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Friedhof
Jahr 2018, Februar - Korea

„Na gut.." Etwas verunsichert öffne ich langsam die kleine Falsche und will sie ihm gerade an die Lippen halten, als er sich auf einmal von seinen Fessel losreißt und nach meinem Handgelenk greift.

Jeongin PoV:

„Lass mich los!" Panische versuche ich meinen Arm aus seinem Griff zu befreien und schlage dabei unbeholfen um mich. Als er mir jedoch entgegen meiner Erwartung nur die Flasche aus der Hand reißt, sehe ich ihn fassungslos an. Dieser Idiot. Er hat mir gerade fast einen Herzinfarkt verpasst und trinkt jetzt in aller Ruhe sein Blut.

„Spinnst du?" Entsetzt erhebe ich mich schnell von meinem Platz und greife nach dem Messer, welches Hyunjin mir zuvor gegeben hat. Ich weiß nicht, ob er wirklich die Wahrheit sagt, aber es ist immer noch besser als nichts. „Hallo, ich rede mit dir."

„Und ich bin am trinken. Dir ist ganz offensichtlich nicht bewusst wie knapp das gerade war. Ich hätte dich gegen meinen Willen umbringen können." Er löst kurz seine Lippen von der Glasflasche und sieht zu mir hinüber, bevor er das Blut weiter seinen Hals hinunter laufen lässt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das schmeckt.

„Du wusstest von Anfang an, dass dich die Fesseln nicht halten können. Habe ich recht? Wieso hast du dich dann nicht sofort losgerissen, als du gehen wolltest?" Frage ich erwartungsvoll nach, während er sich allmählich in meinem Bett aufrichtet. Wenn er auch nur eine falsche Bewegung macht steche ich zu.

„Da es dir eine gewisse Sicherheit gegeben hat, wollte ich dir diese nicht nehmen. Ich tue dir schließlich nichts, vorausgesetzt ich habe genug Blut getrunken." Wenig später leckt er auch den letzten Tropfen Blut aus dem Flaschenhals, bevor er seine Hand langsam sinken lässt. „Du lügst doch von vorne bis hinten."

„Ich habe nicht gelogen. Hättest du mich gefragt, ob die Fesseln mich halten können, hätte ich dir eine ehrliche Antwort gegeben." Ich glaube ihm nicht, kein Wort. Dafür hat er mich einfach zu oft belogen. Dieser Idiot. „Jetzt verschwinde. Ich will dich nicht mehr sehen."

„Meinetwegen, aber ich komme wieder. Ich werde dich solange im Auge behalten, bis du mir irgendwann vertraust. Wenn etwas ist, brauchst du nur nach mir zu rufen." Während ich mein Messer drohend auf ihn richte, erhebt er sich langsam von meinem Bett und geht zu meinem Fenster hinüber. „Ich kann dich ja sowieso nicht davon abhalten. Aber ich kann dir garantieren, dass ich meine Meinung nicht ändern werde."

„Das wird sich noch zeigen." Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen klettert er langsam auf die Fensterbank und sieht mir noch ein letztes Mal direkt in die Augen. „Und wehe du kommst mir zu nahe. Ich werde meine Kette tragen und auch das Messer behalte ich. Es ist besser als gar nichts gegen dich in der Hand zu halten."

„An dem Tag, an dem du mit mir reden wolltest und ich nicht da sein konnte, wolltest du wissen, was das zwischen uns ist. Der Kuss war keine Lüge. Und ich bin abgehauen, weil ich mich schlecht deswegen gefühlt habe. Du wusstest nicht wer ich bin. Ich wollte dich nicht verletzen, aber es ist passiert weil ich zu feige war dir die Wahrheit zu erzählen. Ich hatte Angst das zwischen uns kaputt zu machen. Dieses handeln war egoistisch von mir. Es tut mir leid."

Ohne mir auch nur die Chance zu geben ihm antworten zu können, lässt er sich mit einem Mal nach hinten fallen, weshalb ich erschrocken einen Schritt auf das Fenster zugehe. Er ist weg. Einfach verschwunden. Unten auf der Straße fehlt jede Spur von ihm.

Hyunjin PoV:

Mit Tränen in den Augen komme ich etwas später vor dem alten Friedhof im Wald zum stehen und betrete diesen zögerlich. Es ist eine ganze Weile her, dass ich das letzte mal hier gewesen bin. Man sieht, dass die Zeit hier ihre Spuren hinterlassen hat. Die meisten Gräber sind in sich zusammengefallen, ganz einfach vergessen worden.

„Eomma, Appa ich bin's." Bedrückt lasse ich mich vor einem der Gräber auf die Knie fallen, bevor ich meine Tränen nun gar nicht mehr zurückhalten kann. Es tut so sehr weh. Egal was ich mache, es ist immer falsch. Erst enttäusche ich meine Eltern, dann kann ich Felix nicht beschützen und nun habe ich auch noch Jeongin verloren.

„Es tut mir so leid." Leise schluchzend kralle ich mich fest an das Moos vor ihrem Grab, wobei die Verzweiflung in mir immer weiter aufsteigt. Ich habe es lange nicht mehr so sehr bereut Chan's Angebot damals angenommen zu haben. Er hätte sich eines der anderen Kinder aussuchen sollen, eines das nicht so unfähig ist wie ich.

„Seungmin hat mir gesagt, dass ich dich hier finden kann." Erschrocken wische ich mir schnell die Tränen aus den Augen, als ich auf einmal Chan's Hand auf meinem Rücken spüren kann. „Du hast mich beschatten lassen." Leise murmelnd wende ich meinen Kopf von ihm ab, während er sich langsam neben mir auf den Boden niederlässt.

„Ich könnte dir jetzt eine Standpauke halten, aber dafür bin ich nicht hergekommen." Erwidert er mit ruhiger Stimme, wobei ich schweigend auf das Grab vor mir sehe. „Du kommst immer hierher wenn es dir schlecht geht. Ich weiß wie es ist seine Eltern zu vermissen. Meine sind damals, als ich noch ein kleines Kind war, direkt vor meinen Augen ermordet worden."

„Warum erzählst du mir das..?" Frage ich unsicher nach, während er eine kleine Blume auf das Grab vor sich niederlegt. „Ich habe mich so oft gefragt, warum ich der einzige bin der überlebt hat. Warum bin ich verschont worden? Wieso hatte ich dieses Glück und sie nicht?"

„Aber du hast es geschafft. Du hast unsere Gruppe aufgebaut. Dein Leben hat wenigstens einen Sinn." Und ich? Ich bekomme rein gar nichts auf die Reihe. Ich soll jemanden beschützen und tue ihm dabei einfach nur weh. „Ich hab auch nicht immer alles auf Anhieb hinbekommen. Ganz im Gegenteil. Weißt du wie oft ich daran gescheitert bin einen Menschen zu verwandeln. Vor dir mussten vier ihr Leben lassen. Ich habe mich so schlecht deswegen gefühlt, aber ich habe nicht aufgegeben."

„Das lässt sich nicht vergleichen." „Was ich dir damit sagen möchte, gib nicht so schnell auf. Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem du dein Ziel erreichst. Vielleicht wird es nicht dieser Junge sein, aber du hast noch so viel vor dir. Du hast ein gutes Herz, Hyunjin. Das haben nicht viele Vampire. Und ich glaube fest daran, dass du ihn zurückgewinnen kannst. Würde er dich wirklich hassen, hätte er deinem Leben längst ein Ende gesetzt, als du ihm die Möglichkeit dazu gegeben hast. Wenn du jetzt aufgibst, wirst du das irgendwann am allermeisten bereuen."

„Und deine Entscheidung von damals hat dir überhaupt die Möglichkeit gegeben ihn kennenzulernen. Jedes Licht hat seine Schatten, du musst nur darauf aufpassen dich nicht in ihnen zu verlieren."

Fortsetzung folgt...

***
Dann hoffen wir doch mal, dass Chan recht hat

Protector // Hyunin {Bloodline Trilogie}Where stories live. Discover now