Kapitel 26.2 - Catch me if you can

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Nachdem ich dies gesagt hatte, dauerte es eine Weile, bis sie sich aus ihrer Starre lösten und rannten auf mich zu. Hanne warf mir noch einen besorgten und ängstlichen Blick , dann rannte ich.

Sie war besorgt und hatte Angst um mich. Auch hatte sie Angst vor den Männern. Und ich war wütend. Wütend auf die Männer, die beinahe Hanne etwas getan hätten.

"Fangt sie!", brüllte einer von ihnen, ich schätzte er war der "Anführer" der Gruppe, wenn man das so nennen konnte.

Ich sprintete aus der kaputten Haustür. Die Männer folgten mir. Grinsend sah ich mich um. Meine Augen loderten noch immer wie blutrotes Feuer. Und noch immer spürte ich die spitzen Eckzähne. Doch ich hatte kein Problem mehr damit. Ich hatte akzeptiert, dass ich anders war. Es war kein Problem mehr für mich. Ich genoss es. Sie konnten mir nichts anhaben. Dazu waren sie zu schwach. Und ich zu stark. Zu mächtig. Aber ich hatte es unter Kontrolle. Ich hatte mich unter Kontrolle. Es war nun ich, die diese Macht kontrollierte und nicht mehr die Macht, die mich kontrollierte.

Die Menschen, die uns entgegen kamen, blieben stehen und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie mich sahen. Natürlich entging ihnen meine blutroten Augen nicht. Aber darum würde ich mich später kümmern. Die Männer hinter mir schrien und brüllten sich Befehle zu.

Eine Frau zog ihr kleines Kind zu sich und wich einige Schritte zurück, als ich an ihr vorbei rannte. Ihre angsterfüllten Augen folgten mir bis zur nächsten Straßenecke. Ich bog ab. Die Männer fielen ein wenig zurück, da einer von ihnen die Frau umrannte, die ihn nun anschrie. Ein Grinsen huschte über meine Lippen und ich wagte es, einmal zurück zu schauen, was sich allerdings als ein Fehler herausstellte. So bemerkte ich nicht, wie jemand aus dem Hauseingang lief, den ich dann dadurch umrannte. Wir beide landeten unsanft auf dem Boden.

"Kannst du nicht aufpassen?!", fuhr er mich missgelaunt an, kassierte von mir aber nur ein verärgertes Zischen.

Ich spürte seinen Blick auf mir, doch ich beachtete ihn nicht. Ich sah bloß nach hinten, wartete darauf, dass die Männer um die Ecker gerannt kamen.

Nun aber, wurde ich es leid, wie er mich die ganze Zeit anstarrte und drehte mich wütend zu ihm um. Meine Augen loderten, meine spitzen Eckzähne, waren zu erkennen.

"M-Mika?", hauchte er. Ich erstarrte. Das Glühen meiner Augen nahm ab, bis sie wieder ihre normale Farbe annahmen, ich hörte auf, die Zähne zu fletschen, sodass meine Eckzähne wieder verdeckt waren.

Der Junge vor mir hatte braun-rötliche Haare, die in der Sonne feuerrot aussahen. Seine Augen waren schwarz. Seine Haut blass. Ich schluckte. Damon. Damon, der wieder ein Jäger war.

Damon starrte noch immer meine Augen an, auch wenn diese aufgehört hatten, blutrot zu glühen. Sein Blick huschte kurz zu meinen Lippen, die nun meine Eckzähne wieder verdeckten. Ich konnte aus seinem Gesicht nicht lesen, was er dachte oder fühlte.

Ich rappelte mich schnell auf und trat einen Schritt vor Damon zurück. Würde er mich nun töten?

Er erhob sich. Sah mich an. Mehr nicht. Ich spürte, wie ich nervös wurde. Er wusste nicht, dass ich ihn gesehen hatte. Bei den Jägern. Er wusste nicht, dass ich nun wusste, was er wusste.

"Da! Fangt sie doch endlich!", ertönte das Gebrüll von einem der Männer. Sie standen nun an der Straßenecke und rannten nun wieder los. Wieder wechselten meine Augen die Farbe zu blutrot und ich rannte los.

Ich rannte auf den Wald zu. Der Wald, indem alles begonnen hatte. Der Wald, indem ich Damon das erste mal getroffen hatte.

Da wir nun im Wald waren, waren wir alleine. Keine Menschen, die unwissend waren. Keine normalen Menschen, die keine Elementary waren.

Ein starker Wasserstrahl schoss auf mich zu, ich streckte schnell meine Hand dagegen aus und ehe ich mich versah, wurde der Strahl von mir umgelenkt und traf den, der eigentlich mich damit hatte treffen wollen. Ich vernahm seinen Schrei, als er von seinem eigenem Wasserstrahl gegen einen Baum geschleudert wurde.

Ich bemerkte Damons Anwesenheit, der parallel zu den Männern hinter mir herrannte. Doch er benutzte seine Fähigkeiten nicht. Wollte er mich denn nicht töten? Wollte er mir helfen? Nein. Er war wieder ein Jäger. Ich hatte es doch selbst gesehen. Ich musste das akzeptieren. Mit dem Gedanken musste ich mich nicht anfreunden, es reichte aus, wenn ich es einfach so hinnahm, wie es nun einmal war.

"Du Idiot!", hörte ich einen von ihnen zu dem sagen, der gerade Bekanntschaft mit dem Baum gemacht hatte.

Der Nächste rannte schneller, um mich einzuholen. Ich bemerkte, wie sich auf einmal ein brennender Feuerball in seiner linken Hand bildete. Ehe ich mich versah, warf er und die lodernde Feuerkugel schoss blitzschnell auf mich zu. Ich riss erschrocken meine Augen auf, konnte nur hoffen, dass irgendetwas mich vor dem Feuer schützen würde.

Noch ehe ich meine Augen schließen konnte, wurde aus der Feuerkugel eine lodernde Feuerwand, die mich vor den anderen abschirmte. Überrascht starrte ich die brennende Wand an, dann nutzte ich die Chance und rannte. War ich es gewesen, die aus der Feuerkugel eine schützende Feuerwand gemacht hatte?

Ich mahnte mich, nicht zu überlegen, sondern einfach nur zu rennen. Wer konnte schon wissen, wann die Männer an der Feuerwand vorbei kamen? Und Damon. Weswegen war er hier? Ich konnte ihm nicht mehr trauen. Nicht, nachdem ich das gesehen hatte, was ich nun einmal gesehen hatte. Und dies entsprach einer Tatsache. Ich hatte es mir nicht eingebildet. Es war tatsächlich geschehen. Vermutlich fragte sich Damon nun, weshalb ich auch vor ihm davonrannte.

Was würde er tun, wenn er wüsste, dass ich gesehen hatte, wo er gewesen war?

So wie ich es beurteilen konnte, war niemand mir hinterhergekommen. Das bedeutete, auch Damon kam nicht an der Wand vorbei. Aber wie lange würde sie noch halten können? Und wo sollte ich hin?

Ich musste eine andere Schule finden und ich brauche eine neue Identität. Das klang alles so simpel. Aber genau das war es nicht. Ich hatte keine Ahnung, ob es andere Schulen gab, wie das Elementary Internat und auch wenn ich es wüsste, müsste ich erst einmal ohne geschnappt zu werden, dahin gelangen. Dazu durfte ich meine Identität nicht auffliegen, denn ansonsten wäre ich geliefert.

Gerade als ich gedacht hatte, ich hätte sie abgehängt, stand auf einmal der große Junge mit den endlos schwarzen Augen vor mir. Beinahe wäre ich erneut in ihn hineingerannt. Er sah mich aus seinen endlos schwarzen Augen an. Das Einzige, was er sagte, war mein Name.

Mika.

ObscuraWhere stories live. Discover now