~Entscheidungen. Wenn du sie nicht fällst fällen sie dich.~

4.1K 317 31
                                    


Lace

Nach der gestellt höflichen Begrüßung begann Thorne damit, mir mehr oder weniger geduldig das System zu erlären, welches in den Büros hier und auch bei mir zuhause verwendet wurde. Hängen blieb bei mir jedoch nur, dass die Dokumente von den Assistenten zu einer Software gesendet wurden, in der man diese dann lesen und Teile makieren konnte, ohne das Originaldokument zu verändern.

Dann gab Thorne mir in sehr knappen Worten die sich eigentlich auf "Der Mann hat eine Prügelei in einem Stromwerk angefangen" beschränkte wider, worum es sich in seinem neuesten Fall handelte. Die Geringschätzigkeit, die dabei in seiner Stimme lag, gefiel mir gar nicht.

Doch, um am ersten Tag nicht schon direkt eine Diskussion zu beginnen, nickte ich als hätte ich den totalen Durchblick. Dann folgte ich ihm in den Aufzug. Während der kurzen Fahrt auf die Etage der Assistenten, die Ms. Etragon mir zuvor kurz gezeigt hatte, entstand eine mehr als nur unbehagliche Stimmung.

Wir versuchten beide, einen möglichst großen Abstand voneinander zu halten. Ich konnte nicht anders als darüber nachzudenken, weshalb die Stimmung so geladen war. Lag es daran, dass wir einander nicht einschätzen konnten? War vielleicht auch meine eher negative Meinung daran Schuld?

Ich gab zu, so arrogant wie er im Live-TV gewirkt hatte schien er nicht zu sein. Was nicht bedeutete, dass ich ihn als in irgendeiner Form liebenswürdig beschreiben würde. Viel eher als kühlen Eisklotz, der die Leute in Schubladen einzuteilen schien.

Als Jasper und Ms. Etragon eintraten lächelte ich kurz, dann hing ich wieder meinen Gedanken nach. Ich versuchte mir den Verlauf der Verhandlung vorzustellen. Das ein Richter nicht mit im Raum wusste ich. Wozu hätte man sonst die Assistenten benötigt?

Aber auf welcher Grundlage Urteile ausgesprochen wurde, dass wusste ich nicht. Und das hatte Thorne mir auch nicht erklärt. Also konnte ich mich nur an die Gerüchte halten. Manche besagten, dass jeder Richter eigene Regeln hatte, andere das sie nach einem geheimen Code handelten und wieder andere behaupteten, dass Richter ihre Entscheidungen willkürlich und nach Lust und Laune trafen.

Ich war wirklich gespannt, wie so eine Verhandlung hinter den Kulissen ablief. Bisher hatte ich nur einige, öffentlich ausgestrahlte Versionen gesehen, dabei wie jeder andere aber nur mitbekommen, wie dem Angeklagten durch einen Beamten Fragen gestellt wurden und das schon das Urteil verkündet worden war.

Als ich jetzt in einem der Kellergeschosse, wie mir die dicken Wände und die Knöpfe des Aufzuges verrieten, ankam schob ich meine Hände in die Hosentaschen meines überraschend bequemen Anzuges, um mich davon abzuhalten nervös an meinen Fingern zu spielen.

Dann folgte ich Thorne mit einem halben Schritt Abstand zu einer Glasscheibe, die am anderen Ende des halbrunden, von Neonröhren beleuchteten Raumes lag. Als ich einen Blick hindurch warf fiel mir auf, dass direkt dahinter bereits ein einige Beamte standen, ihnen gegenüber ein ärmlich gekleideter Mann.

Während der Mann nervös von einem Fuß auf den anderen trat und den Hals verrenkte, als suche er nach etwas oder jemandem rührten sich die in dunklem Blau gekleideten Männer und Frauen nicht. Neben mir betätigte Thorne einen Schalter und einer der Männer in Blau trat vor den Angeklagten.

"Möge die Verhandlung im Fall Barnes beginnen."

Dann trat Stille ein und ich konnte nicht umhin mich zu fragen, ob der Mann den klinisch weißen Raum mit dem Set eines Mittelalterfilmes verwechselte. Doch, um nicht noch unprofessioneller zu wirken als ich ohnehin schon Aussehen musste verkniff ich mir einen Kommentar und verfolgte die Einleitung weiter.

"Herr Barnes, Sie sind hier, um sich heute aufgrund der Prügelei im Stromwerk 7A vor einem Richter zu äußern und Ihre gerechte Strafe anzunehmen."

Der Mann schluckte nervös, dann nickte er vorsichtig.

"Wir werden Ihnen jetzt einige Fragen stellen, die Sie absolut ehrlich zu beantworten haben."

Wieder ein nicken, diesesmal sogar noch zaghafter.

"Frage Nummer eins: Stimmt es, dass Sie drei Tage zuvor einen Abteilungsleiter der Verwaltung des Stromwerkes angegriffen haben?"

"Ja, das stimmt."

Der Mann zitterte, er schien den Tränen nahe zu sein. Und irgendwie tat er mir in diesem Moment leid. Aus neugierde warf ich Thorne einen Blick aus dem Augenwinkel zu und stellte fest, dass seine Miene keine Regung zeigte. Er sah bloß den Mann an, der zitternd dastand und auf die nächste Frage zu warten schien.

"Weshalb?"

Das Wort hing einige Sekunden lang unbeantwortet im Raum, der Mann schien perplext zu sein.

"Weshalb?", stammelte er dann, in seiner Verwirrung hatte er gänzlich aufgehört zu zittern, schien stattdessen wie erstarrt.

"Nun", begann er dann.

"Ich habe die letzten Tagen einige Überstunden gemacht und dann, wie gewohnt, nach der Extrabezahlung gefragt. Aber dieser Typ wollte mir, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, den angegebenen Preis nicht zahlen. Stattdessen hat er begonnen von Lohnabzug zu reden und davon, dass ich nicht so unverschämt sein sollte. Da sind bei mir halt alle Stricke gerissen und, naja, der Rest ist ja bekannt."

Dieser Herr Barnes hatte aufgehört zu zittern, starrte stattdessen auf seine ausgeleierten Schuhe.

"Haben Sie etwas zu Ihrem Verhalten zu sagen, Herr Barnes?"

Der Mann hob seinen Blick nicht, räusperte sich jedoch.

"Ja, das habe ich. Mir ist klar, dass ich den Mann nicht hätte angreifen sollen."

Erwartungsvoll zog ich die Stirn kraus. Er würde sich jetzt entschuldigen, nicht wahr?

"Aber es war auch nicht richtig, wie er sich mir gegenüber Verhalten hat. Deswegen werde ich mich auch nicht bei diesem Idioten entschuldigen."

Zugegeben, damit hatte ich nicht gerechnet. Ebenso wenig hätte ich gedacht, dass er die letzten Sätze so bestimmt ausdrücken würde, wie er es getan hatte.

"Damit ist die Befragung beendet. Es liegt jetzt an ihrem zuständigen Richter, welche Strafe euch erwartet."

Erwartungsvoll blickte ich zu Thorne, dessen Gesichtsausdruck sich seit dem letzten Mal kein bisschen verändert hatte. Nur wirkte sein unverwandter Blick jetzt um nachdenklicher, und je mehr Zeit verging, desto nervöser wurde ich.

Dann, als ich kurz davor stand die unheimliche Stille zu durchbrechen, nickte Thorne leicht und blinzelte. Dann drehte er sich zu Ms. Etragon.

"Erinnern Sie sich noch an den Fall Teems? Ich würde es begrüßen, wenn seine Strafe genauso ausfällt."

Ms. Etragon nickte, dann wandte sie sich dem Aufzug zu und verließ den Raum. Einige Sekunden geschah nichts, dann betrat sie den Verhandlungssaal durch eine große Tür, die am anderen Ende des Zimmers aufragte.

Sie lief den direkt auf ein kleines Pult zu, welches auf der linken Seite des Mannes stand. Gespannt beugte ich mich etwas vor, da ich nun einmal keine Ahnung hatte, was es mit diesem Fall Teems auf sich hatte.

"Ich bin hier, um das Urteil im Falle Barnes auszusprechen", begann die Blondine dann.

"Um das Verständnis des Verhandelten für Entscheidungen der Regierung als auch um sein Bewusstsein im Umgang mit Vorgesetzten zu schulen haben wir uns für folgende Strafe entschieden:
Der Angeklagte wird weiterhin in Stromwerk 7A arbeiten. Außerhalb seiner Arbeitszeiten jedoch muss er sich bis zur Genesung des Geschädigten um dessen Wohlbefinden kümmern, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Zu seinen Pflichten gehört die Übernahme des Haushaltes und die Pflicht, die Familie seines Vorgesetzten in jeglicher Art und Weise zu unterstützen und auch für deren Wohlbefinden zu sorgen."

Dann verließ Ms. Etragon den Raum und ließ den Verurteilten als auch mich perplex zurück. Was war das denn für eine Bestrafung?

'''''''

Auch wenn Ich nicht auf alle Kommentare antworte wollte ich euch nur mitteilen, dass ich alle lesen und mich über jeden eurer Beiträge ungemein freue!

PS: Nicht Überarbeitet.

2095 - ᴡɪᴇ ɢᴜᴛ ʙɪꜱᴛ ᴅᴜ ᴡɪʀᴋʟɪᴄʜ?Where stories live. Discover now