeben wie sehr ich diese Reise genoss und dass ich es als kleines Abenteuer empfand.

Die restliche Nacht verlief ruhig. Zu Jareds Bedauern waren unsere beiden Gäste am Morgen noch anwesend. Seine Wut war greifbar und sein gereizter Zustand hielt an.

Er wollte Edwin weder neben sich auf der Bank haben noch hinter sich im Wagen. Denn ich hatte beschlossen die beiden ein Stück mitzunehmen, ich konnte das Gefühl nicht benennen aber irgendwas an Zora war da was mich nicht los ließ.

Tja da Jared den jungen Mann viel weniger hinter sich als neben sich haben wollte saßen die Beiden nun vorne, während Zora und ich unsere Beine ausstreckten. 

Ich massierte meine Hände so gut es ging durch die Handschuhe. Meine Haut juckte und am liebsten hätte ich sie mir weg gerissen. Zoras Augen hafteten an meinen Händen.

Hastig beendete ich es in dem ich die Hände unter meine Beine drückte.

"Ihr solltet euch lieber rechts halten."
Erklang plötzlich Edwins Stimme.

"Ich weiß wo es lang geht, wenn es euch nicht passt könnt ihr laufen." Erwiderte Jared. "Wir werden erst mal auf keine Dörfer treffen."

Mir war aufgefallen, dass sich Jared immer wieder an Schulterblatt kratzte, ungefähr dort wo der Pfeil gewesen war. Dann dämmerte es mir langsam. Seine Fäden hielten noch immer die Wunde zusammen, wahrscheinlich wurden sie langsam ungemütlich.

Edwin blieb ruhig während er fortfuhr. "Es wäre aber kürzer und einfacher über die Berge. Wenn wir Glück haben stoßen wir auf einen Bach."

Zoras Blick wirkte unruhig. Etwas beunruhigte sie, ob es Jareds Worte gewesen waren? Hatte sie Angst alleine mit ihrem Bruder im Wald herumzuirren? Ihre Kleidung war dreckig und der Saum des Rocks zerrissen.

"Keine Sorge wir lassen euch nicht im Wald zurück." Beruhigte ich sie.

"Da wär ich mir nicht so sicher." Grollte Jared. Ich verdrehte die Augen und entlockte Zora ein kleines heben der Mundwinkeln. 

"Schon gut wir wollen keinen Streit unter zwei Liebenden provozieren." Bei seinen eigenen Worten lachte der blonde Mann.

"Jared lass es uns versuchen. Wenn es dort wirklich einen Bach gibt, können wir unseren Wasservorrat auffüllen." Redete ich ihm gut zu.

Sehr widerwillig begann er sich rechts zu halten und sehr bald erreichten wir tatsächlich Gewässer.

"Wenn du magst, können wir uns mit dem lenken des Wagens abwechseln, dann kannst du dich auch mal ausruhen." Schlug ihm Edwin beim Holz sammeln vor.

"Lieber steche ich mich selber ab." War die einzige Antwort die er erhielt.







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