Kapitel 17

7.1K 405 24
                                    

Vor uns erstreckten sich die hügeligen Ausläufer der Black Hills, bedeckt mit braungelbem Gras und vereinzelten niedrigen Kiefern. Wenigstens war der Boden nicht mehr schwarz und verkohlt. Das Feuer hatte hier offensichtlich nicht gewütet. Einen Tag nach dem großen Brand hatte Häuptling Mazzukata unser Dorf wieder hierher zurückgeführt, wo wir unser Winterlager aufschlagen würden. Die restlichen Häute konnten wir auch dort gerben und das Fleisch und die anderen Überreste der Büffel waren bereits hauptsächlich verarbeitet.

Mit jeder Meile, die wir uns den Schwarzen Bergen näherten, wuchs meine innere Nervosität. Würde Ohitika sein Wort halten und mir bei der Suche nach der Höhle helfen? Und falls ja, was würde ich dort vorfinden? Was, wenn es keine Möglichkeit gäbe, wieder nach Hause zu kommen? Und was, wenn doch?

Aber eins nach dem anderen. Es war sinnlos, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich schritt neben Wihinapas Braunem, der schwer mit dem verpackten Fleisch und den Fellen beladen war. Wihinapa ging auf der anderen Seite. Die meisten Frauen mussten nun den Weg zu Fuß zurücklegen, da wir so viel mehr ‚Gepäck' hatten als auf dem Hinweg, und außerdem waren uns nach dem Brand einige Pferde abhanden gekommen. Ich wollte gar nicht an die arme Fuchsstute denken, die ich auf dem Gewissen hatte.

Ohitika war als Späher weiter vorn unterwegs. Er sollte die Umgebung nach Spuren irgendwelcher feindlichen Aktivitäten absuchen. Es konnte ja sein, dass sich ein anderer Indianerstamm, der mit uns befeindet war, hier inzwischen angesiedelt hatte. Mit ‚uns' — jetzt dachte ich schon wie eine Lakota. Hielt ich mich etwa für eine? Ich wusste es nicht. Nach dem Ereignis mit Zica hatte ich das Gefühl, das mich alle anders behandelten, nicht mehr wie eine Fremde, sondern eine der ihren. Na ja, fast alle. Thokala-gleschka ignorierte mich weiterhin.

Aber Ohitika war merklich freundlicher. Er schien mir die Sache mit den Büffeln endgültig verziehen zu haben und redete sogar von sich aus mit mir, wenn wir abends am Feuer saßen und unsere Mahlzeit gemeinsam einnahmen. Feiern mit Gästen gab es während des Wanderzugs keine mehr. Dafür waren abends alle zu erschöpft. Außerdem hatte sich die andere Stammesgruppe von uns getrennt und die Krieger waren in Richtung Süden losgezogen, darunter auch Sihahanska. Ich sorgte mich um ihn, aber Wihinapa schien auf seine Kampffähigkeiten zu vertrauen. Falls sie auch Angst um ihn hatte, gab sie es nicht zu.

An diesem Abend schlugen wir unser Lager an dem gleichen Fluss auf, an dem wir schon in den Sommermonaten gelebt hatten. Dem Fluss, der aus den Bergen entsprang und dem Ohitika und ich gefolgt waren, als er mich zum ersten Mal in sein Dorf gebracht hatte. Es tat gut, wieder im Schutz der Berge zu sein, statt auf der weit offenen Prärie. So schön es auch war, wenn der Himmel über uns kein Ende zu nehmen schien, ich fühlte mich irgendwie wohler mit den Bergen um mich herum. Das lag wohl daran, dass ich ein Stadtkind war und immer zwischen Häusern gelebt hatte.

Als das Feuer im Zelt prasselte und die kühle Nachtluft daraus vertrieb, saßen wir zu dritt um die Feuerstelle und aßen ein paar Fische, die Ohitika rasch aus dem Bach geholt hatte.

„Ich werde heute Nacht den Schecken vor unserem Tipi anbinden", sagte Ohitika, nachdem er seine Pfeife gestopft und andächtig geraucht hatte. Für die Indianer war das Rauchen der Pfeife eher eine Meditation, eine spirituelle Handlung, anders als das Rauchen einer Zigarette für die meisten Menschen aus meiner Zeit.

„Wir haben Spuren gefunden, weiter oben in den Bergen. Sie könnten von Lakota stammen, oder sie könnten von Crow stammen. Wir wissen es nicht. Häuptling Mazzukata hat mehr Späher ausgesandt als sonst."

Wihinapa fragte: „Wirst du auch gehen?"

„Ja." Er runzelte die Stirn. „Es gefällt mir nicht, euch beide allein im Tipi zurückzulassen."

Plötzlich Indianer - Eine ZeitreisegeschichteWhere stories live. Discover now