Let's call it a Meet-Cute.

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        Adriel hatte noch nie eine Sucher-Zeremonie gesehen, geschweige denn am eigenen Körper erlebt. Magie war nicht für Menschen. Sie gehörte den anderen Wesen, die in Anderthal ihr Leben führten. Wesen, die neben der Wirklichkeit lebten. Und er war im Begriff einen gewaltigen Schritt zur Seite zu tun.

Mit einem letzten Blick zu seinem Onkel schloss er die Augen und atmete aus. Es war ein befremdliches Gefühl, verletzlich, wo er sich keine Schwächen mehr leisten konnte.
Hinter seinen Lidern tanzte das flackernde Licht der untergehenden Sonne, das sich um die Häuserumrisse brach. Er spürte ihre Wärme auf seinem Gesicht und den leichten Wind in seinen Haaren.

Einatmen. Ausatmen.

Er breitete die Arme aus.

Es traf ihn mitten in der Brust, knapp neben dem Herzen. Beißende Hitze breitete sich von dort aus und züngelte durch seine Adern. Durch seine Arme in die Fingerspitzen, hoch in seinen Hals. Glühende Kohlen in seinen Händen, Flammen unter seinen Sohlen.
Für einen Lidschlag war er überzeugt, dass er wirklich brannte.

Seine Züge blieben unbewegt, als das Feuer seinen Kopf erreichte und seine Gedanken verschlang und für einen winzigen Moment das Gewicht seiner Entscheidung auflöste. Die letzten Tage im Nichts verschwinden ließ. Er sah Hitze. Schmeckte Asche aus seiner Zunge.

Und als nichts von all dem verklang, öffnete er die Augen.

Um ihn herum standen die Zeugen in einem Halbkreis und starrten ihn an. Wie Verurteilte einen Richter. Ihre Roben wisperten in dem leichten Wind, grau und beige. Zu farblos für diese Stadt, deren Magie sichtbar durch die Wurzeln an die Oberfläche trat.

Magie, die er immer noch nicht spüren konnte.

Mit einem leisen Räuspern ließ er die Arme sinken, wandte sich ab und begann sein Hemd wieder zuzuknöpfen. Der Versucht musste funktioniert haben. Er hatte keine Zeit mehr zu verschwenden.
Knapp neben dem Herzen, genau da wo ihn die Lichtkugel getroffen hatte, fand er schwarze Aschenähnliche Rückstände. Zurückhaltend wischte er darüber.

Die Wunde tat nicht weh. Sie sah nicht einmal sonderlich frisch aus. Stattdessen legte er eine kreisrunde von Mustern umringte Narbe frei, die ihn automatisch an die alten Zeichnungen einer Sonne erinnerte.

Mit den Fingerspitzen zeichnete er es nach, doch ein plötzlich aufflammender Schmerz ließ ihn zurückzucken und die Augen zusammengekniffen. Er musste aufgestöhnt haben, denn ein leises Tuscheln erhob sich hinter seinem Rücken, während jemand nach seiner Schulter griff.

Es war die schwere Hand seines Onkels, doch er war zu abgelenkt, um sie abzuschütteln. Zu gefangen in der neuen Explosion in seinem Körper, die drohte, seine Knochen zu zermahlen und seine Haut zu zerreißen.

Ein unkontrolliertes Licht tanzte vor seinem inneren Auge hin und her, wie eine Kompassnadel, die den Nordpol nicht fand. Riss ihn von links nach rechts, als hätte sie Haken in seinen Körper geschlagen.

Mit einem weiteren schmerzverzerrten Laut schlug er sich die Faust vor die Stirn. In einem irrationalen Anfall wollte er es auslöschen, seinen Kopf gegen eine Mauer rammen, damit der Schmerz ihn alleine ließ.
Seine Zähne knirschten unter der Anstrengung, weitere Schmerzlaute zurückzubeißen. Die Finger zu krampfhaften Fäusten geballt.

Im tanzenden Licht glaubte er, Figuren zu sehen. Augen. Verschwommene Gestalten. Er versuchte nach ihnen zu greifen, zu erkennen-
Der Schmerz verpuffte wie ein abgeschnittenes Echo.
Atemlos riss er die Augen auf.

Neben seinem Onkel stand eine Frau. Sie war noch kleiner und noch rundlicher als sein Onkel, verhüllt durch viele bunte Tücher. Auch sie passte nicht in diese Stadt. Ihre grünen Augen starrten aus schwarz umrandeten Kreisen zu ihm hoch, ein lautloses Lachen darin. Sie hatte ihn gewarnt.

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWhere stories live. Discover now