Asche und Schnee

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          Lucah half ihnen, auch wenn es ihm nicht gefiel. Er äußerte sich natürlich nicht über seine Bedenken. Schweigend holte er vier Pferde für sie und ritt mit ihnen aus der Ankunftsstadt. Aber Ana musste nicht Gabbys Fähigkeiten besitzen, um seine Einwände zu sehen.

Genau wie er, erwartete sie Adriel hinter jeder Wegbiegung, hinter jeder Baumgruppe und in jeder entfernten Siedlung. Sie wusste, dass er ihre Flucht bemerkt hatte. Es gab keinen Weg darum herum. Jetzt galt es nur noch die Seelenweberinnen vor ihm zu erreichen.

Die Flucht mit ihnen war anders als die Flucht mit Kaïa. Keiner von den anderen dreien fragte, warum Ana kaum schlief, sondern nahmen es als dankbaren Grund, ihr die zweite Wache zu geben, die sich von der Mitte der Nacht bis in die ersten Morgenstunden zog.

Gabby blieb oft mit ihr wach, weil Salem nicht schlafen konnte, wenn sie alleine aufpassen sollte. In den leisen Stunden des Morgens brachte sie Ana bei, wie man ein Lagerfeuer aufbaute und Feuer mit nur zwei Stöcken machte. Und Salem verbrachte ihre darauffolgende Nachtwache damit, ihr es ihr noch einmal „richtig" beizubringen.

Am Tag ritten sie. Rastlos. Zügig. Lucah an der Spitze. Salem am Schluss. Sie hatte ihm nichts von dem Schnitt in ihrer Hand gesagt, doch seine nervöse Natur ließ ihn ebenfalls immer wieder den Kopf drehen.

Schnee kam und bremste sie aus, gerade als die Hügel des Westens sich vor ihnen erhoben und Lucah sich ein wenig entspannte. Ana, deren erster Schreck der Erinnerung abgeklungen war, versucht sie noch einmal hervorzulocken. Ohne Erfolg. Das Geheimnis um Kaliah und Anas Verbindung zu ihr blieb bestehen.

Mit ihrem Einverständnis (und dem ihres Monokulars) begann Salem während seiner Wache an ihm zu doktern, bis es einen Abend die magischen Auren nur noch in blau und danach für vier Tage wechselnd in allen Regenbogenfarben anzeigte.

Keiner war sich ganz sicher, ob er etwas verstellt hatte oder das Monokular nach so viel Aufmerksamkeit verliebt war. Zumindest konnte sie es ihm immer geben, ohne danach kleine Stromschläge in ihre kalten Finger zu bekommen.

Mit dem finalen Hereinbrechen des Winters wurden die Nächte unerträglich. Sie hatten nicht genügend Decken, nicht genügend Kleidung, um sich oder ihre Reittiere warm zu halten. Ana traf es am schlimmsten. Selbst, wenn sie direkt neben dem Feuer saß, tauchten Frostbeulen auf ihrer Haut auf, die ihr verrieten, dass Adriel nicht weit sein konnte. Und er stoppte nicht an warmen Feuern.

Salem versuchte sie abzulenken, indem er Ana Dinge durch das Monokular zeigte. Es war für Ana endlos faszinierend, was alles Magie beinhaltete. Eingeschneite Pflanzen, die für starke Tränke genutzt wurden, glommen golden und blau.
Wegweiser, die einem stets den Namen des eigenen Ziels zeigten und so einen direkt in den Hinterhalt von Wegelagerern locken sollten. Ein verlorener Stein, den weder Salem noch Lucah oder Gabby einordnen konnten, glomm verdächtig rot. Salem steckte ihn trotzdem ein.

Erinnerungen sah sie keine mehr.

Schließlich ließ es sich nicht länger vermeiden. Als am Horizont endlich ein Dorf in Sicht kam, verkündete Salem, dass sie sich dort wärmere Kleidung besorgen mussten, wenn sie weiterhin sicher reisen wollten.

Ana war aufgeregter, als sie zugeben konnte. Dörfer bedeuteten, unter Menschen zu gehen. Und das hatte die letzten Versuche mit Kaïa zusammen nicht sonderlich gut funktioniert.

Sie hatte ihn fast vergessen. Den Mann, den sie sitzend unter dem Baum gefunden hatten. Frostüberzogen. Eine Nachricht für die Frau, die lediglich auf dem Absatz kehrt gemacht hatte.

Und dann die Gaststädte. Der Wirt mit den merkwürdigen Tätowierungen und wie sie Adriel geholfen hatte, um ihr eigenes Leben zu schützen. Sie erzählte Lucah davon, unruhig in ihrem Sattel hin und her rutschend.

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWhere stories live. Discover now