~Tu was du willst, aber nicht weil du musst~

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Buddha

(Das Kursiv gedruckte in der Rede ist das, was Lace selbst hinzugefügt hat)

Lace

Je näher der Zeiger meiner Uhr auf die sieben zukroch, desto nervöser wurde ich. Doch ich bemühte mich, meine Gefühle hinter der Fassade eines geschmeichelten jungen Mannes zu halten. Dabei bekam ich das Gefühl, dass ich in den nächsten Jahren meines Lebens noch mehr Fassaden errichten und erhalten werden müsste.

Zwischendurch wechselte ich einige Worte mit dem Senator, darauf bedacht, ihm zu schmeicheln. Er dürfte später herrlich überrascht sein, aber das hatte er sich selbst zuzuschreiben. 

"Ich denke, dass jetzt der passende Zeitpunkt wäre, um aufzustehen."

Ich nickte möglichst enthusiastisch und erhob mich. Dann ließ ich mich vor die Tür führen. Den Zettel hielt ich dabei fest.

"Keine Sorge, Herr Underwood. Es wird schon alles gut gehen", murmelte Herr Feas und klopfte mir auf die Schulter.

Ich nickte bloß, fügte aber in Gedanken noch "zumindest für mich" hinzu.

Und dann plötzlich ertönte der Ton einer Glocke. Ein wenig zuckte ich zusammen, riss mich dann aber zusammen. Ich konnte mir jetzt keine Schwäche leisten. Um meinen Plan durchzuführen brauchte ich Selbstsicherheit, egal wie ich mich eigentlich fühlte.

Die Tür vor uns schwang auf und für einige Sekunden blendete ein viel zu heller Lichtstrahl mich. Dann setzte der Senator sich in Bewegung und ich folgte ihm mit viel zu schnell klopfendem Herzen. Gemeinsam traten wir auf eine Art Balkon.

Die Fläche, auf der wir standen, blitzte weiß, nur hier und dort konnte man einige dünne Linien erkennen, die auf eine Art Marmor hinwiesen. Das Geländer war halbrund und ebenfalls aus Marmor. Verschiedene Banner, deren Aufschrift ich nicht erkennen konnte, hingen daran.

An der rechten Seite war eine glatte Wand, ebenso wie der Rest des Gebäudes weiß. An der linken Seite jedoch führte eine ausladende Treppe hinunter auf das Feld, auf dem sich diverse Mitglieder der Oberschicht versammelt hatten und, wie ich bemerkte als wir nah an das Geländer herantraten, zu uns aufblickten. 

Aufgrund der Höhe, in der wir uns befanden wurde mir schwindelig. Die klinisch weiße Umgebung half auch nicht, geschweige denn der Senator neben mir. Während ich blinzelte und tief durchatmete, um die Übelkeit, die meine Nervosität vertrieben hatte, zu bekämpfen zog Wayne Feas eine Art überaus dünnes und kleines Mikrofon aus einer Tasche seines Fracks.

Dieses steckte er vorsichtig an seinem Revers fest und räusperte sich dann. Durch das Mikrofon hörten die Gespräche, die noch zuvor geführt worden waren, auf und auch die letzten Männer und Frauen wandten sich uns zu. 

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe die Ehre, Ihnen heute einen ganz besonderen jungen Mann vorzustellen."

Kurz wurde es still und eine kleine Drohne, die mir soeben erst aufgefallen war, schwebte vom Geländer herauf und direkt vor meine Augen. Mit höchster Konzentration brachte ich ein leichtes Lächeln zustande und versuchte, das Zittern meiner Mundwinkel zu verbergen.

"Hier, direkt neben mir, steht Lace Underwood. Er hat mit 98,5 Punkten die zweitbeste Leistung gebracht, die wir jemals im Eignungstest gesehen haben. Und das, obwohl er aus den schwierigen Verhältnissen der Unterschicht stammt. 

Lace Underwood ist ein junger Mann, der zeigt, was man mit harter Arbeit erreichen kann: Vom Tellerwäscher zum Millionär, um es mit dem Traum unserer amerikanischen Vorfahren auszudrücken."

Von unten ertönte Applaus. Auch ich applaudierte leicht, das Lächeln auf meinen Lippen gefroren. 

"Lace Underwood", wandte der aufgeblasene Idiot sich dann, als die Männer und Frauen ihren Applaus eingestellt hatten, an mich.

"Willkommen in der Oberschicht."

Wieder brandete der Applaus, dieses Mal lauter als zuvor.

"Gibt es etwas, was Sie uns sagen möchten?"

Ich nickte und lächelte weiterhin scheinheilig. Herr Feas reichte mir das Mikro und machte es sogar an meinem Smoking fest. Dabei nickte er und gab mir seinen besten "Wir-schaffen-das-schon"-Blick. Ich erwiderte den Blick und drehte mich dann wieder etwas zu den Wartenden.

Mit jetzt wieder klopfendem Herzen und einem Kloß im Hals faltete ich den Zettel, wie altmodisch, auf und räusperte mich. Dann, nach einem kurzen Blick zu dem Mann, dessen Plan ich zu zerstören wünschte, richtete ich meine Augen auf die Menge und ließ mein Lächeln noch einmal erstrahlen. 

Der Mistkerl hatte es verdient.

"Sehr geehrte Herrschaften, ich möchte Ihnen für Ihr zahlreiches Kommen danken. 
Wie Sie sich sicher denken können hätte ich nie zu träumen gewagt, einmal in die Nähe des Zentrums zu kommen, geschweige denn hier oben zu stehen.

Als mir die Uhr überreicht wurde konnte ich kaum glauben, nun den Präsidenten, die Stadt und den Senat unterstützen zu dürfen. Für mich ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Ich bin mir sicher, dass noch viel mehr Jungen und Mädchen davon träumen, einmal zu Ihnen reden zu können, so wie ich es gerade tue.

Und deshalb werde ich mein Bestes geben, um die Erwartungen an mich zu erfüllen und um meine Familie stolz zu machen. Ich hoffe, dass in Zukunft mehr Unterschichtler die Chance bekommen, wie ich den Kreis der Oberschicht zu stärken. Ich hoffe auch, dass ich für viele andere ein gutes Beispiel werde, dem sie folgen können.

Zuletzt würde ich noch gerne anmerken, dass ich mich darauf freue, in Zukunft mit einigen von Ihnen zusammenarbeiten zu können. Es wird mir eine Ehre sein, Sie zu unterstützen und, wenn Sie erlauben, Hilfe bei Ihnen zu suchen, wenn nötig.*  Vielen Dank und einen wunderschönen Abend noch."

Wieder applaudierten die Menschen. Ob es Einbildung war konnte ich nicht ganz sagen, aber es schien dieses mal lauter als zuvor. Ich schenkte der Kamera ein letztes Lächeln und trat wieder zurück. Dann entfernte ich das Mikrofon und hielt es dem einzigen Menschen hin, dem nicht zum Lächeln zumute war. Wayne Feas.

Aufgrund der Kamera, die immer noch auf uns gerichtet war, musste er Lächelnd den Gegenstand an sich nehmen. Doch da ich ihm so nah war konnte ich erkennen, wie angestrengt er die Mundwinkel in die Höhe zwang. Hatte er davon, sich den falschen für seine Spielchen auszusuchen.

Ich wusste, dass ich nicht das klügste war, einen Senator gegen sich aufzubringen. Doch noch dümmer war es, sich gegen den Präsidenten oder das Volk zu stellen. Ich hatte mitbekommen, was so manche unbedachte Sätze auslösen konnten. Und wenn ich eins nicht wollte, dann mich dem Zorn des Volkes zu stellen.

Für den Moment zufrieden machte ich mich jetzt mit dem Senator an meiner Seite daran, die Treppe hinab zu steigen, um mich unter die anderen Mitglieder meiner Schicht zu mischen. Und während ich hinabstieg wusste ich, dass ich mich auf dem besten Weg befand, zu werden wie jeder andere. Hinterhältig und Abwägend. Aber damit würde ich leben können.   

*In diesem Teil stand im Original: Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Senat und seinen Vertretern. Ich bin mir sicher, dass wir einander hervorragend unterstützen und ergänzen werden.

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Die Beta-gelesen Version werde ich demnächst hochladen. In der nächsten Woche wird wahrscheinlich kein Kapitel kommen, da ich ab Sonntag auf Englandfahrt bin (ich weiß nicht ob ich bis morgen noch eins schreiben kann).

Aber ich hoffe das es euch gefällt.

Da ich mittlerweile 45K Aufrufe bei 'Desperate Love' habe und 150 Follower (Wer hätte gedacht, dass dem Mal so sein könnte), habe ich mir überlegt, dass ihr vielleicht, wenn ihr wollt, Fragen in den Kommentaren stellen könnt. Ich würde diese dann direkt beantworten.

Over and Out, _Amnesia_Malum_

2095 - ᴡɪᴇ ɢᴜᴛ ʙɪꜱᴛ ᴅᴜ ᴡɪʀᴋʟɪᴄʜ?Where stories live. Discover now