26. Kapitel

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Next station: Piccadilly Circus. Please mind the gap between train and platform.

Die Tube war mal wieder überfüllt, sodass ich keinen einzigen freien Platz entdecken konnte. An einer Stange gelehnt, schloss ich wieder die Augen, um mir die Szene erneut durch den Kopf gehen zu lassen. Nach gefühlten hundert mal, fing ich an alles mögliche zu analysieren.

Jeden einzelnen Moment. Jede einzelne Sekunde, die ich mit Dean verbracht hatte. 

War ich wirklich so blöd gewesen? Ich hatte einfach nicht nach gedacht...


"Du verdienst jemand besseren als diesen Wichser." 

Die Stimmung kippte schnell von Vertrautheit zu angestauter Wut.

"Ach ja?", fragte ich angespannt. "Jemanden wie dich?", sprudelte es unüberlegt aus mir heraus.

Dean schluckte schwer, Schweigen erfüllte den Raum und nahm mir die Luft zum atmen. Was hatte ich da gerade nur gesagt?

Er schaute wie ein verletztes Hundewelpen auf den Boden. Ich hatte ihn da getroffen wo es wirklich weh tat.

"Es tut mir leid", flüsterte ich, "Das war nicht fair von mir."

Dean schüttelte entschlossen, den Blick immer noch nach unten gewandt, den Kopf: "Nein das war es nicht, Quinn." In seiner Stimme erkannte ich Traurigkeit und Verzweiflung.

"Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich hab einfach nicht nach gedacht. Natürlich meintest du nicht dich", murmelte ich. 

Seine Augen schlossen sich und er seufzte schwer: "Nein Quinn, du hattest Recht." Als ob Dean Mut sammeln müsste hob er langsam den Kopf, bis er mir endlich in die Augen schaute: "Ich meinte mich."


Immer und immer wieder ging ich das Gespräch durch. Ich hatte es einfach nicht gesehen. Ich hatte die Anzeichen ignoriert.

Aber wie konnte das sein? Wie konnte man Gefühle für einen Menschen empfinden, den man erst seit einer Woche kannte? Das war doch unmöglich...

Seit ich den Computerraum verlassen hatte, steckte mir ein Kloß im Hals, der drohte immer größer zu werden. Mein Magen fühlte sich tonnenschwer an. Das beklemmende Gefühl wurde immer erdrückender und ich empfand... Schuldgefühle.

Schuldgefühle dafür, dass ich einfach gegangen war. Schuldgefühle dafür, dass ich den völlig aufgelösten Dean ohne ein einziges Wort verlassen hatte. Ich hatte sogar Schuldgefühle Alec gegenüber.

Mein erster Gedanke, nachdem er mir seine Gefühle stand, galten Alec. Ausgerechnet ihm. Derjenige mit dem ich nur eine lockere Affäre hatte. Nichts Festes. Nichts was großartig von Bedeutung war.

Und dennoch wurde ich das Gefühl nicht los ihm damit eins rein gewürgt zu haben. Obwohl nicht ich diejenige war, die gerade einem guten Freund gestanden hatte, dass ich in ihn verknallt war.

Warum? 

Das war die Frage die mich so sehr quälte.

Warum ausgerechnet Alec?

Ich schlug die Augen wieder auf, als wir an meiner Endstation ankamen. Ich bahnte mir einen Weg durch die gestressten Menschen in Anzügen und Familien mit Kinderwagen, aus dem Bahnhofsgebäude heraus. 

Draußen angekommen hatte ich das Gefühl das erste mal wieder richtig atmen zu können, seit ich mit Dean gesprochen hatte.

Schnellen Schrittes bog ich in die Brixton Road ein. Ich wollte einfach nur noch nach Hause und schlafen. Ich wollte nur für ein paar Stunden alles vergessen. Alle Probleme und Fragen die mich beschäftigten.

Apartment 108 - never trust a badboyWhere stories live. Discover now