Inkognito Stallmeister und Welten-Broschüren

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          Salem stand hinter der Tür, die Faust noch immer erhoben. Erstaunt machte er Ana Platz, als diese sich zu ihm hinaus auf den Gang schob und hinter sich die Tür wieder schloss. Sie warf zwei schnelle Blicke den Gang hinauf und hinunter und stellte mit minimaler Erleichterung fest, dass sie noch immer alleine waren.

„Wir haben ein Problem."

Salem war nicht amüsiert.
„Auf jeden Fall haben wir ein Problem! Das ist eine Weltenwandlerin in dem Zimmer! Sag mir, dass du den Schlüssel zu der Tür hast und wir sie einsperr-..."

„Wir müssen seine Trägerin retten", fiel Ana ihm ins Wort, den Blick auf die ungleichmäßig verlegten Fliesen zu ihren Füßen gesenkt. Sie hatte einen Plan gebraucht. Das war ein Plan. Sie mussten die Trägerin retten.

Salem brauchte einen kurzen Moment, um diese Informationen zu verarbeiten. Er starrte für mehrere Sekunden ins Leere, ehe er endlich hervorbrachte: „Das ist eine furchtbare Idee. Wenn man uns dabei erwischt, würden wir gehängt werden. Und selbst wenn es funktioniert, wie willst du das der Hausherrin erklären?"

Wie würde sie Lady DeCries irgendetwas erklären? Ana hatte die untere Lippe zwischen ihre Zähne gezogen. Sie konnte die Trägerin nicht im Stich lassen. Hätte man sie alleine gelassen, wäre sie nicht mehr am Leben. Sie erinnerte sich an Kochs Zorn, als sie davon sprach, das Ana genau dasselbe vorhatte wie Kaliah. Wie sehr es die Familie verletzt hatte. Wie sehr es Rea verletzt hatte.

Sie schloss die Augen, um ihre Gefühle zu kontrollieren.
„Wir werden gar nichts erklären. Wir müssen von hier verschwinden." Sie konnte Lady DeCries nicht ins Gesicht sehen und ihr sagen, dass ihre einzige Tochter verschwunden war. Dass alles nur ein Zufall war und sie nichts damit zu tun hatte.

Salems Augen wurden hinter der Brille groß.
„Wie willst du ohne Schiff von dieser Insel kommen? Du kannst nicht hier bleiben- Lady DeCries wird Jagd auf uns machen! Nein- nein, nein, nein."

Ana atmete tief ein und aus. Draußen würde Adriel auf sie Jagd machen. Die Aussichten standen mal wieder auf Mord. Aber das hielt sie schon länger nicht mehr auf.

Salem bekam davon nichts mit. „Ana, Weltenwandler sind gefährlich."

„Träger angeblich auch, aber sieh mich an. Das da drinnen ist nicht Mika'il."

Salem musste sein 'dem Orakel sei Dank' nicht aussprechen, dass Ana es trotzdem in seinen Augen las. (Er wollte nicht auf Adriels schlechte Seite kommen, aber dem Weltenwandler wollte er kein zweites Mal begegnen. Er hatte die Beule vom letzten Mal immer noch. Aber das wiederum wusste Ana nicht.)
„Du sagst dauernd ihn, ist das da drinnen ein Kerl?"

„Er heißt Gabriel", erwiderte Ana in Gedanken bereits zehn Schritte weiter, „Aber ich werde ihn... sie... noch fragen müssen, mit was er am liebsten angesprochen werden würde."

Salem winkte ab, als gäbe es Wichtigeres als die Verteilung von Pronomen in diesem Augenblick.
„Warum sollte ich dir helfen? Das ist eine furchtbare Idee, die unser baldiges Ende ausbuchstabiert! Was, wenn Adriel merkt, dass du sein sicheres Nest verlassen hast?"

„Dazu müsste er sich explizit auf mich konzentrieren und momentan hat er andere Sorgen." Er hatte hoffentlich andere Sorgen. "Und selbst wenn- er muss uns erst einmal einholen."

„Und wo willst du hin?"

Ana drückte die Schultern durch. Ihre Hand griff wieder zu dem Tattoo.
„Zu den Seelenweberinnen. Sie können mein Band zu Adriel durchtrennen." Dahin, wo sie Mika'il eigentlich hatte hinbegleiten wollen. Wo Adriel sie nicht fand.

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWhere stories live. Discover now