⚠️ 27.12. Ten ⚠️

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Okay, ich weiß dass man seinen Freunden so etwas nicht wünschen soll, vor allem den besten nicht. Weil unter Freunden will man für den anderen immer das Beste.

Trotzdem bin ich froh, dass Haechan heute krank ist. Ok, das muss ich erklären. Also Haechan, ich, Mark sowie Ten sind die einzigen aus unserem Freundeskreis in dieser Klasse, die in die Ferienschule müssen, weil wir entsprechend viele Fehltage hatten. Mark war der mit den wenigsten Fehltagen und ist schon fertig, obwohl wir erst Mittwoch haben.

Aber Mark und Haechan wissen ja bereits, dass ich schwul bin, also kann ich meinen Fokus jetzt auf Ten legen, der auch wenn er es nicht zugeben würde, ebenfalls eher erfreut ist, dass Haechan sich gestern Abend auf einer glatten Treppenstufe den Fuß verletzt hat. Denn erstens sind ich und Hae nunmal beste Freunde und er wäre wahrscheinlich ohne Mark das fünfte Rad am Wagen oder in dem Fall eher das dritte Rad am Motorrad gewesen und zweitens hat Ten die meisten Fehltage und wäre hier am Freitag komplett alleine gesessen, weil Haechan und ich uns bereits am Donnerstag in die Ferien verabschiedet hätten.

Jetzt muss aber Haechan freitags hier antanzen, weil er heute blau macht und Ten ist nicht länger allein. Erfüllt von guter Laune kritzelt mein Klassenkamerad einen Elefanten auf ein Blatt. Teil einer Skizze für den Biounterricht, gebraucht hätte er es aber schon in der vorletzten Klassenarbeit. Auch ich beschäftige mich mit einer längst vergangenen Aufgabe, Bruchgleichungen lösen. Warum musste ich auch immer im Matheunterricht fehlen?

Während ich mich an die letzte Aufgabe meines Arbeitsblattes mache, spricht Ten mich plötzlich an: "Warum hast du gestern für Mark einen Kuchen gebacken? Ihr seid ja kein Paar oder so.", spottet er. Seine Frage bringt mich völlig aus der Fassung, was mein Freund glücklicherweise nicht bemerkt, weil er mit seinem Graustift die Strukturen der lederne Haut des Elefanten imitiert.

"Äh ja nein.. eigentlich hat er sich selbst eingeladen. Ich habe nur gebacken, weil ich Chenle eine Freude bereiten wollte." Er sieht mich kurz an und nickt dann, bevor sein Bleistift gezielt über das Papier fliegt. Das Geräusch macht mich wahnsinnig, aber wenn ich jetzt ausflippe, merkt Ten, dass irgendwas nicht stimmt.

Ich denke schon, er riecht, dass an der Sache was faul ist, weil er seine Stirn so seltsam kraus zieht, aber im Endeffekt will er nur wissen: "Du hast es geschafft Chenle zu dir zu locken, ohne dass Jisung mitkommt?" Ich schüttle den Kopf: "Nein, Jisung war auch da."

Unerwartet stöhnt Ten genervt auf und lässt seine beiden Handflächen auf den Tisch klatschen. Ich kann nicht mehr tun, als ihn irritiert anzusehen. Was hat der denn jetzt für ein Problem? "Sag mal Jaemin, was ist eigentlich los mit dir, ist es wegen Montag? Tut mir leid, dass mir aufgefallen ist, dass deine Hose sich in deinem Schritt ein wenig verengt hat, aber das muss dir doch nicht so unangenehm sein, dass du nicht mehr mit mir redest.", pampt er mich etwas zu laut an.

Sofort liegen alle Blicke auf uns. Fuck.

Beschämt wende ich mich mit hochrotem Kopf wieder meinem Arbeitsblatt zu, allerdings finde ich nur fertig gerechnete Gleichungen vor, versuche aber verzweifelt beschäftigt zu wirken, als ich bemerke, dass meine Lehrerin auf mich zukommt.

Natürlich kam sie auch in den Genuss, Tens kleine Rede mitanzuhören, spricht mich zum Glück aber nicht direkt darauf an. "Du bist ja schon fertig! Jungs, wenn ihr hier Langeweile habt, müsst ihr keinen Schwatz abhalten, jeder von euch hat noch einen ganzen Batzen an Arbeit vor sich."

Ten wirft mir entschuldigende und auch mitleidige Blicke zu. Jedoch bin ich ziemlich froh, dass wir gerade ermahnt wurden, immerhin schulde ich Ten noch eine Antwort und habe jetzt Zeit, mir zu überlegen, was ich ihm genau sagen könnte. Die Lehrerin kommt allerdings wieder von ihrem Pult zurück und drückt mir zwei neue Arbeitsaufträge in die Hand.

Einmal eine Anleitung für das Basteln einer Pop-Up Karte und einmal die Aufgabe, auf Englisch einen Aufsatz zu schreiben, der ein Verhalten entschuldigt oder erklärt. Fassungsvermögen 100 Wörter Maximum.

In meinem Kopf rattert es. Ein englisches Geständnis und eine Karte, hätte ich sonst jemals eine bessere Chance, mich bei Ten zu outen? Wohl kaum. Also mache ich mich an die Arbeit und schneide die Grundform der Karte aus einem Kartonbogen. Noch vor zwanzig Minuten habe ich mich beschwert, dass wir neben wichtigem Stoff ebenfalls sinnlose Dinge oder Aufgaben aus unnützen Fächern erledigen müssen, aber jetzt bin ich froh darüber, damals während Kunstunterrichts mit Schnupfen in meinem Bett gelegen zu haben.

Ohne ihn um Erlaubnis zu bitten, schnappe ich mir Tens Federmäppchen voller Buntstifte und gestalte meine Karte in allen Farben des Regenbogens. Einen Regenbogen aus Papier habe ich tatsächlich auch eingebaut, mein Pop-Up Element. Nach zwei Schulstunden bin ich endlich zufrieden mit meiner Arbeit und schiebe ihm die Karte vor die Nase.

Verwundert beendet er einen Aufschrieb, nimmt die Karte zwischen die Hände, dreht sie zwischen seinen Fingern und kuckt dann ungläubig zu mir. Ich nicke ihm nur gespannt und auffordernd entgegen, sodass er mit den Schultern zuckt und die hauptsächlich rosafarbene, weil kein lila da war, Vorderseite beäugt.

"the real reason, why I treat you like this: I just don't know how to tell you..." steht in schwarz umrahmten, weißen Lettern darauf. Ich hoffe einfach, Tens Fremdsprachenkenntnisse sind gut genug, um etwas zu verstehen.

Neugierg klappt er die Karte auf und ein bunter Regenbogen, sowie die Aufschrift "...that I'm not really straight bro" springen ihm entgegen. Augenblicklich fängt er an zu grinsen und zu lächeln, wobei ich ihn glücklich darüber, dass er es so locker aufgenommen hat, beobachte. Unsere scharfsinnige Aufsichtsperson merkt leider auch, dass wir unseren Schulaufgaben nicht gewissenhaft genug nachgehen und trampelt sofort wieder auf unsere gegenüberstehenden Doppeltische zu.

Säuerlich greift sie nach der Karte und ich und Ten halten angespannt die Luft an. Kopfschüttelnd gibt sie uns das Stück Papier zurück, nachdem sie alles gelesen hat, doch ich sehe deutlich das Lächeln, dass beim Umdrehen über ihr Gesicht schleicht.

Wir beide müssen anfangen zu lachen und Ten winkt der Lehrkraft mit der Information: "Wir machen Pause!", hinterher. Auf diesen Moment habe ich auch schon gewartet. Gespannt auf seine Reaktion ziehe ich eine große Dose aus meinem Rucksack und stelle ihm ein Stück Kuchen vor die Nase, das ich zusätzlich zu dem, welches ich Haechan nach der Schule als Trostspender vorbeibringen möchte, mitgebracht habe.

Begeistert fällt er über die schokoladige Süßigkeit her, ärgert mich dann aber trotzdem mit der Lüge: "Vielleicht etwas trocken..." Ich schnappe ihm lachend den kleinen Pappteller weg und halte ihn mir über den Kopf, sodass Ten keine Chance hat, ihn aus der Entfernung zu erreichen.

"Wehe dir, sonst gebe ich ihn lieber meinen Brüdern!", drohe ich ihm schmunzelnd an und lasse den Teller zurück auf den Tisch gleiten. Während den einzelnen Bissen fragt er mich, was denn auf einmal so schlimmes an meinen Brüdern wäre, also erzähle ich ihm die Geschichte von Jeno und lasse dabei nicht einmal aus, dass ich einen crush auf ihn habe, weil ich mir jetzt sicher bin, dass ich Ten vertrauen kann.

Er hört aufmerksam zu, gratuliert mir zu meinem Misserfolg und rät mir schließlich noch, mich mit den Hohlköpfen zu vertragen. Vielleicht hat er recht, ich kann sie ja nicht auf ewig ignorieren.

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1212 Wörter, ich mag das haha.
Nein ehrlich, wenn es die Uhrzeit 12:12 wäre, würde ich jetzt mein Knie küssen, weil ich übelst die Zwangsneurose habe, immer bei Schnappszahluhrzeiten mein scheiß Knie zu küssen. Und Charles habe ich auch schon damit angesteckt xD

Ach ja, ich habe heute in meinem Profil unter der Kategorie "Unterhaltungen" oder so den Klappentext eines Buches veröffentlicht. Wäre nett, wenn mir ein paar bis Anfang/Ende April ihre Meinung dazu sagen könneten :*

- Nono

How to tell I'm gay ~Nomin~Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin