Kapitel 29

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Der Abwasch am nächsten Morgen dauerte einige Zeit, da all die Teller, Schüsseln und Becher von der gestrigen Feier wieder sauber gemacht werden mussten. Während ich das Geschirr abtrocknete und zurück in den Schrank stellte, summte ich fröhlich vor mich hin. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal so frei und unbeschwert gefühlt hatte. Mrs. Lewis schaute mich fragend an, doch ich hob nur die Schultern und lächelte sie an.

Als ich auf den Hof trat, um das Waschwasser auszuschütten, hörte ich, wie Major Lewis einer Gruppe von sechs Leuten den Befehl erteilte, zum Holzhacken in den Wald zu fahren. Es war noch früh am Morgen und die meisten Soldaten kamen gerade aus den Baracken, nachdem sie ihren Rausch ausgeschlafen hatten — das hatte der Major ihnen anscheinend gegönnt.

Die auserkorenen Männer grummelten vor sich hin, sobald Major Lewis außer Hörweite war, aber ihnen blieb nichts weiter übrig, als zu gehorchen. Sie knöpften ihre Uniformröcke zu, setzten ihre Mützen auf und hängten sich ihre Musketen über die Schulter. Dann sprangen sie auf die offene Fläche eines Fuhrwagens, vor dem zwei Pferde angespannt waren. Einer der Soldaten saß auf dem Kutschbock und lenkte das Gefährt aus dem Tor, das die Wachmänner für sie offen hielten. Ich wünschte, ich könnte mit ihnen gehen, doch die schwere Holztür schloss sich sofort wieder hinter ihnen.

Ich seufzte. Den restlichen Tag saß ich wie auf glühenden Kohlen. Die ganze Zeit wartete ich auf etwas, ohne zu wissen, was genau das war. Erwartete ich, dass Ohitika das Fort stürmen würde? Wohl kaum. Sie waren nur zu dritt hier und die Anlage gut befestigt. Außerdem wollte ich nicht, dass er schon wieder sein Leben für mich riskierte.

Ich spazierte rastlos über den Hof, umrundete ihn immer wieder, bis mir der Soldat, der Wache schob, irritierte Blicke zuwarf. Als mir kalt wurde, machte ich mich schließlich wieder zurück zum Haus auf. Einer plötzlichen Eingebung folgend lief ich zur Offiziersstube und klopfte an die Tür des Majors.

Auf sein „Herein" öffnete ich und betrat den kleinen Raum, der eher einer Kammer ähnelte und kaum mehr als einen Schreibtisch, zwei Stühle und eine Truhe zur Aufbewahrung verschiedenster Dinge enthielt. In einer Ecke stand ein schmaler Eisenofen und darauf eine Kanne mit Kaffee.

„Mary, was kann ich für Sie tun?", fragte Major Lewis und erhob sich leicht von seinem Platz hinter dem Schreibtisch, als ich eintrat. Er war immer sehr höflich zu mir, als wäre ich eine vornehme Dame und nicht nur irgendein Mädchen, das eine Gruppe von Goldsuchern aufgesammelt hatten.

„Ich habe mich gefragt, was mit mir geschehen soll ... auf lange Sicht. Steht es mir frei, zu gehen, wenn ich das möchte?", fragte ich.

„Ja, darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Ich denke, meine Frau würde sich sehr freuen, wenn Sie hierblieben. Sie hat sonst keine weibliche Gesellschaft, wissen Sie."

Ich nickte. „Mrs. Lewis ist so gut zu mir gewesen und ich mag sie wirklich gern."

„Aber?", fragte Major Lewis.

„Bei allem Respekt, Sir, ich möchte nicht für immer in einem Fort leben." So lange ich geglaubt hatte, Ohitika wäre tot, hatte ich mich nicht dazu aufraffen können, über mein weiteres Schicksal nachzudenken. Jetzt aber war das ganz anders. Ich hatte wieder ein Ziel vor Augen.

„Nun, das kann ich verstehen. Es ist im Allgemeinen kein Platz für junge Damen, aber mit der Zeit könnten Sie unter den Männern durchaus rechtschaffene Heiratskandidaten finden —"

„Nein", unterbrach ich ihn und schüttelte heftig den Kopf. Schon die Idee erschien mir vollkommen abwegig. Nicht, dass es keine netten jungen Männer hier gegeben hätte. Die gab es bestimmt, wenn ich sie näher kennenlernen würde. Aber das wollte ich nicht. „Ich habe nicht vor, zu heiraten", erklärte ich dem Major.

Plötzlich Indianer - Eine ZeitreisegeschichteTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang