Kapitel 75 - Verlangen nach Antworten

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Ein unsanftes Rütteln ließ mich aufschrecken. Ein wenig benommen versuchte ich meine Augen zu öffnen und etwas zu erkennen. Es sah so aus, als würde ich mich auf einer Rückbank eines Autos befinden. Ich kniff noch einmal meine Augen zusammen und öffnete sie danach wieder. Meine Sicht wurde klarer. Ja. Ich befand mich in einem Auto. Plötzlich zischte ich vor Schmerz auf. Sofort fasste ich mit meiner Hand neben die Stelle meines Herzens. Was, verdammt, war passiert?

„Du bist wach.", ertönte plötzlich die Stimme von Desdemona. Allerdings hörte sie sich nicht sonderlich erfreut an. Ich versuchte mich aufzusetzen. Desdemona saß auf dem Beifahrersitz. Von wem war das Auto? Und wie kamen wir an das Auto? Verwirrt zog ich mich hoch. Doch dies erwies sich als schwieriger als gedacht. Es tat ziemlich weh.

„Sind ihre Augen noch schwarz?", rief plötzlich jemand von hinten aus dem Kofferraum.

„Nein.", antwortete Desdemona. Verwirrt warf ich einen Blick in den Kofferraum. Dort entdeckte ich Nawin, der neben seinem gefesselten Bruder und der gefesselten Manou saß. Beide waren ohnmächtig.

„Also muss ich sie nicht wieder-?", fragte Nawin, doch wurde unterbrochen.

„Nein. Du musst sie nicht wieder K.O. machen.", meinte Desdemona, die mir einen feindseligen Blick zuwarf. „Denke ich jedenfalls."

„Kann mir vielleicht mal jemand sagen, was hier eigentlich los ist?", wollte jemand wissen. Die Stimme kam mir bekannt vor. Sofort schoss mein Blick zum Fahrersitz. Dort konnte ich die Rückseite eines jungen Mannes ausmachen. Skeptisch zog ich meine Augenbrauen zusammen. Doch dann erkannte ich ihn.

„Finley?", fragte ich ungläubig.

Er lachte. „Stets zu Diensten!", sagte er ohne den Blick von der Straße zu nehmen.

„Wie habt ihr - ?", wollte ich meine Frage stellen und wurde unwirsch von Desdemona unterbrochen. Dabei warf sie mir einen abweisenden Blick zu. Irgendwie erinnerte sie mich in diesem Moment ein wenig an Claire.

„Wir haben ihn angerufen. Seine Nummer hat er dir ja auf den Arm geschrieben. Und da niemand von uns in der Lage ist, uns alle innerhalb von Sekunden an einen anderen Ort zu bringen, oder ein Auto anzuhalten und den Besitzer zu manipulieren, war das der einzige Weg.", sagte sie. Finley seufzte.

„Ich bin also eine Stunde gefahren, um euch abzuholen. Ein bisschen Dank wäre schon angebracht, wie ich finde.", meinte er und sah auffordernd zu Desdemona. Diese ignorierte das. Scheinbar war sie richtig schlecht gelaunt.

„Danke für deine Mühe.", sagte ich deshalb und Finley nickte mir zu.

„Da wir das nun hätten.", sagte er. „Kann mich dann jetzt einer von euch bitte aufklären? Immerhin passiert es nicht jeden Tag, dass ich angerufen werden, um fünf Personen abzuholen, von denen zwei gefesselt und ohnmächtig sind, während eine ohnmächtig ist und ein verdammtes Messer in ihrer Brust stecken hat!"

„Ein Messer?", fragte ich und stockte. Da war doch was.

Desdemona schnaubte. Sie verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust und schaute starr aus der Windschutzscheibe.

„Ja, ein Messer!", sagte Finley. Anscheinend war er ein wenig wütend, denn er schlug mit seiner rechten Faust fest auf das Lenkrad, sodass ein langgezogenes Hupen ertönte. Allerdings schien er mich nicht weiter aufklären zu wollen. Wahrscheinlich war er wütend, weil man ihn nicht aufklärte und ließ mich deshalb nun im Dunkeln tappen.

„Vergessen wir nicht, dass der Junge aussieht, als sei er gefoltert worden und Frau so wirkt, als sei sie halb tot!", bemerkte Finley düster. „Wenn ich wegen euch ins Gefängnis komme ...!" Er sprach seine Drohung nicht komplett aus.

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