Coole Teenager brechen Regeln. Andere Teenager brechen Fenster.

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          Wenn Ana auch nur einen Bruchteil ihres Abschlussjahres retten wollte, würde sie sich bei Colin entschuldigen müssen. Und dazu brauchte sie Nele. Nele war das Nächste, was Ana als Freundin bezeichnen würde. Mit dem feinen, aber prägnanten Unterschied, dass Nele beliebt war, deshalb seltener in Schulschränken eingesperrt wurde und zu Partys ging.

Partys, auf die anscheinend auch Colin eingeladen wurde, der ihr mittags nicht einmal die Tür hatte öffnen wollen, als sie im Nieselregen in seiner Einfahrt stand.
Ana hatte eine verdammt gute Lüge gebraucht, die ein Probetraining in Neles Sprintmannschaft beinhaltete, dass sie abends noch einmal das Haus hatte verlassen dürfen.

„Willst du wirklich im Pulli von deinem Stiefvater auf eine Party gehen?", Nele schwang ihre Trainingstasche auf die andere Schulter, „Hast du vergessen, wie unangenehm dein letztes Outfit-Debakel für mich war?"

Ana zog kopfüber eine Grimasse, ihre Haare in einem Pferdeschwanz zusammenfassend.
„Tut mir leid?" Mit einem Seufzen zog sie den Pulli über den Kopf, stopfte ihn in ihre Sporttasche und folgte ihrer Freundin die Straße hinunter. Sie war sich ziemlich sicher, dass das nicht am Outfit gelegen hatte. Sie hatte keine Einladung für die Party gehabt und musste vier Stunden draußen auf Nele warten, bis die betrunken genug war, ihren Bruder anzurufen. Aber das sagte sie natürlich nicht.

Bilder von schwankenden Jungen kamen zu ihr zurück, die sie energisch hinter eine Wand schob. Hände auf ihren Oberschenkeln. Alkohol auf ihrem Atem. Nele hatte nie gefragt, warum sie beinahe geweint hatte, als ihr Bruder sie endlich abgeholt hatte und Ana wusste, dass Erklärungen überflüssig waren.

„Colin hat die Einladung auch nur als Schweigegeld bekommen, damit er das Fußballteam nicht verpetzt", Nele rümpfte die Nase, „Aber die Party wird so voll sein, dass keiner bemerken wird, wenn du dich reinschleichst."

Ana biss sich auf die Unterlippe. Sie wurde immer überall bemerkt. Manchmal fragte sie sich, ob über ihrem Kopf ein großer grüner Pfeil auf sie deutete, mit den Buchstaben: ‚Achtung Wahnsinnig' in Signalfarbe daneben.

Nele musste etwas ähnliches gedacht haben, denn für einen kurzen Moment verzog sie den Mund, als hätte sie auf etwas Bitteres gebissen. Zögerlich sah sie Ana von der Seite an.
„Sei einfach einmal normal, okay? Ich will nicht noch mal erklären müssen, warum ich mit einem Mädchen abhänge, das mit Stühlen redet und ihrem Doktor das Ohr abgebissen hat."

So viel dazu. Dr. Neill hatte noch beide Ohren, vielen Dank.
Um sie herum gingen die Straßenlampen bereits an, als das Licht des Tages sich hinter den Horizont verkroch. Als Andres Haus in Sichtweite kam, wurden beide Mädchen langsamer. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Judy Ana anrufen würde, wo sie abblieb. Sie hatte nicht viel Zeit.
„Nur kurz rein und dann wieder raus", rief sie Nele ins Gedächtnis.

Nele zog ihr eine Grimasse.
„Lass uns etwas trinken und dann sehen wir weiter." Sie sah aus, als wolle sie jeden Moment loshüpfen, die Aussicht auf ein langes Wochenende Grund genug, dass sie sich in ein weiteres Koma trinken würde.

Etwas Schweres machte sich in Anas Hals breit.
„Du weißt, dass ich mit meinen Medikamenten keinen Alkohol-..."

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWhere stories live. Discover now