~Zu dreckig für den Schrank, zu sauber für den Wäschekorb ~

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Willkommen auf "dem Stuhl".

Lace

Sobald Louis einmal angefangen hatte mir Klamotten herauszuziehen und anzuhalten hörte er gar nicht auf. Er schien eine beinah schon kindische Freude daran zu haben zu entscheiden, was mir stehen könnte und was nicht.

Ich stand den Großteil der Zeit bloß daneben und ließ ihn gewähren. Was sollte ich auch sonst tun? Meine Vorschläge ignorierte er oder tat sie ab und ich hatte wirklich keine Lust, mich mit dem Designer zu streiten.

Irgendwann, als wir uns dem letzten Kleidungsstück näherten, schöpfte ich neue Hoffnung. Und tatsächlich, nachdem das letzte Oberteil angehalten und aussortiert worden war setzte Louis sich auf die Couch und tupfte sich mit einem Tuch, welches er aus einer Tasche gezogen hatte, die Stirn.

Ich ließ mich schwer neben ihn fallen und betrachtete die Klamotten, die er an verschiedene, zuvor noch leere, Kleiderstangen gehängt hatte. Die einen waren für die aussortierten Klamotten, die anderen für die, die ich behalten sollte.  

Zu meinem Verdruss waren unter meinen Anziehsachen auf solche, die sich als bunt oder sehr hell beschreiben ließen. Dennoch war ich froh, dass der größte Teil der farbenfrohen Stücke aussortiert worden war.

Eine ganze Weile saß ich neben Louis und starrte an die weit entfernte Decke meiner Wohnung. 

"Wieweit ist eigentlich mein Büro?", murmelte ich irgendwann erschöpft.

Shoppen war, selbst wenn es zuhause war, viel zu anstregend.

"Fast fertig", antwortete Louis mir nach einigen Sekunden des zögerns.

Er schien sich plötzlich neben mir zu winden, fast so als würde er mit sich selbst kämpfen, ob er etwas anfügen sollte oder nicht. Die Entscheidung nahm ich ihm dann aber ab, nachdem ich mich schwerfällig auf den Bauch gedreht hatte, um ihn anzuziehen.

"Gibt sonst noch etwas, was du mir erzählen oder sagen möchtest?"

Kurz wurde es Still.

"Ich habe bei den Arbeiten an deinem Büro zufälligerweise deinen Partner getroffen. Falls du je Schwierigkeiten mit dem, entschuldige den Ausdruck, aufgeblasenen Idioten haben solltest, dann kannst du dich gerne an mich wenden."

Ich nickte stumm und lächelte.

"Danke."

Louis lächelte zurück.

"Das macht man doch so unter Freunden, oder? Außerdem kann es doch nie schaden, jemanden mit einer so hohen Punktzahl auf der eigenen Seite zu haben."

Kurz überlegte ich, ob ich wegen seiner letzten Satzes beleidigt sein sollte, entschied mich dann aber dagegen und grinste zurück.

"Es kann auch nie schaden, mit einem Designer befreundet zu sein, auch wenn er manchmal sehr exzentrisch sein kann."

Zuerst schmollte Louis, dann grinste er. Ein paar Minuten saßen wir bloß nebeneinander, dann sprang der ältere plötzlich vom Sofa auf.

"Lass uns die Klamotten hochbringen und dann etwas kochen, ich verhunger sonst."

Mit eindeutig weniger Energie als mein neu gewonnener Freund rollte ich von dem Möbelstück und hob eine der Kleiderstangen an einer Seite hoch. Gemeinsam brachten wir die 4 viel zu langen Stangen hoch, dann machte ich mich daran die Klamotten einzusortieren und Louis forderte Pagen an, die die restlichen Stangen wieder wegbrachten.

"Es tut gut, manchmal selbst anzupacken", antwortete Louis als ich ihn fragte, weshalb er nicht einfach nach Pagen gerufen hatte, um die Stangen hoch zu befördern. 

Eine weitere halbe Stunde später standen wir in der Küche und stritten uns darum, was gekocht werden sollte. Louis forderte irgendeine Speise, die sich für mich irgendwie giftig anhörte, und ich wollte ganz einfach Mac 'n cheese machen. 

Eine ganze Weile später servierte ich mein absolutes Lieblingsgericht und Louis schmollte schon wieder. Damit hörte er jedoch auf, sobald er etwas von den Makkaroni mit Käse gegessen hatte.

"Oh mein Gott, ist das gut. Ich brauche das Rezept. Oder, streich das. Schenk mir eine Portion davon zum Geburtstag. Möglichst so groß, dass ich 365 Tage lang, Morgens, Mittags und Abends etwas hier von essen kann."

Ich nickte bloß mit vollem Mund und grinste vollkommen zufrieden damit, mal meine Meinung durchgesetzt zu haben. Während des weiteren Verlaufs des Essens fand ich heraus, dass Louis drei Portionen essen konnte und gleichzeitig dazu in der Lage war, wir ein Wasserfall und ohne Punkt und Komma zu sprechen.

In der halben Stunde, die wir zusammen saßen erfuhr ich mehr Gerüchte über verschiedene Personen der Oberschicht als je zuvor. Dabei schien Louis Lieblingsthema die Familie Raven zu sein.

Thornes Mutter, Emilia, ging anscheinend fast jeden Tag shoppen. Sie war eigentlich Mitglied der Mittelschicht, hatte jedoch durch Kontakte ihres Vaters, ein Oberschichtler, die Chance bekommen Thorne Raven senior zu heiraten. Der jüngste Spross der Familie war anscheinend wie seine Mutter ein Mittelschichtler, obwohl alle damit gerechnet hatten, dass der ein ähnliches Ergebnis wie sein Bruder erreichte.

Papa Raven war angeblich so enttäuscht von seinem Sohn, dass er sich weigerte über ihn zu sprechen. Doch auf Thorne junior war er angeblich auch nicht gut zu sprechen. Im Laufe der Erzählungen erfuhr ich, dass es öfter vorkam, dass von Thorne Raven senior und Thorne Raven gesprochen wurde, als dass man von Thorne Raven und Thorne Raven junior sprach.  

Als ich Louis am Ende des Tages verabschiedete dröhnte mein Schädel vor Informationen über die High-Society. Müde beschloss ich, etwas fern zu sehen und mich so von meinen Gedanken abzulenken. Doch so sehr ich es auch versuchte, ich musste immer daran denken, dass heute Mittwoch war und bald der nächstes Montag anstand und ich dann auf Leute traf, die ich nicht kennenlernen wollte und dann Smalltalk von mir erwartet wurde und...

Ich stand auf und suchte mir in den Regalen eines der noch gut erhaltenen Bücher heraus. Demian von Hermann Hesse, ein Werk aus den 1910ern, wenn ich richtig lag. Dann ging ich hoch, setzte mich in mein Bett und hoffte, dass die Geschichte des Emil Sinclair meine Gedanken von mir fernhalten würde.

Und tatsächlich, während ich immer mehr über Emil und die dunklen Seiten seines Lebens erfuhr dachte ich kein einziges Mal an etwas anderes außer an das Buch. Und irgendwann in den frühen Morgenstunden schlief ich dann ein.

Den nächsten Tag verbrachte ich mit Sport, backen und lesen. Es war überraschend entspannend, einmal niemanden um sich herum zu haben. Ich hatte alle Zeit der Welt, musste nicht umherhetzten oder jemandem bei irgendetwas helfen.

Doch schon am Abend war mir langweilig. Was machte man, wenn einem langweilig war? Genau, Serienmarathon. So endete ich, in einer Jogginghose, die ich wissentlich vor Louis versteckt hatte, und einem viel zu großen Oberteil, von dessen Existenz der Designer ebenfalls nichts ahnte, auf dem Sofa.

Mit Limonade und Red Velvet Kuchen bewaffnet sah ich mir 'Lucifer' an, einer Serie die vom Teufel handelte, der als ziviler Berater beim LAPD half, Mordfälle zu klären. Es wunderte mich wirklich, wie viele Serien es noch aus den Zeiten vor dem dritten Weltkrieg gab.

Die Auswahl war schier endlos, genauso wie bei Filmen und Musikern. Doch damit würde ich mich an einem anderen Tag beschäftigen, beschloss ich nach der achten Folge. Müde putzte ich meine Zähne und fiel ins Bett.

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Die erste Hälfte des Versprechens ist abgearbeitet. Yay!

Kann mir jemand gute Bücher empfehlen? Ich lese momentan Shining Girls, danach bin ich Buchlos (Neologismus oder existiert das Wort schon?). 

Over and Out, _Amnesia_Malum_

2095 - ᴡɪᴇ ɢᴜᴛ ʙɪꜱᴛ ᴅᴜ ᴡɪʀᴋʟɪᴄʜ?Where stories live. Discover now