How to tell I'm gay ~Nomin~

⚠️ 25.12. Chaos ⚠️

Ich raffe gar nicht mehr, was da gerade eigentlich passiert und bin vollkommen überfordert, als ich Jaemin schluchzen höre. Vorsichtig nehme ich sein Gesicht zwischen meine Hände und drehe seinen Kopf leicht zu mir, sodass ich ihn ansehen kann.

Tatsächlich weint er. Habe ich etwas falsch gemacht?

Träne um Träne fließt aus seinen Augen über die sonst so rosigen Wangen und tropt auf die vielen, kleinen Kissen unter uns. Er hat aufgehört zu schluchzen, sieht mich aber so wehmütig an, dass mir selbst ganz anders wird. Ich will ihn nicht so sehen, er hat es nicht verdient, so traurig zu sein.

Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt sagen könnte, um die Situation besser zu mache. Doch, eigentlich habe ich eine Ahnung, aber: "Bitte weine nicht, du machst mich traurig. Ich hasse es, dich so traurig sehen zu müssen. Es tut mir alles so leid, aber ich kann meine Gefühle für dich einfach nicht unterdrücken.", wäre ziemlich unangebracht.

Also bleibe ich einfach weiterhin still und nehme ihn wieder in meine Arme. Manche Gesten sagen mehr als tausend Worte, oder? Ich lege meine Lippen an sein Ohr und versuche ihn vorsichtig hin und her zu schaukeln, wie es meine Eomma früher immer bei mir getan hat, als ich ein kleines Kind war.

Er wird dadurch zwar ruhiger und auch sein Kiefer hört auf zu zittern, seine warmen Tränen kullern mir aber nach wie vor über den Rücken und hinterlassen durch den Stoff hindurch ein brennendes Gefühl auf meiner Haut.

Endlich bekomme ich es auch auf die Reihe, meine Lippen zu bewegen und ihm beruhigende Dinge in sein Ohr zu flüstern. Wenn ich mich nicht täusche, lösen diese nur eine Gänsehaut bei ihm aus, weshalb ich am Ende nur noch murmle, es dann aber auf ein "Shh~" hinausläuft.

Die ganze Zeit frage ich mich, warum er nur so niedergeschlagen ist. Liegt es tatsächlich daran, mir zu sagen, dass er sich keine Beziehung mit mir vorstellen kann? Klar macht mich das auch traurig, aber dass ihm so viel an mir liegt, dass ihn das Ganze so mitnimmt, rührt mich trotzdem.

Es bringt mir nichts, nur zu spekulieren, letztendlich kann mir diese Frage nur Jaemin beantworten. Ich fasse all meinen Mut zusammen, räuspere mich kurz und frage dann zögerlich: "Ist es meine..., also hat es... was mit uns zu tun?" Gespannt lausche ich, um ja kein Wort von ihm zu verpassen, doch anstatt etwas zu erwidern, macht er sich einen Ticken kleiner und nickt schwach.

Ich höre mein Herz beinahe zerspringen, als er mir quasi meinen Verdacht bestätigt. Nein wirklich, ich höre tatsächlich etwas, was sich dann aber als nicht anderes als Jaemins Zimmertür herausstellt.

Seine ganze Bruderschaft stürzt in den Raum. Einer der größeren, von der Aggression her würde ich eher auf Jeotang als auf Jaetang tippen, klettert förmlich auf das Bett, packt mich grob an meinem Kragen und schreit mich vorwurfsvoll an: "Wie kannst du ihm das antun?! Er schüttet dir sein Herz aus und du hast nichts besseres zu tun, als ihn zum Weinen zu bringen?!".

Der kleinste Knirps wirft mir noch ein "Ja, schäm dich!" an den Kopf und verschränkt seine Arme vor der Brust. Meine Augen zucken wild zwischen den einzelnen Mitgliedern der aufgebrachten Horde hin und her. Die haben aber mächtig viel Wut mit sich schwingen...

Aber Moment! Weshalb?! Ich habe doch gar nichts getan, außerdem waren es doch sie, die auf meine Anwesenheit bestanden haben! Ich muss mich doch nicht unschuldig von ihnen zur Schnecke machen lassen! Meine Gesichtszüge werden grimmiger und ich fange langsam an, mich gegen Jeotangs kräftigen Griff zu wehren.

Damit hat der vermutlich nicht gerechnet, denn ich komme schnell frei, schnappe im gleichen Zug nach meiner Jacke auf dem Boden und mache, dass ich hier wegkomme. Natürlich nicht ohne mit: "Ihr seid doch alle krank!", deren unmögliches Verhalten zu kommentieren.

So schnell es mir nur möglich ist, haste ich über die Haustüre ins Freie zu unserem Grundstück. "Jeno!", tönt es vom linken Ende unserer Straße und auch wenn mir die Stimme sehr vertraut vorkommt, mache ich mir nicht die Mühe, sie mit einem einzelnen Blick der zugehörigen Person zuzuordnen.

Daheim befreie ich mich aus Schuhen und Jacke und stürme in mein dunkles Zimmer. Dort werde ich allerdings stuzig. Habe ich tatsächlich die Rolladen unten gelassen. Und die lilane Lavendelkerze hat zu einhundertprozent noch nicht gebrannt, als ich zu den Na's gegangen bin. Wer zur Hölle war in meinem Zimmer.

"Eomma?", stoße ich verwundert aus, als ich meine Mutter völlig ausgelöst in Schein der Duftkerze auf meinem Bett sitzend erblicke. Langsam mache ich ein paar Schritte auf sie zu, stoppe aber aprupt, als mein Blick auf das Foto neben ihr fällt.

Es ist das selbe, das ich vor kurzer Zeit noch zerrissen hatte. Aber meine Eomma hat sich die Mühe gemacht, es mit Tesafilm wieder zusammenzuflicken. "Jeenooo~", jammert sie schmerzvoll und streckt ihre Arme nach mir aus. Wie betäubt laufe ich zur ihr und lasse mich gegen ihren Oberkörper fallen, woraufhin aus ihrem qualvollen Wimmern ein ersticktes Schlucken und Schluchzen wird.

Nein, nochmal kann ich das heute nicht. Bitte lieber Gott, mach dass es aufhört!

Meine Eomma vergräbt ihre Finger in meinem dicken Haar und rückt noch näher an mich heran. "Ich wollte doch auch nicht, dass es darauf hinausläuft, hörst du?" Stillschweigend nicke ich und sie saugt geräuschvoll viel Luft ein.

So verkümmert kommt mir meine Mutter sehr viel älter vor. Die chlorblonden, welligen Haare kommen mir spröde und totgefärbt, die vollen Lippen aufgequollen und die makellose Porzellanhaut kalt und großporig vor. Diese Frau ist kaputt, ohne Frage.

"Ich bringe das wieder in Ordnung, ja? Morgen kommt eine alte Freundin vorbei, ihre Tochter ist ungefähr in deinem Alter und ganz herzzerreißend.", tröstet sie mehr ihr eigenes Gewissen und ihren guten Ruf, als ihren einzigen Sohn.

Denn eine Komponente hat sie in ihrem perfekten Plan vergessen: Mich. Jeno liebt Jaemin und keine Tochter in seinem ungefähren Alter, die ganz herzzerreißend ist. Jaemin liebt Jeno nicht und wäre bestimmt glücklicher, wenn Jeno die herzzerreißende Tochter in seinem ungefähren Alter lieben würde.