Intrigen bei Nacht (wenn eh schon alle wach sind)

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          Die Seelenweberinnen konnten ihr an dem Abend keinen Besuch abstatten, denn sie hatten selbst Gesellschaft.

Kaïa stand, ihnen den Rücken zugewandt vor dem Kamin und wärmte sich die Hände. Es war nicht notwendig. Kälte hatte ihr noch nie viel ausgemacht, aber sie hatte sich die Geste über die Jahre bei den Menschen abgeschaut und nutzte jede Gelegenheit, um sie zu zeigen.
„Netter Plan, den ihr da habt. Was soll es werden? Sie bringt ihn um und endlich wird wieder ein Platz auf den Thronen der Caraiden frei, den sie einnehmen kann? Wäre es nicht schlauer, den Nachtfuchs umzubringen? Die Leute würden denken, die Rebellen hätten Erfolg gehabt."

Sie spürte die vielen Augenpaare in ihrem Rücken wie heiße Fingerabdrücke. Noch ein Grund, sie nicht anzusehen. Sie jagten selbst ihr eine Gänsehaut über die Arme, wenn sie so schnell ihr Alter wechselten.
„Wir haben vergessen, wie alt du wirklich bist."

Kaïa schüttelte sich leicht. Die Stimmen waren schlimmer. So monoton. Wie ein Echo.
„Liegt an der Maske. Hält jung." Sie starrte in die Flammen, bis ihre Augen schmerzten. Sie sah keine Bilder darin wie manche ihrer Schwestern und dafür war sie dankbar. Sie war bereits genug gestraft.

„Wir haben den Stein nicht mehr." Dieses Mal sprach nur eine und Kaïa glaubte in ihrer Stimme diese winzige silbrige Spur des Mitleids zu hören.

Sie unterdrückte ein Seufzen und drehte sich schließlich um.
„Ich weiß. Ich will von euch wissen, wie ich ihn aus Mika'ils Händen zurückbekomme."

Jedes einzelne Gesicht hatte denselben blanken Ausdruck. Desinteressiert. Teilnahmslos. Ausgewaschen durch Tausend Jahre Unsterblichkeit.
Es war Kaïas Albtraum, aber sie konnte nicht wegsehen.

Schließlich sprach die in der Mitte wieder.
„Du hast die Kraft, ihn zu überwältigen."

Kaïas Finger knackten.
„Das ist nicht mein Stil." Mika'il war ähnlich alt wie sie. Er kam aus derselben Welt.
Wahrscheinlich würde er einen Weg finden, den Stein verschwinden zu lassen. Mit irgendwem einen Tausch aushandeln, den er eh nicht einhalten würde- nur wenn es ihn nach Hause brachte. Sie hatte ihn erlebt. Er war besessen.

Die Seelenweberinnen ließen sich Zeit mit ihrer Antwort, als kämen sie nach und nach zu demselben Schluss wie Kaïa.
„Du hast den Groll des Orakels geweckt. Ihr Einfluss auf die Rebellen schadet unserem Land."

Kaïa rollte mit den Augen.
„Ihr wollt den Usurpator genauso wenig auf dem Thron wie sie. Seht es als Geschenk. Er wird eher seinen Bruder umbringen als eure Tochter. Egal wie oft ihr sie nachts besucht."

Keine Regung. Es war, als unterhielte sie sich mit Puppen. Aber sie spürte die Veränderung in der Luft, als die Frauen die unterschiedlichen Garne des Schicksals zu einem zufriedenstellenden Muster verwoben hatte. Ihre Entscheidung war gefallen.
„Es wird Zeit, etwas richtig zu stellen."

Kaïa wusste, wovon sie sprachen, noch bevor sie fortfuhren.
„Der Handel um deine Maske hat dich nicht zum Schweigen verpflichtet." Eine Welle ging von links nach rechts durch die Frauen und hinterließ sie in unterschiedlichen Altern, die Stimmen teilweise kindlich, teilweise krächzend. „Sprich und dein Plan wird aufgehen."

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          Ana wurde nicht erwischt, als sie zurück in ihr Zimmer schlich, obwohl ihre Gedanken sich die ganze Zeit um die kleinen Fetzen Information drehten, die er ihr gegeben hatte. Die Warnung hatte etwas mit den Caraiden zu tun. Und die Seelenweberinnen wollten Adriel tot sehen.

Anstatt ihren Gang in die Bibliothek überflüssig zu machen, hatte Lord Gallowen ihn dringlicher denn je gestaltet. Sie war sich sicher, dass sie zwischen Warnungen, Caraiden und Drachen etwas finden würde, dass sie Salem weiterleiten konnte.

The Demon Stone - Der Weltenwandler IOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz