~Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser~

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Lace

Ein wenig beunruhigt über die mögliche Kreation, die Louis mir geschickt hatte, öffnete ich den Kleidersack und zog vorsichtig den Anzug heraus. Bei genauer Betrachtung stellte ich fest, dass es sich nicht bloß um einen Anzug handelte. Viel eher war es Smoking.

Das Jackett war mattschwarz, die Seide am Revers von einem dunklen grau. Dabei lag ein weißes Oberhemd, ebenfalls mit dunkelgrauen Manschettenknöpfen. Die Hose war aus dem gleichen Stoff und von der gleichen Farbe wie das Jackett. Dabei lag eine einfache, silberfarbene Fliege und ein Kummerbund im gleichen Farbton.

Ein wenig davon überrascht, dass der Smoking tatsächlich meinem Stil entsprach starrte ich hinab. Je länger ich den teuren Stoff ansah, desto unruhiger wurde ich. Denn mir wurde eins klar: Ich gehörte zur Oberschicht.

Ich hätte es schon viel früher bemerken sollen, aber einen solchen Smoking zu sehen hatte den Schalter endgültig umklappen lassen. Langsam ließ ich mich auf dem Bett nieder und versuchte nicht zu angestrengt daran zu denken, wem ich am heutigen Abend begegnen könnte.

Eine ganze Weile saß ich bloß da, starrte Löcher in die Luft und versuchte nicht daran zu denken, was ich heute alles für mich versauen könnte. Und irgendwann, als ich zufällig auf die Uhr blickte, raffte ich mich auf und machte mich daran, mich herzurichten.

Bevor ich in den Smoking schlüpfte überlegte ich, ob ich nicht vielleicht etwas essen sollte. Doch den Gedanken verwarf ich schnell. Im Endeffekt würde ich aufgrund meiner Nervosität sowieso nichts runterkriegen. Also konzentrierte ich mich darauf, den Smoking korrekt anzuziehen. Und nach 3 Tutorials aus dem Internet und meiner eigenen Kombinationsgabe, von deren Existenz ich zuvor nicht gewusst hatte, trug ich den Smoking und hatte eine halbwegs annehmbare Frisur.

Und dann klingelte es auch schon. Nach einem letzten nervösen Blick in den Spiegel lieg ich zur Tür und trat hinaus in den Flur und folgte Herr Stones zu der Limousine, in der Thorne es sich bereits gemütlich gemacht hatte. Auch er trug, wie wahrscheinlich andere Männer auch, einen Smoking. Seiner jedoch war von einem dunklen Mitternachtsblau.

Wie auch im Aufzug einige Stunden zuvor fiel unsere Begrüßung knapp aus. Während der Fahrt stellte ich mir die Frage, ob es ab jetzt für immer so sein würde. Ob Thorne und ich immer nur das nötigste miteinander reden würden, immer eingehüllt in diese unangenehme Stille wenn uns die Themen ausgingen.

Vielleicht würden wir uns auch irgendwann aneinander gewöhnt haben. Vielleicht würde das Problem zwischen uns, das ich noch nicht benennen konnte, eines Tages behoben. Ich glaubte zwar nicht daran, wirklich mit einem Raven befreundet zu sein, aber man sollte nichts ausschließen.

Meine Gedanken lenkten mich während der gesamten Fahrt von der geplanten Veranstaltung ab, doch sobald wir in eine Tiefgarage voller teurer Wägen einbogen spürte ich, wie meine Handflächen schweißnass wurden. Mein Magen begann, unangenehm zu drücken und mein Puls beschleunigte sich besorgniserregend.

Dennoch zwang ich mir mein bestes Lächeln auf und ließ mich von einem Angestellten zu einem Aufzug führen. Schweigend fuhren wir einige Stockwerke hinauf, dann stiegen wir aus. Wie es schien waren wir in einer Art Hinterraum gelandet. An einer Wand war eine große Fensterfront. an einer anderen eine Flügeltür und an der dritten eine dunkle Polstergruppe.

Auf einem Sessel konnte ich eine Person ausmachen, die ein Buch in der Hand hielt. Doch bis der Angestellte den Raum verließ, gab sich der Mann nicht zu erkennen. Erst als der Aufzug wieder zu glitt und den jungen Mann verschluckte legte die Person das Buch auf einen kleinen Abstelltisch und erhob sich.

Bei der Person handelte es sich um einen älteren Mann mit bereits ergrautem Haar. Aufgrund der vielen Falten, die das Gesicht zerfurchten schätzte ich den Mann auf Mitte 60, aber sicher war ich mir nicht.

2095 - ᴡɪᴇ ɢᴜᴛ ʙɪꜱᴛ ᴅᴜ ᴡɪʀᴋʟɪᴄʜ?Where stories live. Discover now