47. Kapitel

28.4K 1.1K 259
                                    

Sobald sich die U-Bahn in Bewegung setzte, spürte ich wie eine Last von mir abfiel. Jeder Meter der von der Innenstadt und somit von Dean weg führte, fühlte sich einfach nur noch erleichternd an. 

Mein Körper entspannte sich. Meine Hände entkrampften sich und ich atmete tief durch.

Das war gut. Das war richtig, versuchte ich mir immer wieder selbst einzureden. Der erste Schritt in ein Drama freies Leben. 

Dean zu sagen, was ich wirklich von ihm hielt, war schmerzhaft. Und obwohl es sadistisch klang, ich war so froh dieses Gespräch endlich hinter mir zu haben.

Für mich hatte ich einen ganz klaren Schlussstrich unter dieses Kapitel gesetzt. Aus schwarzem Edding. Nicht mehr zu entfernen. Nie wieder. 

Hoffentlich galt für Dean das Selbe.

"Ist alles in Ordnung bei Ihnen?"

Ich schreckte auf, als mich die ältere Dame, die mir gegenüber saß, ansprach. 

"Was? Ähm... ja ja. Alles okay", sagte ich wenig überzeugend. Die Frau war nicht besonders zufrieden mit meiner Antwort: "Sind Sie sicher? Sie sehen so bedrückt aus, Liebes."

Ihr freundliches Gesicht und ihre zierliche Gestalt erinnerten mich irgendwie an Mrs. Adler. Vielleicht kümmerte es mich deswegen nicht, was sie von mir dachte und antwortete: "Es... ist kompliziert."

"Ein Junge?", fragte sie vorsichtig nach und als ich nur sachte nickte, schloss sie die Augen. "Ach ja mein Kind, die Männerwelt ist nicht immer leicht zu verstehen."

"Das können Sie laut sagen", sagte ich und irgendwie hatte sie es geschafft, dass ich das erste mal heute von ganzem Herzen lächelte.

Ihr Gesicht erhellte sich noch weiter, als sie mich beobachtete. "Aber darf ich dir mal etwas anvertrauen? Ich darf doch du sagen, oder?"

Als ich nickte, hob sie ihren Zeigefinger, machte eine Geste, dass ich näher kommen soll, wie als würde sie mir ein Geheimnis anvertrauen. Ich beugte mich leicht zu ihr hinüber und auch sie kam mir ein paar Zentimeter entgegen. 

Flüsternd sprach sie endlich weiter: "Stell dir die Männer wie ein riesiges Tortenbuffet vor. Du hast die freie Wahl. Du kannst dir die leckersten Stücke aussuchen. Also hab ein bisschen Selbstvertrauen und hau rein."

Riet mir die alte Dame gerade mich durch die Gegend zu vögeln?!

Als ich wieder in meine normale Position ging und sie empört ansah, prustete sie los. "Ich bitte dich mein Kind. Was hast du erwartet? Ich weiß doch, wie die Jugend von heute ist und ich war auch mal jung. Meine Freundinnen würden dir jetzt wahrscheinlich etwas sagen wie "Die große Liebe wartet nur auf dich" oder "Wenn der Junge dich wirklich geliebt hat, dann wird er um dich kämpfen". Wenn du genau so etwas hören willst, dann sitzt dir die falsche Person gegenüber."

In diesem Moment konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich sie cool fanden sollte, oder vollkommen irre.

Als sie meinen Gesichtsausdruck sah lächelte sie wieder warm: "Bitte versteh mir nicht falsch. Du bist jung und diese Zeit sollte man auskosten. Meine Freundinnen haben sicher auch irgendwo Recht. Aber ich formuliere es einfach nur gern etwas anders. Wenn der Junge dich wirklich geliebt hat, dann schwöre ich dir bei dem Leben meines dritten Hundes, er wird seinen Arsch hoch bekommen und dir zeigen, was Liebe ist."

Als sie bei den letzten Worten anfing verschmitzt zu grinsen, fiel meine Entscheidung. Sie ist absolut cool. 

Denn irgendwo hatte sie ja Recht.

Ich lachte los und steckte sie damit nur noch an. Als wir uns wieder beruhigt hatten, schenkte ich ihr ein ehrliches Lächeln: "Danke Ihnen. Wirklich. Ich glaub diese Worte hab ich echt gebraucht. Meine Freunde sind alle super einfühlsam und ich bin ihnen auch unglaublich dankbar, aber ich brauchte einfach..."

Apartment 108 - never trust a badboyWhere stories live. Discover now