Grimmons.

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           Ana bekam keine Antwort. Selbst nach mehreren Versuchen, ließ Lady DeCries sich nicht erweichen. Stattdessen wurde sie irgendwann des Zimmers verwiesen, mit der liebevollen Bitte, doch noch die Besorgungen zu erledigen.

Sie fand Koch nicht in der Küche, sondern oben bei den Schlafzimmern wieder, wo sie auf Händen und Knien gerade unter ein Bett lugte und leise fluchte.
„Grimmons", erklärte sie, als sie Ana hinter sich bemerkte und wischte mit einem Arm über den Unterboden des Betts, „Kleine Biester, deren Gestank schlechte Träume bereitet. Wir hatten schon lange keinen mehr."

Ana schnüffelte einmal bewusst, doch da sie ebenfalls Merkwürdiges in der Nacht geträumt hatte, behielt sie den Geruch von Lavendel für sich und half stattdessen der Köchin wieder auf die Beine.
„Ich könnte helfen", bot sie an, „Wenn Ihr mir sagt, wie ein Grimmon aussieht."

Koch schnaufte und klopfte ihre Schürze ab. „Das wäre wundervoll Kind. Der vergessene Caraid weiß, wie viel ich mit der Geburtstagsvorbereitung von Lady Rea zu tun habe!" Sich sofort mit der Idee anfreundend, war sie bereits auf halbem Weg an Ana vorbei und ein gutes Stück die Treppe herunter, ehe sie über die Schulter rief: „Grimmons sind magisch und unsichtbar! Du wirst ihn ertasten müssen!" Und damit war sie verschwunden.

Ana starrte ihrem Nachbild hinterher, die Augenbrauen bis zu ihrem Haaransatz hochgezogen. Noch eine Geschichte für Cassy: Ana auf der Jagd nach unsichtbaren Grimmons. Mit einem ergebenen Seufzen drehte sie sich wieder um.

Es war leicht an den offenstehenden Türen zu erkennen, in welchen Räumen Koch bereits gesucht hatte und Ana öffnete einfach die Nächste zu ihrer linken. Unschlüssig stand sie in der Tür.
Die Bediensteten, Gäste und die Hausherrin und Rea wohnten alle auf demselben Flur. Lady DeCries behielt gerne alles im Auge und das schloss ihr Personal ein.

Die Zimmer waren sich alle ähnlich: Klein, mit unebenem Holzboden und dicken hellen Teppichen darauf, bequemen Betten, einem Schrank und einem Schreibtisch. Sie unterschieden sich lediglich darin, was die Bewohner aus ihnen machten. Bunte Quiltdecken, kleine Truhen und Töpfchen und Phiolen auf dem Schreibtisch bei einem der Zimmermädchen. Vorhänge, mehrere Paar schmutziger Stiefel und eine Mistgabel im Zimmer des Stallmeisters.

Auf Händen und Knien tasteten Ana jede Ecke von ihnen ab, stets darauf bedacht, den Raum genauso zu verlassen, wie sie ihn vorgefunden hatte. Ihr war bewusst, dass Privatsphäre im Haus von Lady DeCries nicht existierte und doch war ihr Vorgehen ihr immens unangenehm und sie wäre sicherlich vor Scham gestorben, wenn sie jemandem begegnet wäre.

Die dritte Tür ließ sich nur schwer öffnen und das Zimmer dahinter war offensichtlich unbewohnt. Es war immer noch sauber. Keine Staubschicht auf dem Stuhl und die Fensterläden zu den Straßen hinunter waren geöffnet. Aber außer dem weißen Bettzeug befand sich nichts in dem Raum. Keine liegengelassene Schürze, keine zusammengelegte Uniform auf dem Bett. Lediglich eine Buchtruhe stand neben dem Schreibtisch, genauso leer und verlassen wie das Zimmer.

Ana schloss hinter sich die Tür und ging auf die Knie. Unter dem Bett fischte sie statt einem Grimmon einen dunklen Ring hervor, der bei näherer Inspektion aus einer einzigen dunklen Locke bestand, die jemand geflochten und mit einer silbernen Schnalle befestigt hatte. Lady Reas Haare.

Ana setzte sich auf die Bettkante, den Ring im Sonnenlicht hin und her drehend. Hatte er dem Vorbesitzer dieses Raums gehört? Es erschien ihr wie ein sehr persönliches Andenken, das man eher nicht unter einem Bett vergessen würde. Sie hatte auch keine fehlende Strähne bei Rea entdeckt, was eher dafürsprach, dass der Ring hier schon eine Weile lag.

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWhere stories live. Discover now