Kapitel 25 - Tagebuch eines Jägers

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Ich musste damit aufhören. Ich durfte meine Probleme nicht weiterhin ignorieren. Ich musste etwas tun. Die Frage war nur, was? So gesehen war ich eine Mörderin. Klar, meine Familie schob es auf meine Kräfte, die ich bis vor kurzem noch nicht kontrollieren konnte, doch wie konnte ich mir sicher sein, dass ich es jetzt konnte? So gesehen war ich nur ein kleines, unerfahrenes Mädchen, dass einfach abgehauen war, um vor ihren Problemen davon zu laufen. Und dennoch hatte ich es getan. Ob unerfahren oder nicht. Ich hatte Claire getötet. Und das schien mir in dem Moment als das Richtige erschienen zu sein. Und es hatte mich nicht gestört. Ich hatte Jäger getötet und hatte mich dabei wie eine Psychopathin benommen. Natürlich konnte ich nicht in das Internat zurückkehren. Aber davonlaufen brachte mich auch nicht gerade viel weiter.

Ich hatte den Wald hinter mir gelassen und befand mich nun an einer spärlich befahrenen Landstraße.

Ich hatte keinen Schimmer wo ich war und ich wusste ja noch nicht einmal, wo das Anwesen meiner Familie lag, da ich während ich bewusstlos war hergebracht worden war. Ich war also so ziemlich orientierungslos wie man nur sein konnte. Das Einzige war ich wusste war nur, dass ich mich noch immer irgendwo in England befinden musste.

Als ich das nächste sich nähernde Auto sah, stellte ich mich mitten auf die Straße. Ein lautes Tuten ertönte, der Fahrer wurde nicht langsamer und ich erhob meine Hand. Wieder spürte sich, wie sich Energie ansammelte und kurz flammte ein dunkles Licht auf, das aber so schnell verschwand, als hätte es das niemals gegeben. Wie von selbst blieb das Auto plötzlich mit einem Ruck stehen und ich konnte die vor Schreck geweiteten Augen des Fahrers sehen. Ich ging auf das Auto zu und wie von Geisterhand sprang die Beifahrertüre auf. Voller Angst und Entsetzen starrte mich der Autofahrer, Mitte zwanzig an.

"Hexe.", war sein ängstliches und entsetztes Flüstern, das ich vernahm.

"Schnauze.", sagte ich kalt und setzte mich und schnallte mich an.

Der Fahrer machte keine Anstalten auch nur irgendeinen Muskel zu rühren. Und so sah ich ihm in die Augen. Er schien wie erstarrt, als er mein rechtes Auge mit der auffälligen Narbe sah. Er wollte seinen Blick lösen, doch er konnte es nicht. Meine Augen hielten ihn gefangen und ließen ihn nicht frei. Er wurde immer panischer. Und dass meine Augen nun beide wie die Sonne persönlich zu glühen anfingen, machte es auch nicht besser. Eines meiner Augen glühte eisig und stürmisch grau, während das andere unheilvoll und gefährlich dunkellila glühte.

Der Fahrer riss entsetzt seine Augen weit auf, doch plötzlich wurde sein Blick leer. Er wirkte wie eine Marionette, er wirkte wie tot.

Meine immer noch glühenden Augen blickten besitzergreifend in seine leeren.

Ich sprach bedrohlich leise und deutlich. Und er tat es. Leer und wehrlos umfassten seine Hände das Lenkrad und er gab Gas. Schon schossen wir über die Straße. Ich blickte nach vorne, doch noch immer glühten meine Augen. Wo Damon wohl war? Er hatte mir doch versprochen, bei mir zu bleiben! Er hatte versprochen, für mich da zu sein! Und wo war er? Ich dachte fest an Damon. Vielleicht klappte es auch so.

Und tatsächlich. Ich schien meilenweit zu reisen und landete auf einmal in einem dunklen und schmutzigen Raum, der so schien, als sei er unterirdisch. Allein der flackernde Kerzenschein von Fackeln, die an den Wänden angebracht worden waren erhellten den steinernen Raum. Das Licht der Fackeln warf tanzende Schatten auf den Boden. An den Wänden standen unzählige Bücherregale und die Decke war so gesehen recht niedrig. Ich konnte Damon sehen, der an einer Art Pult saß und sich über eine Rolle vergilbtem Pergaments beugte. Wo war er da? Und was suchte er da? War er nicht zurück aufs Internat gegangen? Er wirkte angestrengt und nachdenklich. Anstelle eines Stifts hielt er in der einen Hand ein Messer. Wo verdammt war er und was zur Hölle hatte er vor?! Ich wurde unruhig. Ich beugte mich über ihn um einen Blick auf das alte Pergament zu werfen. Die Überschrift des Pergaments und dass Damon so etwas las erschreckte mich.

ObscuraWhere stories live. Discover now