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Verlorenes Vertrauen
Jahr 2018, Februar - Korea

„Jetzt nimm das Messer, aber sei vorsichtig. Die Wunde wird nicht so schnell verheilen."

Hyunjin PoV:

„Bist du verrückt? Das tut doch weh." Sichtlich entsetzt legt er das Messer neben mir auf dem Bett ab, weshalb ich mich wieder leicht zu ihm drehe. „Ich will, dass du aufhörst Angst vor mir zu haben, also mach. Wenn du vorsichtig bist, ist es nicht so schlimm." Ich habe es schließlich selber schon angewandt um ihn zu täuschen, aber das erzähle ich ihm lieber nicht. „Woher soll ich wissen, dass das nicht schon wieder ein Trick ist?"

„Weil mich dieses Messer töten könnte. Ich hätte es dir nicht geben, wenn ich dir etwas antun wollen würde. Wozu sollte ich mich dann in Gefahr bringen? Es wäre ein leichtes für mich dich umzubringen. Ich hätte es schon längst tun können, aber das war von vorne herein nicht meine Absicht." Ich kann verstehen, dass es für ihn nicht leicht ist. Es kann schon ziemlich verwirrend und beängstigend sein.

„Was willst du dann von mir?" Unsicher sieht er abwechselnd von dem Messer zu mir und wieder zurück, woraufhin ich für einen Augenblick schweige. Ich weiß nicht, wie ich es ihm richtig beweisen kann, dass ich ihm nichts antun möchte. Aber ich sollte von nun an ehrlich zu ihm sein. „Dich beschützen."

„Ich verstehe es nicht. Was hast du davon mich zu beschützen? Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst. Schließlich bin ich kein kleines Kind mehr." Da hat er recht, er ist kein Kind mehr. Aber es gibt gefahren in dieser Welt die vom Alter unabhängig sind. „Wenn du mir die Möglichkeit gibst, kann ich es dir erklären."

„Dann los, rede. Ich höre zu." Mit einer auffordernden Handbewegung sieht er mich erwartungsvoll an, weshalb ich mich langsam in dem Bett aufrichte. „Kann ich bitte vorher etwas zu essen bekommen. Ich habe fürchterlichen Hunger und möchte dir gegenüber nur ungern die Kontrolle verlieren."

„Ist das dein Ernst?" Leider ja, aber ich kann nichts dafür, dass mein Körper auch Nahrung braucht. Und da er eigentlich auf unserem Speiseplan steht, sollte ich wohl besser keinen Hunger haben, wenn ich mich noch länger in seiner Nähe aufhalte. „Ich war vor ein paar Tagen in einen Kampf verwickelt und bin dabei verletzt worden, wie du vielleicht sehen kannst. Und mein Körper braucht sehr viel Energie um sich zu regenerieren und wenn du nicht willst, dass ich über dich herfalle, gib mir die Flasche mit Blut aus meiner Tasche."

„Du hast Blut dabei?" Angewidert dreht Jeongin sich kurz von mir weg und wirft einen Blick auf meine Tasche, weshalb ich etwas schmunzeln muss. „Was denn? Du nimmst doch auch Brot mit zur Schule? Ich habe nun einmal mein Essen auch immer dabei." Ich weiß, dass es ungewohnt für ihn sein muss, aber so lebe ich nun einmal. Daran lässt sich auch nichts ändern.

„Ist dafür jemand gestorben..?" Ohne mich aus den Augen zu lassen, geht er langsam zu der Tasche hinüber und zieht sie mit sich ans Bett heran. „Nein, wir töten keine Menschen mehr. Unsere Gruppe holt das Blut von Personen die es verdient haben. Mörder, Vergewaltiger. Und ohne das menschliche Blut können wir nun einmal nicht leben."

„Sind alle Vampire so wie du?" Skeptisch öffnet er zögerlich meine Tasche, bevor er schließlich hineingreift. Er sollte lieber aufpassen, sonst beißt sie ihn noch. „Leider nicht. Viele haben noch dieses altmodische Denken. Die ranghöchsten haben das Sagen, weil sie angeblich die stärksten sind. Mein Rang ist ziemlich niedrig, weil ich kein gebürtiger Vampir bin, aber meiner Gruppe ist das egal. Dank Chan haben wir eine völlig neue Denkweise gelernt."„Du bist kein gebürtiger Vampir? Was heißt das?"

„Ich war ein Mensch, genauso wie du. Also fast genauso. Wir haben nicht die gleiche Blutart. Ich war so ziemlich normal. Dein Blut hat gewisse Eigenschaften, die ich dir später noch erklären kann." Es wäre schön, wenn er mir endlich mein Blut geben würde. Ich merke schon, wie mein Körper langsam auf den Mangel reagiert. Aber ich darf ihn nicht hetzen, sonst gibt er mir sein Vertrauen nie.

„Warum wolltest du einer von ihnen werden, wenn du doch so normal warst?" Fragt er neugierig weiter nach, woraufhin ich für einen Moment schweige. Ich habe noch nie jemanden davon erzählt. „Ob ich das wollte stand bei mir nicht zur Frage. Ich bin 1922 mit einer schweren Krankheit zur Welt gekommen. Zu der Zeit gab es ärztlich nicht viele Möglichkeiten. Und wäre Chan nicht da gewesen, wäre ich im Alter von 14 Jahren gestorben. Ich musste alles was ich liebe aufgeben, um mit seiner Hilfe weiterleben zu können. Ich wollte einfach nicht sterben und ja, ich weiß. Es war egoistisch von mir."

„Also war das mit deiner Krankheit nicht gelogen?" Leise murmelnd lässt er sich neben mir auf das Bett nieder, wobei ich kurz den Kopf schüttle. „Nein und ich rede auch nicht gerne über meine Vergangenheit. Es war keine leichte Zeit für mich. Die Erinnerungen tun so unbeschreiblich weh..." erwidere ich mit stockender Stimme und versuche die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.

„Darum hast du im Café geweint. Habe ich recht?" Zögerlich rutscht er auf der Bettkante näher an mich heran, wobei er mir direkt in die Augen sieht. Er scheint zu überlegen. „Ja.." Etwas verunsichert von diesem Augenkontakt wende ich meinen Blick von ihm ab und versuche vergebens den Knoten in meinem Hals hinunterzuschlucken.

„Ich würde dir gerne vertrauen, aber ich kann nicht. Es tut mir leid." Mit einem Mal erhebt er sich neben mir vom Bett, weshalb ich kurz verunsichert zu ihm hinübersehe.

Fortsetzung folgt...

***
Ob das Vertrauen wohl noch einmal wiederkommt?

Protector // Hyunin {Bloodline Trilogie}Where stories live. Discover now