Dreiundzwanzig

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Mehrmals musste ich blinzeln bis ich wieder ganz bei mir war. Die rechte Seite unter meinem Schulterblatt schmerzte, ich rieb meine Schulter und sah mich dabei um. Das Zimmer erinnerte mich an das aus der Hütte. Doch war es etwas reicher ausgestattet, verfügte über einen üppigen Kamin und große Fenster.

Erschöpft legte ich mich zurück in die Kissen. Wo war ich nur? Was genau war passiert? In mir arbeitete es und dennoch konnte ich mich nicht erinnern, in meinen Gedanken war nur ein dunkles, großes Loch.

Das Nächste was ich hörte waren Schritte, mühsam drehte ich meinen Kopf zur Tür. Eine alte Frau kam herein, in den Händen hielt sie ein Tablett. Sie stellte es neben dem Bett auf einem Tisch ab und half mir mich auf zusetzen, dann hielt sie mir eine Schüssel mit einer warmen Flüssigkeit hin und ich trank.

Ich kam noch nicht mal dazu etwas zu fragen, viel zu träge war meine Zunge. Ohne ein Wort verließ sie wieder das Zimmer und meine Augen wurden schwer. Als ich das nächste mal erwachte, stand jemand am Bett.

Mit kalten Augen besah er mich, es stimmte nicht ganz, nur ein Auge war intakt. Sein Gesicht kam mir so bekannt vor und plötzlich lichtete sich der Nebel in meinem Kopf. Ich wäre am liebsten sofort aufgesprungen, doch mein Körper war schwer.

"Du musst mir verzeihen, ich hatte dich sicher nicht verletzten wollen, aber du hast mir keine andere Wahl gelassen. Mach nicht so ein Gesicht, es wird nicht mal eine kleine Narbe auf deiner hübschen Haut bleiben. Noch nicht."

Mir wurde schlecht. Er war krank, einfach nur krank!

"Du wirst bei mir bleiben." Er sah mir lange in die Augen ehe er weiter sprach. "Es sind deine Augen, die mich schon damals wahnsinnig gemacht haben und sie haben in all der Zeit noch immer nicht ihre Wirkung verloren. Wir hätten damals glücklich werden können."

Er war nicht nur krank, er war wahnsinnig, er musste seinen Verstand verloren haben!

Ich spürte die Tränen nicht, die mir über die Wange liefen, doch er sah sie sofort.

"Du brauchst nicht weinen, noch werde ich die Zeit mit dir genießen, du wirst sehen ich werde sehr nett mit dir sein. Mir ist es sogar nicht wichtig was du mir angetan hast, solange ich dich habe. Schlaf dich jetzt aus."

Er kam bis zur Tür ehe er inne hielt. "Ach und solltest du auf dumme Ideen kommen oder die Nahrung verweigern, werde ich mich nicht davor scheuen deine kleine Freundin umzubringen." Dann war er weg.

Larus hatte Zora, hatte sie es wirklich nicht geschafft? Nun musste ich hier bleiben und nach einer Möglichkeit suchen mit Zora zu fliehen. Wieso nur war mein Körper so schwer?

Ein weiteres mal sank ich in den Schlaf, ehe mich wieder die selbe Frau weckte um mir wieder eine Brühe ein zu flößen. Die warme Flüssigkeit breitete sich in meinem Körper aus.

Ich dachte noch daran, wie müde mich diese Suppe machte, dann war ich wieder eingeschlafen.

Diesmal träumte ich, immer wieder durchlebte ich die Momente von damals, bis ich durchgeschwitzt auf schrak.

Irgendwas stimmte nicht, ich fühlte mich wach und ausgeschlafen und niemand kam um mir etwas zutrinken zu bringen. Achtsam bewegte ich meine Beine, meine Zehen, meine Arme und Finger, alles war an seinem Platz und gehorchte mir.

Etwas zu übermütig sprang ich aus dem Bett, nur um dann wie angewurzelt stehen zu bleiben. Ganz kurz wankte der Raum um mich herum.

So leise wie möglich schlich ich an eines der hohen Fenster, vor die schwere, dunkle Vorhänge geschoben waren. Draußen war es dunkel, jedoch nicht zu dunkel, der Mond schien hell genug.

Doch mir machte etwas ganz anderes Unbehagen. Als ich an der Fassade hinab sah merkte ich dass ich mich in einem beachtlichen Anwesen befand. Hier würde ich nicht so einfach den Weg heraus finden, besonders weil ich mich in den Fluren nicht auskannte.

Ich hatte keine Zeit lange abzuwägen ob es machbar war aus dem Fenster zu steigen und ob die Laken und das von mir abgerissene Stück Stoff, was einst an den Pfosten des Himmelbetts fest war, bis zum Boden reichen würde.

Ich tat einfach, band alles zusammen, befestigte ein Ende am Bett und warf den Rest hinunter, ich fühlte mich wie im Wahn. Bevor es hinab ging prüfte ich meine Beinfreiheit, man hatte mir ein Nachthemd angezogen, welches nur wenig Raum bot, schnell riss ich es an einer Seite weit auf, so dass der Riss bis nach oben zu meinem Schenkel reichte.

Der Schmerz wanderte von meiner Schulter hinab zu meinem Rücken, dennoch biss ich die Zähne zusammen und begann zu klettern. Bei der Hälfte des improvisierten Seils stand mir schon der Schweiß auf der Stirn und lief mir unangenehm den Rücken hinab. Mein rechter Arm wurde taub, einmal rutschte mir die Hand ab und ich drohte zu fallen. Nur mit viel Glück und noch mehr Willen schaffte ich es mich mit links zu halten.

Am Ende des Seils fehlte noch ein sehr gutes Stück bis zur Erde. Ich schaukelte hin und her, nahm einmal tief Luft, leerte meinen Kopf und ließ los.

Der Fall war nichts im Vergleich zum Aufprall. Kurz hatte ich es geschafft auf den Füßen zu landen, war dabei auf zu atmen, da knickten mir die Beine weg und ich landete hart mit meinem ganzen Gewicht auf der Erde. Alles an Luft entwich mir und führ einen Augenblick bestand mein Körper nur aus Schmerz, so dass es um mich herum schwarz wurde.

Als ich wieder die Augen aufschlug, hatte ich kein Gefühl für die Zeit. Wie lange lag ich schon so im Gras? Mühsam drehte ich mich auf die Seite und kam auf. Nach kurzem Umsehen entschied ich mich erst einmal auf die Hecken zu zulaufen und mir dann einen Plan zu überlegen wie ich Zora aus dem Anwesen heraus bekommen sollte.

Die Hecke stellte sich als ein Labyrinth heraus. Ich hatte nicht vor zu weit hinein zu laufen, doch dann raschelte es ganz in meiner Nähe und Hunde begannen zu bellen. Nach allem was geschehen war überfiel mich einfach die pure Panik. Ich wollte nicht zurück zu Larus, ich wollte nicht wieder in dem Zimmer betäubt vor mich hin liegen, hilflos seinen Berührungen und Launen ausgeliefert.

Nach gut dutzend Ecken kam ich zum Stehen, keuchend versuchte ich meine Atmung zu beruhigen. Es war wieder einer dieser Momente wo ich mir Jared an meine Seite wünschte, was war nur mit ihm passiert? Noch immer verließ die Luft nur stoßweise meinen Körper.

Als ich mich setzten wollte, legte sich von hinten eine Hand um meinen Mund und zog mich hinter eine weitere Hecke.








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