Wir sind soooo kurz vor tot.

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          „Will ich wissen, wie du da reingekommen bist?"

Adriel klang nicht direkt herablassend, aber Ana sah das winzige Zucken seiner Mundwinkel, als hätte er einen Hasen in der Falle gefunden. Jemand hatte die Arbeit für ihn erledigt.

Schön für ihn. Er war nicht ihr größtes Problem. Früher oder später würde sich auch dieser wundervolle Weinkeller hinter ihr mit Bildern füllen und bis dahin wollte sie einen Ausweg haben. Sonst würde sie selbst für den Nachtfuchs keine Versprechen mehr machen.
„Geh einfach weiter."

Sie verdoppelte das Tempo, mit dem sie den Draht bearbeitete. Etwas, was Adriel beunruhigt seinen Schuh dazwischen halten ließ. Der Humor war aus seinen unangenehm grünen Augen verschwunden. Selbst im Halbdunkel wirkten sie fremd in seinem eigenen Gesicht.
„Bitte lass mich helfen, bevor du uns noch einen Finger kostest."

Ana stoppte - überlegte, ob sie durch seinen Fuß säbeln sollte und hatte sofort Judys entrüstete Stimme im Ohr. Er war vielleicht nicht das größte Problem, aber er kämpfte hartnäckig um den Titel. Moment... Ihre Hände hielten inne. Vor ihren Augen ebbte das Zittern ab- schwoll wieder an und verschwand wieder. Ana kniff kritisch die Augen an. Das war... neu.

Weil sie sich nicht mehr mit ihrem Ausbruch ablenken konnte, sah sie sich gezwungen, den Blick zu ihm zu heben. Langsam und jedes Gramm Abneigung in die Bewegung legend. Er konnte hoch gehen und die Rebellen ablenken. Vielleicht würden sie sich ja gegenseitig aufhalten. Aber sie würde nicht mit ihm kommen. Nicht, wenn er sie einsperren würde.

Adriel seufzte und zog sein eigenes Messer aus seinem Stiefel. Es war gezackt und schärfer als der Dolch, den Kaïa Ana überlassen hatte. Nicht zum Werfen, aber dafür besser zum Durchtrennen von Draht geeignet.
„Du wirst mir zustimmen müssen, dass ich deutlich weniger Motivation habe, deinen Kopf auf einer Lanze zu sehen."

Nacheinander trennte er die Drahtstücke mit einem leisen Pling auf, das Ana immer wieder beunruhigte Blicke zur Decke werfen ließ. Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie wollte, dass man ihn entdeckte oder nicht.
„Du hast versucht, mich mit einem Schwert aufzuspießen?"

Wieder zuckten seine Mundwinkel, doch er ließ nicht von seiner Arbeit ab. Er hatte geschickte Hände, die seine ganze Konzentration forderten. Aus der Nähe war es schwieriger sein Alter zu bestimmen. Der Schatten einer überfälligen Rasur setzte ihn irgendwo an das Ende seiner Zwanziger oder Anfang Dreißig.

Als er Anas musternden Blick bemerkte, sah er sie an.
„Ich bin nicht selbstmordgefährdet."

Pling. Noch ein Draht.

Ana verschränkte die Arme. Sie fühlte sich wirklich merkwürdig.
„Wirklich? Weil so wie ich das sehe, versuchst du gerade in eine Zelle einzubrechen."

Der letzte Draht sprang in zwei Teile, doch bevor das ausgeschnittene Viereck in den Keller und damit auf Ana fallen konnte, hatte Adriel es bereits gegriffen und neben sich in den Schnee geworfen. Schließlich duckte er sich tiefer und reichte Ana eine Hand.
„Kommst du?"

Ganz bestimmt nicht. Er wollte sie einsperren. Und Ana hatte nicht genug Atemzüge übrig, um ihm zu erklären, dass das eine furchtbare Idee war. Die Bilder konnten einen genauso verletzen, wie der Versuch, ihnen aus dem Weg zu gehen. Und wenn er ihr diese Option nahm...

Fast wäre sie rückwärts von ihrer Box runtergestiegen, als sie Stimmen und Schritte hörte. Es mussten mindestens zwei Männer sein, die die Treppe zu ihr herunterkamen. Sie konnte kein Wort hören, aber die Spannung, die dahinter lag. Sh*t.

The Demon Stone - Der Weltenwandler IWhere stories live. Discover now