Vierzehn

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Mir war nicht mehr bewusst wie lange wir gingen. Immer wieder hielten wir an und studierten die Karte, so wie weitere Aufzeichnungen, die wir erhalten hatten. Seit wir aufgebrochen waren hatte Jared kein Wort mit mir gesprochen, weshalb mein schlechtes Gewissen nur noch schlimmer an mir nagte.

Nachdem Jared von Shea verlangt hatte ihm von dem Menschen mit dem Wissen über mich zu erzählen, waren wir in ihren Wagen gestiegen.

Er war abgedunkelt und nur sehr schwach drang etwas von dem hellen Sonnenlicht hinein. Drinnen herrschte zudem ein reges Chaos, viele Bücher und Pflanzen waren zerstreut. Andere Pflanzen hingen von der Decke und trockneten schon ziemlich lange vor sich hin.

Ein Käfig erregte meine Aufmerksamkeit, die Stäbe waren alt und verrostet, dennoch sprang ein kleiner Vogel herum. Freudig zirpte er auf als er seine Herrin erblickte. Was mich am meisten an dem Vogel fesselte war sein leuchtend blaues Gefieder.

Shea brauchte etwas, um alle Papier zusammen zu tragen, die sie über den Aufenthaltsort dieser besagten Person hatte. Selbstverständlich gefiel es Jared nicht, sich an ungeprüfte Pläne zu richten. Es stellte sich heraus, dass Shea die Person noch nie mit eigene Augen gesehen hatte, weshalb sie ihre wertvollen Aufzeichnungen nicht umsonst hergeben wollte.

Jared versuchte es mit allen erdenklichen Einwänden wie, sie sei es mir schuldig nachdem was am Wasser geschehen war. Doch Shea winkte einfach ab, wir hätten schließlich Essen bekommen, Kleidung und ich hätte mich auch schon an dem Mann gerächte. Jared hatte geahnt was sie wollte und gab irgendwann nach.

Seit dem lief er still vor mir her. "Tut mir leid." Nuschelte ich, um wenigstens etwas die Stille zwischen uns zu brechen.

Er reagierte nicht mal drauf. "Stimmt, wofür entschuldige ich mich eigentlich? Ich habe dich nie gebeten dein Pferd für die Informationen einzutauschen. Zudem weiß ich wirklich nicht was dich da geritten hat, was bringt es dir wenn wir dort hingehen?"

Er blieb so abrupt stehen, dass ich fast gegen ihn lief, mit einem mal drehte er sich zu mir um und sah mich leicht wütend, nein eher genervt an. "Wie recht du doch hast. Ich weiß genauso wenig aus welchem Grund ich versuche dir Seelenfrieden zu bringen. Was für ein dummer Gedanke, dies doch nur von mir war, dir zu helfen damit du nicht immer erzittern musst, wenn dir jemand zu nahe kommt."

Bei seinen Worten war er mir nahe gekommen, erst wich ich zurück bis ich stolperte und drohte mein Gleichgewicht zu verlieren. Da schlangen sich seine langen Finger um meinen Ellbogen. Er berührte zwar nicht meine Haut, doch sofort breitete sich eine unbegreifliche Wärme von seiner Hand in mir aus.

Doch noch viel mehr war ich bemüht seine Worte zu verstehen. Sofort sah ich ihm in die Augen in der Erwartung die Lüge hinter seinen Worten zu finden. Seine dunklen Augen sprachen jedoch nur von Aufrichtigkeit. Dieser zurückhaltende, sonst so harsche Mann vor mir meinte es wirklich ernst.

Für einen Wimpernschlag öffnete er leicht seinen Mund, so als wolle er noch etwas hinzufügen, dann glitt sein Blick kurz zu Boden, seine Augen kniffen sich zusammen und er überlegte es sich anders. Schnell ließ er von mir ab, um unseren Weg fortzusetzen.

Verwirrt sah ich zu Boden, doch da war nichts was ihn hätte aus dem Konzept bringen können. Da war nichts, außer eine frische grüne Wiese mit herrlichen Blumen.

Schnell machte ich mich daran dem jungen Mann zu folgen, den ich einfach nicht verstehen konnte. Da er für seine Verhältnisse ziemlich viel gesagt hatte, schwieg er beim Gehen.

Ich nutzte den Moment ihm beim hinterher Laufen zu betrachten. Mir waren nie seine breiten Schultern aufgefallen. Das er einen ganzen Kopf größer war als ich fiel dagegen sofort auf.

Er hatte die Satteltaschen behalten und trug sie nun selber über der Schulter.

"Wo genau werden wir hingehen?" Brach ich das Schweigen. Mir war schnell langweilig geworden, ihm stumm nachzulaufen und meinen Gedanken kreisen zu lassen brachten mich nicht weiter. Entweder dachte ich an meinen Vater, von dem ich nicht verstand warum er das tat was er tat. Oder ich dachte an Jared und daran wie tragisch sein Leben durch mich eine Wendung genommen hatte.

Eigentlich hatte ich nicht erwartet von ihm etwas zu hören, doch da zeigte er sich anders.
"Wir werden bis zu den Bergen laufen müssen, wenn wir Glück haben können wir bei jemanden mitfahren."

In meinem Bauch begann es zu kribbeln. Die Berge. Aus den Fenstern des Schlosses konnte ich sie höchstens in der Ferne erahnen und nun waren sie das Ziel unserer Reise.

"Du hast sie noch nie gesehen, oder?" Damit riss mich Jareds Stimme aus den Gedanken. "Es ist nicht so, dass es da sonderlich viel zu sehen gäbe, der Weg wird einfach immer beschwerlicher."

Er hatte seine Schritte verlangsamt sodass wir gleich auf waren. Nun konnte ich ihm wenigstens von der Seite ins Gesicht sehen.

Plötzlich griff er nach meinem Arm und riss mich hinter sich. Wie eine Mauer stand er vor mir ohne meinen Arm loszulassen. Erst verstand ich nicht was plötzlich passiert war, als auch ich das leise Getrappel von Hufen hörte.

"Was ist, wenn es die Jäger sind?" Flüsterte ich voller Angst.
"Dann sind sie nur mit einem Pferd unterwegs." Erwiderte er.

Überrascht lauschte ich. Wie konnte er heraus hören wie viele es genau waren? Zu viel Distanz lag zwischen uns und dem Geräusch, ich war mir noch nicht mal sicher ob es auch wirklich auf uns zu kam.

Nicht lange und wir sahen ein Pferd wahrhaftig auf uns zu kommen, hinter sich zog es einen Wagen. Es verwirrte mich, dass Jared noch immer seelenruhig stehen blieb und wartete.

Damals als wir auf Shea und ihre Leute trafen, war er der unruhige diesmal war es anders herum. Seit ich von diesen Jägern wusste überkam mich die Angst. Natürlich wirkten wir verdächtig.

Noch überraschender war, dass Jared einen Schritt machte und sich somit in den Weg des Tieres stellte, weiterhin meinen Arm fest in seinem Griff.

Als das Pferd kurz vor uns zum stehen kam erkannte ich es wieder. Vor uns stand Jareds schwarzes Pferd hinter sich einer der Wagen, die die Fahrenden immer hatten.

Sanft strich Jared ihm zwischen den Augen. "Ich wusste auf dich ist verlass alter Freund."
Bei seinen Worten überkam mich der Schock.

"Du hast gewusst, dass er kommen würde?"

Mit einem kurzen Seitenblick zu mir machte er sich auf den Weg zum Wagen, um dort den Sattel hinein zu laden. Es war einer der Wagen, die eher ein Karren waren über die dann in einem Bogen Stoff bespannt war. Drinnen fanden sich einige Kisten mit Nahrungsmittel wieder.

"Mein Pferd ist besser als jeder Hund. Es wäre niemals ein fairer Tausch gewesen, deshalb wollte sie ihn mit allen Mitteln haben. Pech, dass er nur mir folgt."

Er setzte sich auf den Wagen und nahm die Zügel in die Hand, dann reichte er mir seine Hand entgegen, um mir rauf zu helfen.

"Alles ist besser als laufen. Schade, dass wir noch mehr aufpassen müssen."

Fragend hob ich meine Augenbrauen. Mit einem Grinsen, welches ich noch nie an ihm gesehen hatte, ich hätte noch nicht mal gedacht, dass seine Mundwinkeln überhaupt in der Lage waren sich nach oben zu bewegen, erwiderte er.

"Niemand legt die Fahrenden ungestraft rein."



Frühlingsfrost Where stories live. Discover now