~Wenn man jemanden zu lange im Dunkeln lässt~

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~so wird sie sich irgendwann ein neues Licht suchen~

Lace

Überfordert beobachtete ich meinen Zwilling dabei, wie sie sich ihren Weg durch die Menge sucht. Vor der Tür drehte sie sich ein letztes Mal zu mir um, dann verschwand sie hinter dem dunklen Holz.

Nervös für ich mir durch die Haare, dann stupste ich Thorne an, der immer noch das merkwürdige Gespräch mit dem seltsamen Typen führten.

"Ich habe gerade jemanden gesehen, den ich unbedingt begrüßen möchte. Ich bin gleich zurück", murmelte ich leise, dann verschwand ich in der Menge.

Langsam schob ich mich auf die Tür zu. Als ich davor stand sah ich mich ein letztes Mal um, dann betrat auch ich den Raum durch einen schmalen Spalt. Der Raum dahinter war schlecht beleuchtet, klein, ein paar alte Stühle waren in einer Ecke aufeinander gestapelt worden, ein kaputtes Sofa stand ihnen gegenüber.

Anja stand inmitten all der Sachen und lächelte mich strahlend an. Ich lächelte zurück.

"Hi, Großer", murmelte sie dann und überbrückte den Abstand zwischen uns.

Ich schloss meine Schwester in die Arme.

"Hi, Kleine."

Ich vergrub meinen Kopf vorsichtig in ihren Haaren. Dabei konnte ich kaum fassen, dass sie tatsächlich hier war. Es war so unwirklich. 

Als sie sich schließlich von mir löste ließ ich sie nur widerwillig gehen.

"Ich konnte es nicht fassen, als ich dich hier gesehen habe. Ich weiß, ich hätte damit rechnen sollen, aber trotzdem..."

Der Satz hing unvollendet zwischen uns in der Luft.

"Ich bin auch froh, dich zu sehen", gab ich schließlich zurück.

Ihr Lächeln wurde noch etwas breiter und mir fiel auf, wie sehr ich dieses Lächeln vermisst hatte. Wie sehr ich sie vermisst hatte. 

Doch trotz meiner Freude schob sich ein anderer Gedanke in den Vordergrund und ich runzelte unwillkürlich die Stirn.

"Tut mir leid, dass ich frage, aber was machst du hier?"

Ihr Lächeln brach in sich zusammen und sie spiegelte meinen Gesichtsausdruck.

"Warum fragst du?", fauchte die zurück.

Automatisch trat ich einen Schritt zurück. Stimmungsschwankungen waren nichts, woran an ich mich im Zusammenhang mit meiner kleinen Schwester erinnerte.

"Neugier, nehme ich an", murmelte ich dann in versöhnlichem Ton und zuckte scheinbar entspannt mit den Schultern.

Doch innerlich beobachtete ich jede ihrer Regungen. Als sie sich etwas entspannte tat ich es ihr gleich, meine Wachsamkeit ließ jedoch nicht nach. Etwas an ihr war anders. Nicht nur wirkte ihre gesamte Haltung anders, auch der Ausdruck ihrer Augen wirkte ungewohnt. Wie konnte ich nicht sagen. Nur anders.

"Ich bin mit meinem Verlobten hier."

Ich hielt meine Gesichtszüge neutral- das hatte ich mir bei Thorne abgeschaut- und nickte scheinbar verständnisvoll, als würde das alles erklären. Doch meine Gedanken rasten. Mit wem, in Teufels Namen, hatte meine Schwester sich eingelassen, um plötzlich eine der exklusivsten Partys zu besuchen?

Ich sollte mich für sie freuen, aber der Gedanke machte mich unruhig. Irgendetwas lief da nicht richtig.

"Und was machst du hier?"

Ich runzelte wieder die Stirn. War das nicht offensichtlich?

"Ich unterstütze einen guten Freund."

2095 - ᴡɪᴇ ɢᴜᴛ ʙɪꜱᴛ ᴅᴜ ᴡɪʀᴋʟɪᴄʜ?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt