Kapitel 35.2 - Team Mi...-Lune

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Diese Geschichte hat dank Euch die Wattys2016 in der Kategorie LESESÜCHTIG gewonnen! Danke! (:

Die Küche befand sich in einem der Kellergewölbe unterhalb des Schlosses. Erst war ich misstrauisch gewesen, als Desdemona mich plötzlich hinab in die förmliche Unterwelt führte. Das Kellergewölbe unterhalb des Schlosses war düster. Um einiges düsterer als der obere Teil des Internats.

Ein einzelner Gang führte durch die Dunkelheit, die Decke über unseren Köpfen gewölbt und hoch. Türen, wie auch Gänge zweigten von dem Hauptgang ab. Es schien mir wie ein Labyrinth. Eine gewaltige Welt unter der Erde verborgen.

Nachdem Desdemona einige male abgebogen war, hatte ich vollkommen die Orientierung verloren. Es sah sich alles so ähnlich und anstelle von elektrischen Licht gab es hier unten Fackeln in Wandhalterungen.

Die Tür zur Küche war zudem auch noch so versteckt, dass ich mich wirklich fragte, wie sie sie gefunden hatte. Vor allem; wie hatte sie sich den Weg merken können? Ich war allein jetzt schon vollkommen überfordert.

Hier unten schien die Kälte einen förmlich zu erdrücken. Jedenfalls hätte sie das, wäre ich noch ein normales Mädchen oder eine gewöhnliche Elementary gewesen. Aber das war ich nicht. Keines von beiden. Und somit machte es mir nichts aus. Zumindest die drückende Kälte nicht. Desdemona allerdings schon. Ein klein wenig. Ich spürte, wie sie sich zusammenriss, nicht zu zittern. Allerdings hatte sie eine Gänsehaut. Die konnte sie nicht verstecken. Auch nicht den Schauer, der ihr über den Rücken rieselte und zusammen zucken ließ.

Die Küche befand sich tief in dem Labyrinth aus zahlreichen identisch aussehenden Gängen und Türen. Desdemona war plötzlich stehen geblieben, wobei ich fast in sie hinein gerannt wäre. Doch sie schien es mir nicht übel zu nehmen. Zum ersten mal, schien sie mir überhaupt nichts übel zu nehmen.

Was war mit Desdemona MacKenzie passiert und wer war das Mädchen da vor mir? Tja. So kam es mir jedenfalls vor. Doch es war immer noch die selbe MacKenzie wie noch vor einigen Stunden.

Desdemona hatte mit ihrem Zeigefinger einige Kratzer an der Steinwand nachgemalt und mit einem Ruck hatte sich die Wand zurückgeschoben, sodass wir eintreten konnten. Hinter uns hatte sich die Geheimtür polternd geschlossen. Empfangen wurden wir von warmen Licht eines großen Kamins und mehreren Kerzen, wie auch einem Kronleuchter. Der Raum war gewaltig.

Es gab mehrere Kühlschränke und mehrere Öfen, Herds und Spülmaschinen, wie auch einige Wandschränke. In der Mitte des Raumes befand sich ein einzelner großer Tisch aus dunklen Holz.

Ich hätte mich einige Jahrhunderte zurückversetzt gefühlt, ins Mittelalter genauer gesagt, wären die elektrischen Küchengeräte und Kochutensilien nicht gewesen. Dennoch wirkte es auf mich wie in einer anderen Zeit. Schon merkwürdig, was allein der Ort und der Raum ausmachen konnten.

Die Küche war leer. Schon seit Ewigkeiten stand ich hier und bestaunte den Raum.

"Ich weiß. Beeindruckend, nicht?" Desdemona grinste. "Komm." Sie lief zielstrebig auf einen der Kühlschränke zu. "Wir wollen doch den armen Kakao nicht alleine lassen?" Grinsend sah sie mich an.

"Das wollen wir in der Tat nicht.", sagte ich ebenfalls grinsend und ging zu ihr. Sie riss schon den Kühlschrank auf. Mein Blick fiel auf zahlreiche Dinge. Doch es waren nicht die Dinge, die Desdemona und jeder "normale" Elementary ansahen, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Wie gebannt starrte ich das kleine Fläschchen mit der roten Flüssigkeit an.

"Hey. Hey, Mika!" Desdemona fuchtelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum.

"Hm?" Etwas benommen blickte ich zu ihr, was auch sie zu bemerken schien, denn sie sah mich ganz komisch an.

"Mika, alles in Ordnung?" Über meinem Kopf schien eine Glühlampe aufzugehen. Dieser komische Blick, den sie mir zuwarf, das war Sorge! Desdemona war besorgt! Etwas vollkommen Neues, was ich bei ihr noch nicht gesehen hatte.

"Ja, ja, alles in Ordnung!", antwortete ich hastig und zwang mich nicht mehr zu dem Fläschchen hinzusehen. Allerdings schien das auch meine Mitbewohnerin zu bemerken, denn sie suchte mit ihrem Blick das, was ich zuvor so gebannt angestarrt hatte. Ihr Blick blieb an dem Fläschchen hängen. Und langsam schien auch sie zu begreifen, was der Inhalt des Fläschchens war. Ihre Augen weiteten sich. Dann blickte sie zu mir, schielte auf meine Lippen, die momentan meine Eckzähne verbargen.

Schnell wandte Desdemona wieder ihren Blick und tat, als sei nichts gewesen. Sie nahm einfach die Milch aus dem Kühlschrank, die Sahne und ging auf einen der Wandschränke zu, um das Kakaopulver zu holen. Ich stand immer noch vor der offenen Kühlschranktür und wieder wurde mein Blick von dem Fläschchen angezogen. Im Hintergrund hörte ich, wie Desdemona unsere Getränke fertig machte. Mitsamt Milchschaum.

"Fertig!", hörte ich sie da. Ohne noch nachzudenken, umklammerten meine Finger das Fläschchen und ich schloss die Tür des Kühlschranks. Ich gesellte mich mit zu Desdemona an den Tisch. Grinsend schob sie mir meine Tasse hin. Der Kakao war vor lauter Sahne und Milchschaum nicht mehr zu sehen.

Sie selbst nahm ihre Tasse und wollte zum ersten Schluck ansetzen, als sie das Fläschchen aus dem Kühlschrank in meiner Hand entdeckte. Eine Weile lang starrte sie es an, dann holte sie einmal tief Luft. "Nun mach schon. Ich verurteile dich auch nicht."

Etwas unsicher sah ich sie an, doch sie lächelte nur aufmunternd. "Es ist doch nichts dabei." Dabei konnte ich Desdemona ansehen, wie sich auf ihrer Haut eine Gänsehaut bildete. Doch sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen und das rechnete ich ihr nun wirklich hoch an.

Langsam schraubte ich das Fläschchen auf und ließ die rote Flüssigkeit über meiner Tasse hinausfließen. Die Sahne und der Milchschaum verfärbten sich in sekundenschnelle rot. Ich sog gierig den metallischen Geruch des Blutes auf. Wasser lief mir im Mund zusammen, meine Eckzähne, die sowieso schon etwas länger und spitzer waren, schienen noch einmal länger und spitzer zu werden. Ich spürte Desdemonas Blick auf mir.

Doch ich hatte nur Augen für mein Getränk, das eine blutige Note angenommen hatte. Das nun leere Fläschchen ließ ich achtlos fallen und griff nach dem Löffel, um das Gemisch nun schön umzurühren, damit sich das Blut auch in der ganzen Tasse verteilte.

Lächelnd sah ich zu Desdemona. Auf deren Lippen allerdings war kein Lächeln. "Deine Augen.", sagte sie bloß, "Sie glühen blutrot."

"Es ist nichts.", erwiderte ich daraufhin bloß. Desdemona nickte nur. Dann überwandte sie sich und prostete mir zu. Ich tat es ihr gleich. Beinahe gleichzeitig nahmen wir den ersten Schluck. Ich musste zugeben, dass die Kombination aus Kakao, Sahne und Blut großartig schmeckte. Hauptsächlich lag es wohl an dem Blut, dass der Kakao wohl so überirdisch gut schmeckte. Doch daran wollte ich eigentlich überhaupt nicht denken. An Blut. Also schüttelte ich diesen Gedanken ab.

"Danke, dass du mir die Küche gezeigt hast.", sagte ich zu Desdemona und wandte mich ihr wieder zu. Sie allerdings starrte einfach nur aus geweiteten Augen auf einen Punkt hinter mir. Verwirrt sah ich sie an. "Desdemona?"

Sie allerdings sagte keinen Ton. Stattdessen erhob sie langsam ihren Zeigefinger und deutete hinter mich. Ihre Hand zitterte und auf ihrem Gesicht machte sich Angst breit.

Ihr Verhalten ließ mich misstrauisch und aufmerksam werden. Jeder Muskel meines Körpers spannte sich an. Adrenalin durchströmte meine Adern, als wären wir einer Gefahr ausgesetzt.

"Hinter dir." Es war kaum mehr als ein Flüstern und Desdemonas Blick sagte alles.

ObscuraWhere stories live. Discover now