Erddämon

167 43 2
                                    

꧁꧂

          Ana fand keinen Schlaf. Just diese eine Nacht wünschte sie sich sogar, dass eine Seelenweberin auftauchen würde. Wenn jemand von vergessenen Caraiden wusste, dann ja wohl sie. Sie lief die Länge ihres Zimmers ab. Blätterte durch jedes Buch zwei Mal. Richtete das Monokular auf jede einzelne Seite.

Nichts.

Das Licht veränderte sich in ihrem Zimmer. Die Schatten wurden zurück in die Ecken getrieben und eine selbst für den Palast ungewöhnliche Geschäftigkeit breitete sich im Gebäude aus.

Stimmen, so weit entfernt, dass Ana kein Wort mehr verstand, waren laut genug, dass sie ihren Weg bis in ihr Zimmer fanden. Sie brandeten auf und wurden wieder leiser, wie die Wellen und ihr gleichmäßiges Rauschen im Hintergrund.

Ana hing über ihr Bett hinaus, das Buch über ihrem Kopf. Als die Tür aufgestoßen wurde, ließ sie den Kopf über die Kante ihres Bettes fallen, sodass sie verkehrtherum zur Tür sah, durch die im nächsten Moment Adriel stürzte. Mit einem Schwert.

Ana ließ das Buch fallen.

Das Buch fiel ihr ins Gesicht.

„Du bist hier drinnen." Erleichterung, die Ana nicht zuordnen konnte, schwang in seiner Stimme mit, als er sich zu ihr umdrehte. Ihm standen Schweißperlen auf der Stirn und sein Atem kam stoßweise, als wäre er eine lange Strecke gerannt. War das ein Riss in seinem Hemd? Direkt neben dem Ärmel?

Mühsam richtete sie sich auf.
„Adriel weißt du, wer-.... Wo gehen wir hin?" Sie saß noch nicht ganz aufrecht, da griff Adriel bereits ihre Hände und zog sie auf die Füße.

Ohne Zögern griff er unter ihr Kopfkissen, reichte ihr Dolch und Monokular und steckte beides in ihre Rocktaschen zu Cassys Otter. Sorge machte seinen Blick schwer auf ihren Schultern, aber er gab sich selbst keine Zeit darauf zu verweilen.
„Lauf leise und halt denen Kopf gesenkt."

Ana konnte ihm kaum folgen. „Was ist passiert?"

Als nächstes öffnete er die Türen ihres Schrankes und zog den dicksten Wintermantel heraus, den Ana noch nie getragen hatte.
„Wir müssen verschwinden."

Ana hätte die Worte fast verpasst, kurzzeitig abgelenkt durch die Fürsorge, mit der er den Mantel über ihren Schultern drapierte.

Wieder wurden über ihnen Rufe laut. Dieses Mal näher. Knapp und scharf wie Kommandos, denen Schritte im Dauerlauf folgten.

Etwas war passiert. Doch Adriel hatte sich bereits zur Tür umgedreht.
„Ich weiß, dass unser Seelenband nicht mehr existiert."

Ana war kurzzeitig zu geschockt, um sich zu bewegen. Er wusste davon? Würde er sie jetzt hinrichten? Hatte er deshalb ein Schwert.

Die Worte mussten auf ihrer Stirn zu lesen sein, denn Adriel griff einfach ihre Hand und öffnete die Tür.
„Ich wusste es, in dem Moment als du in mein Zelt marschiert kamst. Aber jetzt ist es leider ein Problem."

Mit ihrer freien Hand hielt Ana den Mantel auf ihrer Schulter und versuchte gleichzeitig das zu tun, was er ihr gesagt hatte und abzuschätzen, wohin sie gingen. Sollte sie alleine fliehen? Er hatte ein Schwert. Wozu brauchte er ein Schwert hier drinnen?

Die Gänge waren Chaos. Ana hatte sie noch nie so belebt gesehen. Nie so hektisch. Menschen rannten über den Boden, ihre Schritte ein ungleichmäßiges Trommeln. Keiner von ihnen hatte Augen für Adriel oder Ana. Sie trugen Gegenstände oder zogen andere hinter sich her, laute Zurufe und angespanntes Wispern.

Adriel wartete trotzdem vor jeder Ecke und warf einen Blick voraus, ehe er sie hektisch weiterzog. Ihr Puls verdoppelte sich. Was erwartete er? Wikinger? Ana hatte ihn noch nie so erlebt. Er gab ihr keine Antwort, bevor er fast fünf Minuten später eine ähnliche Tür wie ihre erreichte und sie vor sich in das Zimmer schob.

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt