Kapitel 1

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"Welche Ausrede willst du uns dieses Mal auftischen?"

"Ich bin im dunkeln gegen einen Tisch gelaufen."

"Ach Roxy."

Auch wenn meine Augen starr auf das orange Tablett vor mir gerichtet waren, konnte ich die skeptischen und ungläubigen Blicke meiner besten Freundinnen förmlich spüren. Ich wusste, dass sie mir schon lange nicht mehr glaubten und ich wusste auch, dass ihnen klar war, wieso ich regelmäßig mit blauen Flecken zur Schule kam. "Roxy, so kann es nicht weiter gehen und das weißt du genau. Was sagt deine Familie dazu? Ich kann mir kaum vorstellen, dass deine Brüder damit einverstanden sind." Ich sah zu meiner Freundin. "Sie wissen es nicht." Tia riss ihre Augen auf. "Du willst mir nicht ernsthaft sagen, dass sie davon..." Sie fuchtelte wie wild über meinem Arm herum. "...nichts wissen." Hektisch blickte ich mich um. Meine Brüder saßen nur wenige Tische weiter und Tia hatte nicht gerade leise gesprochen. Zu meinem Glück waren die Zwillinge in das Gespräch mit ihren Freunden vertieft und hatten  nichts mitbekommen. "Die paar blauen Flecken die jemand aus meiner Familie gesehen hat, konnte ich mit meiner Tollpatschigkeit erklären." Teilnahmslos zuckte ich die Schultern und stocherte weiter in den Resten meines Salats herum. Für mich war das Thema damit erledigt, für meine Freundinnen allerdings noch lange nicht.

"Wieso machst du nicht mit Sam Schluss? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er komplett ausrastet." Tia sah mich eindringlich an und Elly nickte zustimmend. "Eben. Und du kannst nicht bestreiten dass er auf dieser einen Party mit Becca gevögelt hat." "Ihr versteht das nicht." Ich stand auf und brachte mein Tablett weg, dicht gefolgt von meinen beiden Freundinnen. "Dann erklär es uns! Wir sind doch nicht umsonst deine besten Freundinnen." Kopfschüttelnd entfernte ich mich von den beiden. "Sorry, ich muss zum Unterricht. Wir sehen uns." Schnellen Schrittes verließ ich die Cafeteria und machte mich auf den Weg zu meinem Klassenzimmer im zweiten Stock.

Ich verstand selbst nicht, warum ich mit den beiden nicht darüber redete. Über die letztend Monate hatten sie sich alles schon selbst zusammengereimt. Aber wenn ich ihnen die Wahrheit sagen würde, und ihnen nicht nur immer eine Ausrede erzählen würde, dann hätte das ganze etwas entgültiges und ich würde zugeben wie scheiße es mir ging. So war ich nicht. Ich würde niemals jemandem freiwillig erzählen, wie schlecht es manchmal um mich stand. Meine Eltern hatten mich zu einer starken und selbstbewussten jungen Frau erzogen. Auch wenn ich eigentlich genau das Gegenteil davon war, wollte ich zumindest den Schein aufrecht erhalten.

Ich war etwas zu früh bei meinem Kurs angelangt und nur ein paar wenige Schüler befanden sich bereits im Klassenzimmer. Langsam bahnte ich mir den Weg durch die Reihen und setzte mich schließlich auf meinen Platz relativ weit hinten. Minuten vergingen und ich hing meinen Gedanken hinterher. Wie war es nur soweit gekommen? Wie konnte sich ein Mensch nur so sehr verändern?

Der Raum füllte sich langsam aber sicher, nur ein paar  Plätze blieben frei. Ich glaube bis jetzt war dieser Kurs nur ein einziges mal vollständig. Immer mal wieder fehlten Schüler, allen voran die beiden Tratschtanten die es sich gerade hinter mir bequem machten. Ausnahmsweise mal anwesend.

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Den Blick starr auf den Boden gerichtet und mit den Kopfhörern in den Ohren saß ich auf einer Bank vor der Schule und wartete auf den nächsten Bus. Sowohl meine Brüder, als auch Elly hatten heute früher Schluss und von Sam und Tia fehlte nach der letzten Stunde jede Spur, was mir, zumindest teilweise, ganz recht war. Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich Sam heute gar nicht gesehen. Nach seinem letzten Ausraster am Samstag hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Er hatte mit dem Basketballteam ein Spiel gewonnen und seiner Meinung nach bin ich zu spät zu seiner Party gekommen die er extra deswegen ausgerichtet hatte. Zudem war er schon etwas angetrunken. Eins führte zum anderen und ein weiterer kleiner Bluterguss zierte meinen Körper.

Ich schreckte auf, als sich eine Hand auf meine Schulter legte. Ich sah auf und blickte in das Gesicht von Tia. "Du weißt, dass es so nicht weiter gehen kann." "Mach dir keine Gedanken, mir gehts gut." Auf ihrem sonst makellosen Gesicht macht sich eine Sorgenfalte breit. "Dir geht es nicht gut. Das sieht man dir an." Ich wollte ihr nicht in die Augen sehen. Mein Blick wanderte die Straße entlang und ich erkannte meinen Bus, der gerade um die Ecke bog. Ich erhob mich und Tia tat es mir gleich bevor sie mich in eine feste Umarmung zog. "Ruf an, wenn etwas ist." Ich nickte, gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange und stieg in den Bus, der gerade vor uns zum stehen gekommen war.

Es dauerte nicht lange bis der Bus anhielt und ich ausstieg. Die Haltestelle war nicht weit von unserem Apartment entfernt, höchstens fünf Minuten zu Fuß. Kaum hatte ich die alten Treppen aus Holz hinter mir gelassen und die schwere Tür zum Apartment aufgesperrt schlug mir das laute Gebrüll der Zwillinge entgegen. Ich ging ins Wohnzimmer und erkannte wie sie auf der Couch saßen und Fifa spielten. Auf einem der Sessel hatte Sam es sich bequem gemacht und musterte mich. "Hi, Schatz." Ein ekelhaftes Grinsen lag auf seinen Lippen. "Hey." Sein Blick wanderte wieder zum Bildschirm und ich machte mich aus dem Staub. Leise schlich ich die Treppe nach oben in mein Zimmer und setzte mich auf mein Bett. Meine Brüder und Sam waren nicht nur zusammen im Basketballteam sondern waren auch wirklich gut miteinander befreundet. Durch die beiden hatte ich ihn überhaupt erst kennengelernt. Für die Zwillinge war Sam ein netter Junge der mich gut behandelte. Sie hatten keine Ahnung wie er wirklich war.

Wieso ich nicht mit ihm Schluss machte? Ich hatte Angst vor ihm.

Wieso ich es meinen Brüdern nicht sagte? Sie würden es nicht glauben.

Sam war ein Vorzeigeschüler. Beliebt, im Schülerkomitee und Basketballteam, sein Vater war ein angesehener Politiker in New York. Und selbst wenn meine Brüder mir glauben würden, Sam würde mich dafür umbringen.

Seufzend packte ich meine Schulbücher aus und setzte mich an die Hausaufgaben. Auch wenn ich gerade wirklich hunger hatte, würde ich jetzt mit Sicherheit nicht wieder nach unten gehen. Nach und nach vertiefte ich mich in die Geschichtstexte und bemerkte erst, als mich jemand an den Schultern packte, dass ich nicht mehr alleine in meinem Zimmer war. Ich wurde samt meinem Bürostuhl umgedreht und sah Sam vor mir stehen. "Du hast mich ja vorhin gar nicht richtig begrüßt." Er zog mich auf die Beine und drückte seine Lippen grob auf meine. Es lag keinerlei Gefühl in dem Kuss. Es war unangenehm und ich wollte nur hier weg. Sam schob mich durch mein Zimmer und drückte mich an die nächstbeste Wand. "Wie wäre es, wenn wir jetzt etwas Spaß haben?" Ich wehrte mich als er unter meinen Pulli griff.

Ich wollte es nicht, aber meinen Freund interessierte es einen Dreck.





Hey hey :D

Irgendwie hatte ich Lust auf einen neue Geschichte :) Ich hoffe ihr gebt ihr eine Chance und macht sie vielleicht genauso groß wie meine anderen Storys :)

Lasst mir eure Meinungen da und schreibt vielleicht einen Kommentar was ihr von der Geschichte erwartet :)

Ich hoffe es wird euch gefallen :D

Love you

Rafael // ✔️Where stories live. Discover now